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Duftmoleküle, buddelnde Kinder, komplexe Politik: Die Lange Nacht der Wissenschaften feiert in diesem Jahr ihr 25-jähriges Bestehen – am 28. Juni machen auch Forschende der Freien Universität wieder ihre Arbeit begreifbar

24.06.2025

Wissenschaft zum Anfassen: Seit 25 Jahren öffnet die Freie Universität zur Langen Nacht der Wissenschaft ihre Türen.

Wissenschaft zum Anfassen: Seit 25 Jahren öffnet die Freie Universität zur Langen Nacht der Wissenschaft ihre Türen.
Bildquelle: David Ausserhofer

Jeder kennt den ganz besonderen Duft etwa von Zimt, Vanille oder Lavendel. Doch was ist das eigentlich, ein Duft? „Es sind feinste Moleküle, die durch die Luft schwirren“, sagt Beate Paulus, Professorin für Theoretische Chemie an der Freien Universität. „Sie werden in unserer Nase von bestimmten Rezeptoren aufgenommen und entschlüsselt.“ Das Besondere: Es handelt sich in den allermeisten Fällen um Moleküle, die – ganz gleich, ob Zimt oder Lavendel – aus exakt denselben Stoffen bestehen. Entscheidend für den Duft, erklärt Paulus, ist allein die dreidimensionale Form, in der die Stoffe angeordnet sind.

Wie genau aus einer Handvoll Atome hochkomplexe Düfte werden, das können Besucher*innen der Langen Nacht der Wissenschaften (LNDW) auf dem Campus der Freien Universität in Dahlem am 28. Juni ganz praktisch erfahren. Gemeinsam mit ihrem Team bietet Beate Paulus am Institut für Chemie zum zehnten Mal ihren „Molekül-Parkour“ an. Sowohl mit dem Baukasten als auch mit dem Computer können Interessierte dort unter Anleitung von Chemiker*innen ihre Lieblingsdüfte nachbauen. „Es hat ein bisschen was von Lego“, sagt Beate Paulus. „Den Kindern und Jugendlichen macht das Molekülbauen Spaß. Und für uns ist es eine tolle Gelegenheit, sie an die Grundlagen unserer Wissenschaft heranzuführen.“

Die Lange Nacht der Wissenschaften an der Freien Universität Berlin ist eine bunte Mischung – die Chemie ist immer dabei, so auch 2017.

Die Lange Nacht der Wissenschaften an der Freien Universität Berlin ist eine bunte Mischung – die Chemie ist immer dabei, so auch 2017.
Bildquelle: David Ausserhofer

Für die Lange Nacht der Wissenschaften öffnen jedes Jahr zahlreiche Institutionen ihre Türen, mit dabei die drei großen Berliner Universitäten und andere Hochschulen und viele Partnerinstitutionen. Forscher*innen aller Disziplinen bieten dann einen seltenen Einblick in ihre Fachgebiete: an der Freien Universität von der Archäologie bis zur Romanistik, von der Biochemie zur Rechtswissenschaft.

Angefangen hat alles vor 25 Jahren, im September 2001. 15 Institute der Freien Universität beteiligen sich damals: In der Biologie konnte man beispielsweise Einzeller durch das Mikroskop beobachten, Rechtsmediziner*innen erklärten, wie Gewaltverbrechen rekonstruiert werden. Und am Institut für Informatik traten die damaligen Vizeweltmeister im Roboter-Fußball zu einem Freundschaftsspiel an. Auch prominente Gäste sind vertreten – etwa der Schriftsteller F.C. Delius, der Schauspieler Udo Samel und der Filmemacher Harun Farocki.

2002 trug die damalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer im Garten der Villa der Katholischen Theologie ihre Lieblingspassagen aus der Bibel vor, an den Instituten wurden Crash-Kurse etwa in Hebräisch, Türkisch, Sardisch angeboten. Wer die Vorträge des Instituts für Rechtsmedizin besuchen wollte – z. B. „Der nicht natürliche Tod – eine Herausforderung an die Rechtsmedizin“ – musste über 18 Jahre alt sein. So steht es im Programmheft.

2003 beteiligten sich 39 Einrichtungen der Freien Universität, ein Familienticket wurde eingeführt; 2004 machten noch einmal 17 Einrichtungen mehr mit, das Kinderprogramm startete. Von 2002 bis 2023 war Wieland Weiß für das Programm der LNDW an der Freien Universität zuständig, er hielt die Fäden in der Hand, die Spannung aufrecht und motivierte alljährlich die Forschenden aller Fachbereiche, wieder teilzunehmen. In seiner Zeit wurden die Busrouten mit Shuttles über den Campus optimiert, einige Jahre fuhren kostenfreie Velotaxis, dann wurde eine App eingeführt. Als Diplom-Meteorologe war Weiß auch für das Wetter zuständig – die detaillierte Vorhersage für die Lange Nacht verstand er als Teil seiner Aufgabe.

Viola Neukam, heute in der Stabsstelle Kommunikation und Marketing der Freien Universität für das Deutschlandstipendium zuständig, leitete 2004/05 die an der Freien Universität Berlin angesiedelte Geschäftsstelle LNDW Berlin. Auch 21 Jahre später ist sie von dem Veranstaltungskonzept überzeugt: „Die ‚klügste Nacht des Jahres‘ begeistert für Wissenschaft und Forschung. Insbesondere Kinder und Jugendliche werden – unabhängig von ihrer Herkunft – darin bestärkt, in ihre Schulausbildung zu investieren oder ein Studium zu ergreifen.

