„Unsere Strategie als internationale Netzwerkuniversität geht auf“
Fast zwei Millionen Euro Fördergeld konnte die Freie Universität für das Erasmus-Programm im außereuropäischen Raum einwerben. Ein Interview mit Herbert Grieshop und Stefanie Ritter
05.08.2025
Im Juni fand die International Staff Training Week an der Freien Universität Berlin statt: zum 13. Mal...
Bildquelle: Bernd Wannenmacher
Das Geld fließt zum Großteil direkt in Stipendien – und ermöglicht Studierenden und Beschäftigten Aufenthalte an 80 Partnerhochschulen in 39 Ländern. Ein Interview mit Stefanie Ritter, Koordinatorin des Erasmus+ weltweit-Programms in der Abteilung Internationales, und Herbert Grieshop, Leiter der Abteilung Internationales.
Frau Ritter, Herr Grieshop, was bedeutet die neue Förderung für die Freie Universität?
Herbert Grieshop: Es ist ein großartiger Erfolg und eine Auszeichnung für unsere Universität. Eine Förderung in dieser Höhe hat in diesem Programm unseres Wissens nach bislang noch keine weitere Hochschule einwerben können. Das zeigt, dass unsere Strategie als internationale Netzwerkuniversität funktioniert und wir mit unserer Erfahrung und Expertise punkten können.
... diesmal mit 175 Gästen aus 53 Ländern. Vorn: Dr. Herbert Grieshop, Leiter der Abteilung Internationales der Freien Universität Berlin.
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Insgesamt haben wir in diesem Jahr rund 5,5 Millionen Euro an Fördergeldern allein für die Erasmus-Mobilitätsprogramme einwerben können. Unser internationales Netzwerk werden wir so noch weiter ausbauen können. Im außereuropäischen Raum sprechen wir hier inzwischen von 80 Partnerhochschulen in über 40 Ländern und 10 Regionen.
Stefanie Ritter: Etwa 90 Prozent der neu eingeworbenen Mittel fließen direkt in Stipendien für Auslandsaufenthalte. Studierenden der Freien Universität stehen Möglichkeiten für Studien- oder Praktikumsaufenthalte in nahezu sämtlichen Regionen der Welt offen. Wobei man allerdings sagen muss, dass gerade bei Ländern des Globalen Südens die Mehrheit der Mittel für Incomings, also für Gäste aus diesen Ländern gedacht sind.
Stefanie Ritter koordiniert unter anderem das Programm "Erasmus+ weltweit" und die "Staff Mobility".
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Darüber hinaus steht das Erasmusprogramm auch Beschäftigten der Universität offen, sowohl aus der Lehre als auch der Verwaltung. Beispielsweise gibt es die Möglichkeit, an einem einwöchigen Job-Shadowing teilzunehmen.
Wir können mit dem Geld jedoch nicht nur unsere eigenen Studierenden und Beschäftigten fördern, sondern auch diejenigen unserer weltweiten Partnerinstitutionen. Oft genug sind solche Erasmus-Austausche der Startschuss für neue gemeinsame Projekte. Erasmus ist ein Katalysator für globale Zusammenarbeit.
Wie ist es Ihnen gelungen, Fördergelder in dieser Höhe einzuwerben?
Grieshop: Da kommen verschiedene Dinge zusammen. Wir haben jahrzehntelange Erfahrung als internationale Netzwerkuniversität und haben Vertrauen in unsere Fähigkeiten. Dann steckt da natürlich auch harte Arbeit drin. Diverse Kolleginnen und Kollegen haben haben Anfang des Jahres die Anträge geschrieben. In diesen Anträgen kommt für die verschiedenen Weltregionen unsere eigene Expertise, die Expertise verschiedener Fachbereiche und die Erfahrungen unserer Verbindungsbüros zum Tragen.
Und ganz wichtig: An der Freien Universität kocht nicht jeder Fachbereich sein eigenes Süppchen. Was uns auszeichnet, ist eine starke Koordination. Wir tauschen uns permanent über verschiedene Best Practices aus und optimieren unsere Anträge. Das zahlt sich am Ende aus.
Ritter: Hinzu kommt, dass Internationalität an der Freien Universität nicht auf die Abteilung Internationales beschränkt bleibt. Es wird deutlich, dass die Strategie einer internationalen Netzwerkuniversität auf allen Ebenen – in den Instituten, von Professor*innen – vorangetrieben wird, und dass da dann auch Personal dahintersteht.
Nun plant der Berliner Senat radikale Sparmaßnahmen an Universitäten. Könnte dies auch die internationalen Programme der Freien Universität bedrohen?
Grieshop: Wir sind in einer anderen Situation als viele andere Abteilungen, da die Finanzierung bei uns nur zu einem gewissen Teil aus Haushaltsmitteln des Landes stammt. Der weitaus größte Teil stammt aus Drittmitteln, wie die jüngste Erasmus-Förderung. Hier sind wir in der komfortablen Situation, dass wir finanziell sehr gut aufgestellt sind.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass wir immun gegen sämtliche Haushaltskürzungen wären. Drittmittelförderungen sind mit hohem bürokratischem Aufwand und diversen Auflagen verbunden.
Ritter: Genau. Es geht nicht auf, wenn wir immer mehr Geld einwerben und dieses Geld dann mit immer weniger Personal verwalten müssen.
Wie hat sich das internationale Netzwerk der Freien Universität in den vergangenen Jahren weiterentwickelt?
Grieshop: Wir haben insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent aufgeholt. Die Freie Universität ist im nordafrikanischen Raum schon viele Jahre sehr stark vertreten, was unter anderem durch ein eigenes Büro in Kairo unterstrichen wird. Im Subsahara-Raum waren wir bisher jedoch unterrepräsentiert. Wir haben uns daher bewusst vorgenommen, dies zu ändern.
Ritter: Es gab immer wieder Professor*innen, die Kooperationen oder Projekte initiiert haben, aber universitätsweite Partnerschaften hatten wir kaum. Lange Zeit gab es nur eine Erasmus-Kooperation südlich der Sahara, nämlich zwischen unserem Fachbereich Veterinärmedizin und der University of Namibia in Windhoek. Inzwischen haben wir jedoch Partnerschaften in diversen Ländern aufgebaut, etwa in Ghana, Benin, Gabun, Südafrika, Botswana, Kenia und Tansania.
Gibt es auch Partnerländer, die dieses Jahr erstmals mit dabei sein werden?
Ritter: Ja, wir haben neue Partneruniversitäten etwa in Marokko und im Kosovo. Wir sind sehr gespannt, wie sich das entwickeln wird. Oft entstehen aus ersten Erasmus-Kontakten – wie bereits gesagt – am Ende größere und umfassendere Partnerschaften. Die neue Förderung ist für uns auch ein Mittel, solche Partnerschaften auszuloten.
Wann kann man sich für eine Teilnahme an dem Programm bewerben?
Ritter: Entsprechende Ausschreibungen werden im Herbst veröffentlicht. Für Interessierte – besonders für Beschäftige der Universität – stehen die Chancen auf eine Annahme im Programm in der Regel sehr gut, und wir freuen uns auf Bewerbungen! Die Plätze für Studierende werden im Rahmen unseres großen Direktaustauschprogramms ausgeschrieben und vergeben.
Die Fragen stellte Dennis Yücel