In China steht die Wissenschaftsfreiheit unter Druck
Sinologin Genia Kostka, Freie Universität
04.04.2025
Genia Kostka, Professorin für die Politik Chinas, Institut für Chinastudien
Bildquelle: Hertie school of Governance
Institutionen wie die Peking-Universität bezeichnen die akademische Freiheit offiziell als eines ihrer wichtigsten Prinzipien, und das chinesische Hochschulgesetz besagt, dass der Staat die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung gewährleistet. In der Realität sind Forschende und Studierende in ihrer akademischen Freiheit jedoch stark eingeschränkt. Die Einschränkungen reichen von der Unmöglichkeit, Verlage für Publikationen zu sensiblen Themen zu finden, bis hin zu Entlassungen und Gefängnisstrafen für kritische Äußerungen. Die Forschung in China ist stark von der Förderung durch die lokale oder nationale Regierung abhängig. Der Hauptzweck der Universität in China ist die Förderung des Sozialismus und die Verbreitung von Partei-Narrativen. Darüber hinaus werden Wissenschaftler*innen unter Druck gesetzt, sich auf die Veröffentlichung von Artikeln in SSCI-Zeitschriften zu konzentrieren, da die Universitätsverwaltungen stark auf Hochschulrankings setzen. Dies schränkt den Forschungsspielraum chinesischer Wissenschaftler weiter ein.
Auch ausländische Forscher unterliegen bei der Arbeit in China Einschränkungen. Diese reichen von der Verwehrung von Forschungsvisa über Befragungen oder Durchsuchungen seitens der Behörden, Verweigerungen des Zugangs zu Archiven, bis hin zu körperlicher Einschüchterung oder Festsetzung durch die Polizei. Dies führt oft zu Selbstzensur, indem Forschende sich in ihren Projekten auf nicht-sensible Teile konzentrieren, bis hin zur Aufgabe ganzer Projekte. Selbst ausländische Wissenschaftsverlage wie The Cambridge University Press oder Springer Nature können dem Druck der chinesischen Regierung nicht standhalten und beschränken oder blockieren den Zugang zu Zeitschriftenartikeln in China.
Die akademische Freiheit steht nicht nur in China unter Druck, sondern auch seitens westlicher Regierungen und Universitätsverwaltungen. So intervenierte beispielsweise die australische Regierung in die australisch-chinesische STEMM-Kooperation, da sie Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit sowie vermeintlicher medizinischer, wirtschaftlicher und menschenrechtlicher Risiken hatte. Dies zeigt, dass Wissenschaftsfreiheit durch geopolitischen Wettbewerb sowie die Wahrnehmung von Risiken und Chancen in der Zusammenarbeit mit China gefährdet ist.