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„Die USA sind mitten in einer Debatte über ihre Rolle in der Welt“

Lora Anne Viola, Professorin für Außen- und Sicherheitspolitik Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut

04.10.2024

Lora Anne Viola, Professorin für Außen- und Sicherheitspolitik Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut

Lora Anne Viola, Professorin für Außen- und Sicherheitspolitik Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut
Bildquelle: Arne Sattler

Außenpolitik ist für Wählerinnen und Wähler in den USA selten ein entscheidendes Thema. Doch bei dieser Wahl spielt sie eine größere Rolle als je zuvor angesichts der aktuellen Kriege in Europa und im Nahen Osten sowie dem geopolitischen Wettbewerb mit China. Die Vereinigten Staaten befinden sich mitten in einer Debatte über ihre Rolle in der Welt, die vor allem durch das Gefühl des eigenen relativen Machtverlusts im In- und Ausland angeheizt wird. Kandidatin und Kandidat für die Präsidentschaft haben hier auffallend unterschiedliche Anschauungen: Donald Trump hat seine Absicht betont, die globalen Verpflichtungen der USA zu reduzieren und mit Verbündeten und Gegnern gleichermaßen hart umzugehen. Für Kamala Harris sind starke Bündnisse und multilaterale Zusammenarbeit nach wie vor von zen­traler Bedeutung für die amerikanische Führung. 

Aber es gibt auch neue Überschneidungen mit Blick auf die Zukunft der US-Außenpolitik. Trotz erheblicher politischer Differenzen – beispielsweise bezüglich des Engagements der USA in der NATO – setzen sich beide Parteien neuerdings mit der Frage auseinander, wie sie ein besseres Gleichgewicht zwischen innenpolitischen und internationalen Prioritäten herstellen können. Über die Parteien hinweg wächst der Konsens, dass die globale Führungsrolle der USA und die dafür erforderlichen Ressourcen nicht auf Kosten der amerikanischen Mittelschicht gehen dürfen, dass die USA sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten militärisch und wirtschaftlich überhoben haben und dass die Globalisierung zum Schutz der amerikanischen Interessen eingeschränkt werden muss. Das bedeutet, dass verschiedene Formen des Rückzugs die Außenpolitik der nächsten Regierung bestimmen werden, unabhängig davon, wer das Weiße Haus gewinnt. Die Verbündeten der USA werden diese Zurückhaltung zu spüren bekommen und ihre eigenen außenpolitischen Ziele neu ausrichten müssen.