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Brücke zwischen Schule und Universität

Die Freie Universität bietet zahlreiche Bildungs- und Förderangebote für Schülerinnen und Schüler

03.08.2018

Bei der "Uni auf Probe Chemie" können Schülerinnen und Schüler Experimente aus dem Uni-Alltag relativ selbstständig durchführen.

Bei der "Uni auf Probe Chemie" können Schülerinnen und Schüler Experimente aus dem Uni-Alltag relativ selbstständig durchführen.
Bildquelle: Marina Kosmalla

Der gerade gekürte Gewinner der Fields-Medaille Peter Scholze hatte das Glück, dass sein Talent bereits in der Schule erkannt und gefördert wurde. Der heute 30-jährige Mathematikprofessor von der Universität Bonn besuchte als Schüler einen Mathezirkel an seiner Schule, dem Heinrich-Hertz-Gymnasium in Berlin-Friedrichshain mit Schwerpunkt Mathematik. Die Leiterin des Kurses war jedoch nach eigenen Angaben dem Ausnahmetalent bald „nicht mehr gewachsen“ und schickte ihn zu einem ihrer ehemaligen Schüler: zu Mathematikprofessor Klaus Altmann an die Freie Universität Berlin. Scholze war damals 16 Jahre alt, Altmann nennt er heute „einen seiner ersten Förderer“. Die Brücke zwischen Schule und Universität zu schlagen, Bildungs- und Förderangebote für Schülerinnen und Schüler zu bieten, ist ein Anliegen, das die Freie Universität konsequent verfolgt. Campus.leben im Gespräch mit Jörg Fandrich, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Leiter des Schülerlabors PhysLab am Fachbereich Physik.

Herr Fandrich, warum ist es so wichtig, dass Universitäten Angebote schon für Schülerinnen und Schüler bieten?

Gerade für die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – die sogenannten MINT-Fächer – halte ich ein Förderangebot von Universitäten für wichtig, weil sich viele Schülerinnen und Schüler unterschätzen. Viele junge Menschen, die eigentlich das Zeug dazu hätten, Mathematik, Physik, Informatik, Chemie, Bioinformatik oder Biochemie zu studieren, trauen sich das nicht zu. Das betrifft insbesondere Mädchen, die in diesen Schulfächern oft sehr gut sind. Im Rahmen unserer Angebote für Schülerinnen und Schüler lässt sich ganz praktisch in die verschiedenen Bereiche reinschnuppern – die übrigens allesamt sehr gute Berufsaussichten bieten.

Welche Angebote hat die Freie Universität für Schülerinnen und Schüler?

Wir bieten Kurse und Workshops für verschiedene Klassenstufen an:

  • Sehr beliebt sind unsere Schülerlabore PhysLab (Physik) und NatLab (Biologie/Chemie). Hier können Lehrerinnen und Lehrer für ihre Klassen oder für Oberstufengruppen Experimentierkurse buchen, um den schulischen Unterricht sinnvoll zu ergänzen. Wir haben hier zwei Arbeitsschwerpunkte: Zum einen den NaWi-Unterricht in den Klassenstufen 5 und 6, in dem erstes naturwissenschaftliches Experimentieren gelernt wird. Zum anderen den Bereich ab Klassenstufe 10, für den die Schülerlabore eine Art Brücke zwischen Schule und Universität bauen.
  • Für Schülerinnen und Schüler von der 2. bis zur 6. Klasse gibt es die KinderUni: ein einwöchiges und kindgerechtes, oft interaktives Programm. Neben den naturwissenschaftlichen Kursen der Schülerlabore bietet die Freie Universität hier auch verschiedene Kurse aus der Archäologie, Geschichte oder Humanmedizin an. Grundschülerinnen und -schüler lernen in Experimenten, Vorträgen und Gruppenarbeit wissenschaftliches Arbeiten kennen und werden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie von Studierenden individuell betreut. Die nächste KinderUni findet vom 17. bis 21. September statt. Die Anmeldung erfolgt am 4. und 5. September online durch die Lehrkraft. Das Angebot richtet sich an ganze Schulklassen.
  • Für interessierte Einzelpersonen (ab Klasse 10) ist unsere Sommeruni ein ganz heißer Tipp! Sie findet jedes Jahr in den letzten zwei Wochen der Schul-Sommerferien statt, das heißt am kommenden Montag, dem 6. August, geht’s wieder los. Sie richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die mindestens in der 10. Klasse sind und sich für mathematisch-naturwissenschaftliche Fächer interessieren. Am ersten Tag findet traditionell eine Campus-Rallye statt, um das Universitätsgelände kennenzulernen. Danach beginnen die zwei- bis viertägigen Experimentierkurse und Workshops, die nach eigenem Interesse kombiniert werden können. Nachmittags kann man Vorträge besuchen und Einblicke in aktuelle Forschungsthemen gewinnen. Am Ende der zwei Wochen bieten wir einen ausführlichen Studienberatungstag an: Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der verschiedenen Fächer beantworten dann alle Fragen rund ums Studium. Die Experimentierkurse kosten pro Tag 10 Euro, die Vorträge sind kostenlos und auch offen für Freunde und Eltern. Es gibt noch freie Plätze, Interessierte können sich kurzfristig anmelden.
  • Seit zwei Jahren bietet das NatLab während der Berliner Schulferien im Herbst den Workshop „Uni auf Probe Chemie“ an. Wer hier mitmacht, sitzt direkt mit Studierenden im Hörsaal, experimentiert im Labor, geht in der Mensa essen und lernt so den realen Uni-Alltag kennen.
  • Einen fließenden Übergang von der Schule ins Informatik-Studium bietet das Projekt ProInformatik. Interessierte Schülerinnen und Schüler können hier bereits ein Jahr vor dem Abitur herausfinden, ob ein Studium der Informatik das Richtige für sie wäre, ob es ihnen Spaß macht und ob sie den Anforderungen gewachsen sind. Die bestandenen Kurse können sie sich im Falle eines Studiums anrechnen lassen.
Jörg Fandrich war Physiklehrer, bevor er 2003 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin kam.

