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Hochschulautonomie in Zeiten leerer Kassen

Ökonom Ronnie Schöb, Freie Universität

09.04.2025

Prof. Dr. Ronnie Schöb, Professor für Finanzwissenschaft mit dem Schwerpunkt internationale Finanzpolitik

Prof. Dr. Ronnie Schöb, Professor für Finanzwissenschaft mit dem Schwerpunkt internationale Finanzpolitik
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wenn wir über Wissenschaftsfreiheit und die damit verbundene notwendige Autonomie von Hochschulen sprechen, müssen wir auch über Geld sprechen. Wissenschaftlich frei und autonom handeln kann nur eine Institution, die auskömmlich finanziert wird und deren Finanzierung nicht an inhaltliche Bedingungen geknüpft ist.

Die von der Berliner Landesregierung angekündigte Aufkündigung und Neuverhandlung der Berliner Hochschulverträge verdeutlichen jedoch die große Abhängigkeit der Universitäten von der öffentlichen Hand. Die anvisierten Kürzungen der Zuschüsse des Landes Berlins an die staatlichen Hochschulen bedeuten massive Einschnitte mit noch unübersehbaren langfristigen Folgen für die Berliner Hochschullandschaft. Zu Recht setzen sich die Berliner Universitäten dagegen zur Wehr. Dabei wird aber immer implizit davon ausgegangen, dass die Kürzungen staatlicher Zuschüsse zwangsläufig eins zu eins durch Minderausgaben bei den Hochschulen kompensiert werden müssen.

Bund und Länder finanzieren rund 90 Prozent der Hochschulausgaben, und nur etwa zehn Prozent entfallen auf privat bereitgestellte Mittel. Dazu zählen, zumindest in anderen Bundesländern, in geringem Umfang auch Studiengebühren.

Bleibt es bei dieser Aufteilung und führen die Kürzungen des Berliner Senats im gleichen Umfang zu Ausgabenkürzungen an den Hochschulen, so sind davon nicht nur die Beschäftigten betroffen, sondern auch die derzeit rund 170.000 eingeschriebenen Studierenden an den staatlichen Hochschulen Berlins. Budgetkürzungen von rund acht Prozent werden substanzielle Eingriffe in Umfang und Qualität der Lehre nach sich ziehen und auch den Forschungsstandort Berlin stark belasten. Dabei gibt es aus finanzwissenschaftlicher Sicht durchaus Stellschrauben, die Folgen abzumildern.

Warum nicht einmal über Studiengebühren für ein Zweitstudium (gemeint sind nicht die konsekutiven Masterstudiengänge) diskutieren, verbunden mit der Frage, ob eine zweite Berufsausbildung vollständig mit öffentlichen Geldern finanziert werden muss. Warum nicht auch über Studiengebühren für Langzeitstudenten und Nicht-EU-Bürger nachdenken, so wie es beispielsweise in Baden-Württemberg gängige Praxis ist. Das schaffte für die Berliner Hochschulen neue Gestaltungsspielräume und ein wenig finanzielle Autonomie.

Angesichts der gewaltigen finanziellen Herausforderungen ist es an der Zeit, die Hochschulautonomie im Bereich der Einnahmenseite neu zu denken. Hierbei kann die Finanzwissenschaft helfen. Es geht dabei gar nicht darum, Studiengebühren das Wort zu reden, sondern darum, innezuhalten und zu fragen, warum solche Optionen überhaupt nicht mehr in Betracht gezogen werden und die Frage finanzieller Autonomie in den Verhandlungen mit der Berliner Senatsverwaltung nicht mit aufgenommen wird.

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Website Prof. Dr. Ronnie Schöb