Das Projekt LNDW wuchs rasant: 2005 konnte die Veranstaltungsreihe unter Federführung der Freien Universität berlinweit die Marke von 100.000 Besuchen knacken.

Auch in diesem Jahr sind sämtliche Fachbereiche der Freien Universität mit eigenen Angeboten an der Langen Nacht beteiligt – insgesamt mit mehr als 200 Veranstaltungen. Um die verschiedenen Standorte auf dem Campus zu verbinden, verkehren bis Mitternacht kostenlose Shuttlebusse. „Für die Freie Universität und ihre Wissenschaftler*innen ist die Lange Nacht immer ein besonderer Moment“, sagt Eric Ostermann, der die Veranstaltung an der Freien Universität seit 2023 federführend betreut. „Alle brennen darauf, ihre Herzensthemen einem großen Publikum präsentieren zu können.“

Mehr als 7000 Besucher*innen erwartet Eric Ostermann allein auf dem Campus der Freien Universität. „Zum Jubiläum ist natürlich ein besonders spektakuläres Programm geplant. Zudem kosten die Eintrittskarten nur fünf Euro – anstelle wie im vergangenen Jahr 18 Euro.“

Seit ihren Anfängen spiegeln sich in der Langen Nacht der Wissenschaften die gesellschaftlichen Debatten – zu Themen, die die Gesellschaft auch heute beschäftigen. Schon 2002 greift der damalige Präsident der Freien Universität, der Medizinprofessor Peter Gaehtgens, in seinem Grußwort Ängste und Sorgen von Menschen auf „angesichts der zunehmenden Durchdringung unseres Alltags mit sich immer rascher ablösenden wissenschaftlichen und technischen Neuerungen“. Vor allem warnt Gaehtgens vor den Gefahren, die aus der Ablehnung oder dem Desinteresse für Wissenschaft für die demokratische Gesellschaft erwachsen können. Die Lange Nacht der Wissenschaften begreift er als Chance, hier entgegenzuwirken: Sie solle Menschen einen Einblick ins wissenschaftliche Arbeiten geben und Vorurteile abbauen.

In diesem Jahr diskutieren Heike Krieger, Professorin für Völkerrecht an der Freien Universität, Lora Anne Viola, Professorin für Außen- und Sicherheitspolitik in Nordamerika, gemeinsam mit dem Historiker Ned Richardson-Little von der Universität Erfurt über Deutschlands Rolle im Umbruch der Weltordnung. „Wir sehen derzeit, dass das Völkerrecht immer mehr an den Rand gedrängt wird“, sagt Heike Krieger. „In der aktuellen Debatte um den israelischen Angriff auf den Iran etwa spielen rechtliche Erwägungen kaum noch eine Rolle.“

Gemeinsam mit Lora Viola und Ned Richardson-Little will Krieger auf dem Podium erkunden, wie die Bundesrepublik Deutschland dazu beitragen kann, die Rolle des Völkerrechts wieder zu stärken. „Dabei freuen wir uns insbesondere auch darauf, in Austausch mit dem Publikum zu treten“, sagt sie.

Wissenschaft buchstäblich zum Begreifen – das ist das Konzept der Langen Nacht der Wissenschaften. Unter dem Titel „Meme, Mukbang, Mampf“ etwa will Sofia Rüdiger, Professorin für Englische Philologie, mit ihrem Team dem Phänomen des exzessiven Essens im Internet auf den Grund gehen. „Auf Plattformen wie YouTube sind Videos extrem erfolgreich, in denen Menschen Unmengen von Essen konsumieren“, sagt Rita Vallentin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im DFG-Projekt „Carnivalesque Consumption in the Digital Sphere”. „Menschen essen etwa riesige Mengen eines bestimmten Gerichts, backen Riesen-Donuts oder Pizzen, oder nehmen an Wettkämpfen teil.“

In den vergangenen 25 Jahren wurden bei der Langen Nacht der Wissenschaften Projekte aus allen Fachbereichen gezeigt. Besonders in Dahlem, wohin es häufig auch junge Familien zieht, liegt der Schwerpunkte immer auch auf Angeboten für Kinder und Jugendliche. Ein Highlight: die vom Institut für Archäologie angebotenen Ausgrabungsprojekte. „Es gab einen Professor, der hat Sedimentgestein vor das Institutsgebäude kippen lassen, aus dem Kinder mit Hammer und Meißel Fossilien schlagen konnten“, sagt Eric Ostermann.

Weitere Informationen

* Vom 23. bis 29. Juni 2025 streicht die Freie Universität Berlin das „E“ in der Kommunikation.

Warum? In der Aktionswoche sparen wir uns das „E“ wie Einsparung. Weil sichtbar werden muss, was fehlt, wenn Substanz gestrichen wird.

Der Freien Universität sollen allein in diesem Jahr rund 37 Millionen Euro gestrichen werden. Weitere Kürzungen für die folgenden Jahre sind angekündigt. Das s h n di  Plän  d s  B rlin r S nats vor. D mnach sind für 2025  insparung n von 250 Million n  uro im Wiss nschafts tat g plant. Das g fährd t L hr , Forschung und Zukunftssich rh it.

W it r  Information n unter: https://www.fu-berlin.de/sites/haushaltskuerzungen-berliner-senat/index.html