Glücksgefühle im Alter
Wie bleiben wir gesund und zufrieden? Diese Frage steht im Zentrum des Life Science Days am 16. Oktober
14.10.2014
Rund 300 Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft stellen beim diesjährigen Life Science Day am Donnerstag im Henry-Ford-Bau neue Entwicklungen aus der medizinischen Forschung sowie Anwendungen und Beispiele aus der Praxis vor. Christian von Scheve, Soziologie-Professor am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität, ist einer dieser Experten. Im Rahmen der Focus Area DynAge, bei der Krankheiten nicht nur im Verlauf des menschlichen Lebens, sondern auch in ihren genetischen, individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen untersucht werden, forscht von Scheve zum Wohlbefinden im Alter.
Herr von Scheve, zu einem gesunden Leben gehört neben dem körperlichen auch das seelische Wohl. Sie forschen zum Wohlbefinden im Alter und sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Gefühlsparadox“ – was steckt hinter diesem Begriff?
Oftmals verbinden wir mit hohem Alter Begriffe wie Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Hoffnungs- und Hilflosigkeit, also ein insgesamt eher geringes emotionales Wohlbefinden. Das ist intuitiv auch naheliegend, da wir es gerade im Alter mit einem Rückgang der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zu tun haben – mit Alterserkrankungen und Veränderungen des sozialen Umfelds wie etwa dem Tod von Lebenspartnern. Viele neuere Studien weisen aber darauf hin, dass das emotionale Wohlbefinden im Alter stabil ist oder im Vergleich zum jungen oder mittleren Alter sogar ansteigt. Wir interessieren uns dafür, warum und unter welchen Bedingungen das – angesichts der vergleichsweise ungünstigen Umstände im Alter – so ist.
Sie haben im vergangenen Jahr mit Ihrer Forschung zur hohen Lebenszufriedenheit im Alter begonnen. Gibt es bereits erste Ergebnisse?
Wir haben noch keine belastbaren Ergebnisse, aber es gibt eine ganze Reihe von Forschungsthesen und -befunde hierzu. Demnach spielen vor allem die Verarbeitung und Erinnerung emotionaler Ereignisse eine Rolle. Im Alter neigen wir zum Beispiel dazu, aus einer Menschenmenge eher die glücklichen als die traurigen Gesichter wahrzunehmen. Was man bei Verliebten als „rosa Brille“ bezeichnet, wird in der Altersforschung „Positivity Bias“ genannt. Mit dem Alter verändert sich offenbar auch die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu regulieren: Im Laufe der Jahre entwickeln wir Strategien, um mit negativen Erlebnissen besser umzugehen. Das hat einen positiven Einfluss auf das emotionale Wohlbefinden. Wir untersuchen nun aus soziologischer Perspektive, warum das so ist. Dabei schauen wir uns vor allem an, welche Rolle der soziale Kontext spielt – welchen Einfluss beispielsweise Bildung, Einkommen und Vermögen oder auch der soziale Status auf das Wohlbefinden von älteren Menschen haben.
Lassen sich aus Ihrer Forschung alltagstaugliche Übungen ableiten – etwa „zwei Mal pro Woche ausgiebig mit Freunden reden“ – sozusagen als Vorsorge für ein gesundes Altern auf emotionaler Ebene?
Viele Studien weisen darauf hin, dass sich die Einbindung in soziale Netzwerke positiv auf das emotionale Wohlbefinden im Alter auswirkt. Regelmäßige Kontakte zu Freunden und Familie sollte man also gerade im Alter unbedingt aufrechterhalten.
Die Fragen stellte Annika Middeldorf
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Life Science Day 2014: „Gesund im Alter – Medizin auf neuen Wegen“Zeit und Ort
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