Jörg Fandrich war Physiklehrer, bevor er 2003 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin kam.
Bildquelle: Steffen Rasche

MINT-Fächer werden oft noch als „Männerdomäne“ angesehen. Was unternimmt die Freie Universität, um auch Mädchen für diese Bereiche zu begeistern?

Wir haben insbesondere zwei Angebote speziell für Schülerinnen: Im Projekt NATürlich können sich Schülerinnen ab Klasse 10 mit Naturwissenschaftlerinnen der Biologie, Chemie und Pharmazie treffen und ihre Arbeitsfelder hautnah kennenlernen. Das Projekt MINToring richtet sich an Schülerinnen ab Klasse 7 und bietet Einblicke in die Fächer Physik und Informatik. In spannenden Tinker&Talks, MiniLabs und MaXiLabs haben sie Gelegenheit, selbst zu experimentieren und vielfältige Fragestellungen zu untersuchen. Außerdem lernen sie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kennen und erfahren etwas über deren Forschung.

Wie können Lehrkräfte begabte Schülerinnen und Schüler unterstützen?

Zum einen plädiere ich für eine geeignete Binnendifferenzierung im Unterricht. Leistungsstarken Schülerinnen und Schülern sollten Lernangebote unterbreitet werden, die über den normalen Schulstoff hinausgehen. Anregungen hierfür kann man sich bei entsprechenden Fortbildungen holen. Am 11. und 12. September findet an der Freien Universität die Tagung des Berlin-Brandenburger Verbands zur Förderung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts (MNU) statt. Der Kongress bietet ein breites Spektrum an fachlichen und fachdidaktischen Vorträgen und Workshops für Lehrerinnen und Lehrer, Referendare sowie Lehramtsstudierende der MINT-Fächer. Unter anderem findet man hier auch Workshops zum Thema „Abgestufte Lernhilfen“, „Differenzierung bei der Leistungsbewertung“ und „Forschendes Lernen“.

Was externe Hilfe angeht, lohnt sich immer ein Blick auf die Angebote der Universitäten und Schülerlabore. Eine wichtige Größe im Raum Berlin-Brandenburg ist das Schülerlabornetzwerk GenaU („Gemeinsam für naturwissenschaftlich-technischen Unterricht“). Für Schülerinnen und Schüler, die am Wettbewerb „Jugend forscht / Schüler experimentieren“ teilnehmen möchten, bieten wir beispielsweise im PhysLab einen Forscherclub an, in dem wir solche Arbeiten coachen. Wir helfen bei der Strukturierung und Verbesserung der Arbeit und vermitteln Kontakte zu Fachleuten, um spezielle Fragen klären zu können. Einer unserer Schüler hat beim letzten Wettbewerb in der Kategorie „Schüler experimentieren – Technik“ den Berliner Landessieg errungen.

An außeruniversitären Einrichtungen gibt es unter anderem das Schülerforschungszentrum Berlin e. V. an der Lise Meitner-Schule (SFZ) im südlichen Neukölln, das sehr gut ausgestattet ist und tolle Arbeit leistet. Schülerinnen und Schüler können dort in ihrer Freizeit eigenen Forschungsprojekten aus der Chemie, Biologie, Physik, Informatik, Technik oder Mathematik nachgehen. Im Norden Berlins, in Reinickendorf, haben Schülerinnen und Schüler am Bildungs- und Forschungszentrum Berlin (BFZ) die Möglichkeit, eigene Forschungsprojekte umzusetzen. Betreut werden sie dort von einem Team ehrenamtlich arbeitender Studierender und Wissenschaftler.

Die Fragen stellte Marina Kosmalla