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Verantwortung und ethische Kompetenzen im Tierversuch

Fachtierärztin für Versuchstierkunde und Physiologie Christa Thöne-Reineke, Freie Universität

04.04.2025

Dr. Christa Thöne-Reineke, Professorin für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde, Institutsleiterin und Tierschutzbeauftragte

Dr. Christa Thöne-Reineke, Professorin für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde, Institutsleiterin und Tierschutzbeauftragte
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

In Paragraph 1, Tierschutzgesetz, ist die Verantwortung des Menschen dem Tier gegenüber geregelt. Dort heißt es: Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Den zu wissenschaftlichen Zwecken verwendeten Tieren gegenüber ist diese Verantwortung sowohl im Tierschutzgesetz als auch in zahlreichen weiteren Richtlinien und Verordnungen auf nationaler und internationaler Ebene konkretisiert, und diese muss nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit mit der Wissenschaftsfreiheit in Artikel 5.3 des Grundgesetzes und der daraus resultierenden Verantwortung abgewogen werden. Durch die EU-Richtlinie (2010/63/EU) findet zudem das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) von Russell und Burch (1959) Niederschlag in der Gesetzgebung. Das 3R-Prinzip verpflichtet Wissenschaftler*innen, wo immer möglich, auf Tierversuche zu verzichten (Replace), die Anzahl der Tiere so weit wie möglich zu reduzieren (Reduce) und die Belastung der Tiere im Tierversuch so gering wie möglich zu gestalten (Refine). Ein den 3R zugrundeliegendes ethisches „R“ ist die Übernahme von Verantwortung (Responsibility), das die Voraussetzung für die Umsetzung der 3R und weiterer ethischer Prinzipien im Rahmen der Bewertung von Tierversuchen ist. Da die 3R also nur einen Teil der Verantwortung dem Tier gegenüber abbilden, fordert der Gesetzgeber in den Tierversuchsanträgen zusätzlich die Darlegung der ethischen Vertretbarkeit eines Tierversuchs.

Diese Darlegung setzt eine fundierte ethische Grundbildung, eine Ethical Literacy, voraus. Kenntnisse, die bisher nur wenig oder nur unzureichend in den Studiengängen der Tierversuche planenden und durchführenden Wissenschaftler*innen vermittelt werden. Eine ethische Grundbildung in diesen Studiengängen ist essenziell, um einen verantwortungsvollen Umgang mit den durch einen Tierversuch entstehenden ethisch-moralischen Problemen zu gewährleisten. Ebenfalls wichtig ist es, ein entsprechendes ethisches Grundverständnis bei Vertreter*innen der Genehmigungsbehörden und den Tierschutzbeauftragten der Einrichtungen zu fördern. Sucht man nach geeigneten Lehr- oder Weiterbildungsmaterialien speziell zum Thema der ethischen Verantwortung von Wissenschaftler*innen bzw. weiteren Beteiligten, wird deutlich, dass diese sehr allgemein bleiben und keine konkreten Hilfestellungen für den Umgang mit den vielfältigen Fragen der Verantwortung im Kontext der Tierversuche geben.

Hier setzt das vom BMBF geförderte Projekt 3REthicsWeb an. Ziel des Projekts ist die Entwicklung einer interdisziplinären E-Learning-Plattform, über die eine ethische Grundbildung mit Praxisbezug auf die Situationen im Tierversuch sowie eine Ethik der 3R und der Alternativmethoden vermittelt werden soll.

Weitere Informationen

Dr. Julia Dietrich leitet den Arbeitsbereich Didaktik der Philosophie und Ethik.

Website Univ.-Professorin Dr. med. vet. Christa Thöne-Reineke