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Glanz im Verborgenen

Interview mit Schülerlaborleiterin Petra Skiebe-Corrette und Dozent Alexander von Lieven über die neuen digitalen Angebote und den Umzug des Mitmach- und Experimentierlabors NatLab

17.06.2020

Eröffnung verschoben: Die frisch renovierten Räume des Mitmach- und Experimentierlabors NatLab bleiben aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus vorerst noch leer.

Eröffnung verschoben: Die frisch renovierten Räume des Mitmach- und Experimentierlabors NatLab bleiben aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus vorerst noch leer.
Bildquelle: Marion Kuka

Die große Eröffnung der neuen NatLab-Räume muss noch warten: Im Erdgeschoss des Chemie-Hochhauses in der Fabeckstraße 34/36 wurden 500 Quadratmeter renoviert, um Platz für moderne Labore, Seminarräume und Büros zu schaffen. Die Räume, in denen Schülerinnen und Schüler von der 4. bis 13. Klasse mit Versuchsaufbauten experimentieren sollen, die ihnen in der Schule normalerweise nicht zur Verfügung stehen, bleiben aktuell aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus leer.

Denn auch für das NatLab, das Mitmach- und Experimentierlabor für Schülerinnen und Schüler am Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie, gilt, was derzeit für die gesamte Freie Universität gilt: Die Lehre findet weitgehend digital statt. Und so wurde innerhalb kurzer Zeit eine Online-Variante des Kurses über Evolutionsbiologie für Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse entwickelt. Campus.leben sprach mit Petra Skiebe-Corrette, Professorin am Institut für Biologie der Freien Universität und Leiterin des NatLab, und dem promovierten Biologen Alexander Fürst von Lieven, Dozent für den Studiengang Biologie auf Lehramt, über Neues und Altbewährtes des Mitmachlabors.

Prof. Dr. Petra Skiebe-Corrette leitet das Mitmach- und Experimentierlabor NatLab.

Prof. Dr. Petra Skiebe-Corrette leitet das Mitmach- und Experimentierlabor NatLab.
Bildquelle: Marion Kuka

Frau Professorin Skiebe-Corrette, welche Aufgaben hat das NatLab?

Zu unseren wichtigsten Aufgaben gehört die praxisorientierte fachwissenschaftliche Lehrerbildung. Lehramtsstudierende der Biologie und Chemie erwerben hier Fachwissen, indem sie selbst Wissen an Schülerinnen und Schüler weitergeben. Damit haben sie neben dem Praxissemester eine weitere Gelegenheit, während ihrer Ausbildung mit Schülerinnen und Schülern zusammenzuarbeiten.

Auch Lehrfortbildungen finden bei uns statt. Außerdem wollen wir mit unseren Kursen junge Menschen für die Naturwissenschaften begeistern oder Interesse fördern. Dafür sind die Voraussetzungen im NatLab exzellent – dank guter Ausrüstung, motivierter Mitstreiterinnen und Mitstreiter sowie der Nachbarschaft zur Spitzenforschung. Das NatLab ist so ein Fenster in die Universität, und wer während des Kurses auf den Geschmack gekommen ist, kann sich nach dem Schulabschluss natürlich gern für einen Studienplatz an der Freien Universität bewerben.

Eine weitere Aufgabe ist die Öffentlichkeitsarbeit für den Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität. Bei übergreifenden Veranstaltungen wie der Langen Nacht der Wissenschaften, dem Girls’ Day und der Sommeruni sind wir regelmäßig dabei.

Der Biologiedozent Alexander von Lieven entwickelte gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Grünstäudl einen virtuellen Kurstag im NatLab.

Der Biologiedozent Alexander von Lieven entwickelte gemeinsam mit seinem Kollegen Michael Grünstäudl einen virtuellen Kurstag im NatLab.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wie kann das NatLab seine Aufgaben wahrnehmen, wenn die Schülerinnen und Schüler nicht ins Labor kommen können – wie dies aktuell aufgrund der Corona-Pandemie der Fall ist?

Alexander von Lieven: Mein Kollege Michael Grünstäudl und ich haben einen virtuellen Kurstag im NatLab entwickelt. Er beginnt mit einer Begrüßung und Einweisung durch die Lehrveranstalter und die Studierenden in einem Online-Raum. Es folgt die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler auf vier verschiedene virtuelle Räume, wo sie, angeleitet durch die Lehramtsstudierenden, mit digitalen Medien „experimentieren“ und diskutieren können.

Bei einem der Versuche arbeiten die Schülerinnen und Schüler zum Beispiel mit Gartenkresse, die sie vor der Veranstaltung angezüchtet haben. Gegen Ende werden im gemeinsamen Meeting die Ergebnisse besprochen. Zu Anfang waren wir unsicher, ob das Format auch online funktionieren würde. Aber die Lehrkraft der ersten digital empfangenen Klasse schlug sogar vor, den virtuellen Laborbesuch für weiter entfernte Schulen auch über die Pandemie hinaus anzubieten.

