„Gegenwind sollte man nicht unterschätzen“
Fast ein Drittel ihrer Benefiz-Radtour „Cycling for Syria“ haben die Studenten Niklas Gerhards und Sven Wang schon geschafft
18.05.2015
Auf der zweiten Etappe ihrer Fahrradtour quer durch Europa hatten Medizinstudent Niklas Gerhards und Mathematikstudent Sven Wang mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen: Gegenwind, schweres Gepäck und kurze Krankheit. Dennoch sind die beiden Studenten guter Dinge und bereiten sich schon auf die nächste Etappe vor: von Pavia entlang der Adria durch die Balkan-Länder. Insgesamt wollen sie 12.000 Kilometer mit dem Rad meistern, verschiedene Kulturen und Menschen kennenlernen und gleichzeitig Spenden für die medizinische Versorgung syrischer Flüchtlinge durch die Organisation Ärzte der Welt sammeln. Im März sind die ambitionierten Radler zu ihrer sechsmonatigen Reise aufgebrochen. Campus.leben berichtet monatlich über ihre Fortschritte und Erlebnisse.
Wie weit sind Sie bisher gekommen?
Sven Wang: Bisher sind wir fast 4000 Kilometer geradelt. Kurz vor Christi Himmelfahrt sind wir in Pavia angekommen, einer kleinen, alten Universitätsstadt in Norditalien. Wir werden nun entlang des Pos an die Adria fahren.
Gab es Zwischenfälle oder Schwierigkeiten, mit denen Sie nicht gerechnet hatten?
Niklas Gerhards: Was wir bei der Planung der Route definitiv unterschätzt haben, ist, welch großen Unterschied die Windrichtung ausmacht! So haben wir auf der bisherigen Reise etwa dreimal so viele Gegenwind- wie Rückenwindtage gehabt. Am schlimmsten war es in Südportugal, wo 300 Tage im Jahr der Wind aus Norden weht, also direkt entgegen unserer Fahrtrichtung. Sven – als Mathematiker und Physiker – rechnet mir an solchen Tagen immer gerne vor, wie wahnsinnig viel schneller wir mit Rückenwind statt Gegenwind wären.
Sven Wang: Unterschätzt haben wir auch, wie viel langsamer man mit 25 Kilo Gepäck fährt. Vorher hatten wir nur Erfahrungen mit dem Rennrad – ein ganz anderes Fahrgefühl. Besonders am Berg passiert es uns häufiger, dass wir von zehnjährigen Kindern, die auf dem Handy spielen, oder alten Herren auf Rennrädern überholt werden.
Der größte Zwischenfall bisher war, dass wir beide einmal krank wurden. Mit den Rädern hatten wir noch kein einziges Problem – nicht einen Platten nach 4000 Kilometern!
Gab es ein besonderes Erlebnis innerhalb der letzten Wochen?
Niklas Gerhards: Vor ein paar Tagen kamen wir in Sanremo an, der ersten größeren Stadt in Italien hinter der französischen Grenze, und wollten eine Nacht auf dem Campingplatz verbringen, denn in Städten dürfen wir nicht wild zelten. Da am nächsten Tag der Giro d‘Italia, eines der wichtigsten Radrennen überhaupt, beginnen sollte, war der Campingplatz in Sanremo ausgebucht, ebenso alle günstigen Hotelzimmer. In unserer Not sind wir zur Kathedrale gefahren und haben uns dort von Nonne zu Nonne bis zum Priester durchgefragt. Diesen konnte Sven mit seinen wenigen Brocken Italienisch davon überzeugen, uns für eine Nacht in der Besenkammer der Kathedrale übernachten zu lassen.
Was kommt als nächstes auf Sie zu?
Sven Wang: In Italien können wir noch einige Hundert Kilometer flache Strecke in der Po-Ebene genießen. Aber mental bereiten wir uns schon auf die unzähligen Gebirge im Balkan vor.
Die Fragen stellte Verena Blindow
Weitere Informationen
Spenden können Sie auf der Internetseite zur Benefizfahrradtour
Aktuelle Informationen gibt es auch auf der Facebook-Seite von „Cycling for Syria“
Campus.leben begleitet Niklas Gerhards und Sven Wang auf ihrer Reise: Einmal im Monat sprechen wir mit den beiden Studenten über ihre Eindrücke und Erlebnisse und veröffentlichen diese im Online-Magazin.
- Im ersten Teil der Serie berichten die beiden Studenten, wie sie auf die Idee zu einer Spendenfahrt gekommen sind und was zu beachten ist, wenn man 12.000 Kilometer mit dem Fahrrad bewältigen möchte.
- Ein nasser und stürmischer Start in Gibraltar und frische Orangen von hilfsbereiten Bauern in Portugal zum Frühstück: Schon die ersten tausend Kilometer ihrer Tour waren für die Studenten ein großes Abenteuer.
- Freundliche, offene Menschen lernten die radelnden Studenten in den Balkan-Ländern kennen und trotzten so Bergen und Hitze.
- Mehr als 2000 Kilometer in nur sechs Wochen: Nach ihrem Halbzeitziel Istanbul fuhren Niklas Gerhards und Sven Wang durch Bulgarien, Rumänien, Ungarn und die Slowakei bis nach Polen.
- Nach fünf Monaten und zehn Tagen sind Niklas Gerhards und Sven Wang schon fast am Ziel: 700 Kilometer trennen die beiden Radler vom Nordkap.
- Am 30. August erreichten die Studenten in zweifacher Hinsicht ihr Ziel: Sie kamen am norwegischen Nordkap an und konnten mehr als 15.000 Euro Spenden für syrische Flüchtlinge sammeln.