„Zuwanderungspolitik kann politische Mehrheiten nachhaltig verändern“
Max Steinhardt, Professor für Wirtschaftspolitik und -geschichte Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut
04.10.2024
Max Steinhardt, Professor für Wirtschaftspolitik und -geschichte Nordamerikas am John-F.-Kennedy-Institut
Bildquelle: Bradford Morbeck
Auch diesmal ist mit einem spannenden Wahlkampf und einem engen Ausgang zu rechnen. Das wäre anders, wenn die Wahl durch den popular vote entschieden würde, den die Demokraten seit 2008 durchgängig gewonnen haben. Ein wichtiger Grund hierfür ist das Abstimmungsverhalten von Zuwanderern, definiert als im Ausland geborene Personen – aktuell sind das 15,6 Prozent der Bevölkerung – sowie deren Nachkommen. Obwohl es teilweise starke Unterschiede zwischen und innerhalb der einzelnen Gruppen gibt und sich seit Trump zunehmend Zuwanderer den Republikanern zuwenden, stimmt nach wie vor die überwiegende Mehrheit der Zuwanderer für die Demokraten.
Ein Grund dafür, dass die Republikaner voraussichtlich auch in dieser Wahl den popular vote nicht gewinnen werden, ist der Immigration Act aus dem Jahr 1965, der die Zuwanderung in die USA substanziell und nachhaltig verändert hat – sowohl bezüglich der Größenordnung als auch der Zusammensetzung der Herkunftsländer. Eine kürzlich mit Kollegen veröffentlichte Studie zeigt, dass Letzteres klar beabsichtigt war und den Mehrheitswünschen der Bevölkerung entsprach. Im Gegensatz dazu war der starke Anstieg der Zuwanderung nach 1965, insbesondere aus Mittel- und Südamerika und vor allem durch Familienzusammenführungen, ursprünglich weder beabsichtigt noch von der Mehrheit der Bevölkerung gewünscht. Das Beispiel zeigt, wie Zuwanderungspolitik politische Mehrheiten nachhaltig und in teilweise unerwarteter Weise verändern kann.