Petra Skiebe-Corrette: Auch die Seminarreihe NATürlich wird digital fortgesetzt. Die teilnehmenden Schülerinnen hören Vorträge, experimentieren und diskutieren mit Wissenschaftlerinnen und Studentinnen der Naturwissenschaften, um Vorbilder und Karrieremöglichkeiten kennenzulernen.

Da wir die Wissenschaftlerinnen nicht an ihren Arbeitsplätzen besuchen können, bekommen die Schülerinnen vor dem Termin ein Porträt der Wissenschaftlerin und eine Aufgabe mit Forschungsbezug zugeschickt. Als Vorbereitung auf den Vortrag der Fluorchemikerin Julia Bader haben die Schülerinnen etwa die schützende Wirkung von Fluoridzahncreme auf die Säurebeständigkeit von Eierschalen untersucht. Für das Seminar mit der Bodenökologin Eva Leifheit haben sie zu Hause untersucht, wie viel Wasser verschiedene Bodenarten speichern können. Als Vorbereitung auf das virtuelle Treffen mit der Kristallographin Katja Fälber haben sie eine Rechercheaufgabe gelöst. In den anschließenden Webinaren wurde gemeinsam über Wissenschaft, Arbeitsbedingungen und Berufsperspektiven diskutiert.

Wie die gesamte Universität wollen wir die positiven Aspekte des virtuellen Lernens und der digitalen Vernetzung nutzen, um uns weiterzuentwickeln. Auch im Rahmen der „Sommeruni“, die die Freien Universität vom 27. Juli bis 7. August 2020 für Schülerinnen und Schüler veranstaltet, werden wir ausschließlich digitale Kurse anbieten.

Worauf freuen Sie sich, wenn der Präsenzbetrieb in den neuen Räumen des NatLab starten kann?

Petra Skiebe-Corrette: Vor dem Umzug hatten wir offiziell zwei Labore zur Verfügung, die wir auch als Seminarräume genutzt haben. Wegen der hohen Nachfrage nach Kursen haben wir ständig nach weiteren Räumen gesucht und uns im ganzen Haus verteilt. Deshalb hat mir mal jemand gesagt: „Frau Skiebe, Sie sind wie der Hausschwamm – Sie kommen erst irgendwo hinein und dann sind Sie überall.“

Künftig bleiben wir in unserem Trakt. Dort haben wir vier hervorragend ausgestattete Labore, zwei Seminarräume mit Medientechnik und sechs Büros, sodass das Team endlich auf einem Flur ist. Alles ist im Corporate Design gestaltet, sieht professionell und modern aus. Außerdem ist das neue NatLab barrierefrei, wir haben sogar einen höhenverstellbaren Abzug in einem der Chemielabore, an dem auch Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer gefahrlos arbeiten können. Damit sind wir auch auf Inklusionsklassen gut vorbereitet.

Wie viele Schülerinnen und Schüler besuchen das NatLab pro Jahr?

Petra Skiebe-Corrette: Jedes Jahr verbringen etwa 3.500 bis 4.000 Berliner Schülerinnen und Schüler mindestens einige Stunden im NatLab. Sie kommen zur einen Hälfte von Grundschulen, zur anderen Hälfte von Gymnasien oder Sekundarschulen.

Aber solche Zahlen finde ich immer schwierig, weil darin die Breiten- und die Interessiertenförderung zusammengefasst werden. Bei den auf Berliner Lehrpläne abgestimmten Kursen für Schulklassen haben wir einen hohen Durchlauf. Anspruchsvollere Programme wie „NATürlich“ für Mädchen oder „Uni auf Probe“ im Fach Chemie richten sich an eine kleine Gruppe von Interessierten, die in ihrer Freizeit kommen. Dabei ist der Aufwand pro Teilnehmerin natürlich höher, doch so können wir idealerweise Studienanfängerinnen gewinnen, die sich ihrer Sache sicher sind und seltener das Fach wechseln oder das Studium abbrechen.

 Die Fragen stellte Marion Kuka

Weitere Informationen

SommerUni – digital

Auch in diesem Jahr lädt die Freie Universität Berlin interessierte Schülerinnen und Schüler von der Klassenstufe 10 an zu einer Sommeruniversität in den MINT-Fächern ein; die Abkürzung steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus wird die 16. Sommeruniversität ausschließlich digitale Vorlesungen und Kurse anbieten.

Vom 27. Juli bis 7. August 2020 werden vormittags mehrtägige Experimentier- und Programmier-Kurse und nachmittags Vorlesungen zu Themen aus Wissenschaft und Forschung angeboten. Belegt werden können Kurse in den Fächern Physik, Biologie, Veterinärmedizin sowie Mathematik und Informatik. Die Teilnahme an den Kursen und Vorlesungen ist in diesem Jahr kostenlos. Eine Anmeldung zu den Veranstaltungen ist aber erforderlich.

Anmeldung und Programm unter: www.fu-berlin.de/sites/sommeruni