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Teller statt Tonne

Der Foodsharing-Raum der Freien Universität wurde im Rahmen der „Hochschultage Nachhaltigkeit + Klimaschutz“ wiedereröffnet

09.07.2019

Eine gute Portion grünes Bewusstsein, eine Handvoll Enthusiasmus und eine große Prise Durchhaltevermögen – so könnte das Rezept für den „FUdsharing Fair-Teiler“ lauten, einer Foodsharing-Initiative an der Freien Universität. Seit 2017 retten Studierende unter diesem Motto ehrenamtlich Lebensmittel, die Supermärkte und Bäckereien sonst entsorgt hätten. Ein Raum mit Kühlschrank dient als Sammelstelle. Dort werden die Produkte fair verteilt – daher der Name –, denn nicht nur Universitätsangehörige und Studierende, sondern alle Interessierten und auch Bedürftige können die Waren kostenfrei erhalten.

Die ehrenamtlichen Lebensmittelretter freuen sich über die Wiederöffnung des FUdsharing Fair-Teilers.

Die ehrenamtlichen Lebensmittelretter freuen sich über die Wiederöffnung des FUdsharing Fair-Teilers.
Bildquelle: Jennifer Gaschler

„Ein halbes Jahr lief unser Fair-Teiler sehr gut und wurde mit großer Resonanz von Studierenden, aber auch von Bürgerinnen und Bürgern angenommen“, sagt Karola Braun-Wanke, die Koordinatorin der Nachhaltigkeitsinitiative „SUSTAIN IT!“ des Forschungszentrums für Umweltpolitik an der Freien Universität. Seit 2013 beschäftigen sich Studierende in diesem Rahmen intensiv mit dem Thema Lebensmittelverschwendung und entwickelten 2017 während den jährlich stattfindenden „Hochschultagen Nachhaltigkeit + Klimaschutz“ die Idee, einen Foodsharing-Point einzurichten. 2018 lief das Projekt an.

Doch der Fair-Teiler habe schließen müssen, nachdem das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf eine Registrierung zum Vertrieb von Nahrungsmitteln, die Benennung von Verantwortlichen und die Beseitigung kleinerer hygienischer Mängel gefordert habe, berichtet die Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin. „Das wollten wir aber nicht einfach so hinnehmen. Allein in Deutschland landen laut der Umweltschutzorganisation WWF 18 Millionen Lebensmittel jährlich im Müll“, legt Karola Braun-Wanke dar, „dafür werden 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche umsonst benötigt. Hinzu kommen 48 Millionen Tonnen unnötig freigesetzte Treibhausgasemissionen“. Das sei angesichts des fortschreitenden Klimawandels nicht zu verantworten. Man wolle bei FUdsharing deshalb nicht nur gerettete Waren weiterverteilen, sondern auch einen „Lern- und Begegnungsort“ für die Thematik schaffen.

Ein studentisches Team entwickelte für den Neuanfang des Fair-Teilers einen Leitfaden mit Kriterien zur Abgabe von Lebensmitteln. Fleisch- und Milchprodukte, Eier und gekochte Speisen etwa sind tabu, da nicht sichergestellt werden kann, ob sie ohne Unterbrechung gekühlt wurden. Unterstützt wurden die Studierenden fachlich durch den Leiter des Instituts für Lebensmittelsicherheit und -hygiene, Professor Thomas Alter und durch die Lebensmittelaufsicht im Bezirk. Die Rechtsabteilung der Universität vertrat das Projekt juristisch. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner „foodsharing e. V.“ führten die FUdsharer Gespräche mit dem Bezirksamt. Schließlich gab dieses grünes Licht: Der Fair-Teiler durfte wiedereröffnen.

Katrin Henße, Politikwissenschaftsstudentin und Gründungsmitglied von FUdsharing, präsentierte bei der Eröffnungsfeier den Fair-Teiler.

Katrin Henße, Politikwissenschaftsstudentin und Gründungsmitglied von FUdsharing, präsentierte bei der Eröffnungsfeier den Fair-Teiler.
Bildquelle: Jennifer Gaschler

Neustart des Fair-Teilers

Für die feierliche Wiedereröffnung veranstalteten die Ehrenamtlichen im Foyer der Silberlaube ein Showkochen mit geretteten Lebensmitteln. Dort fanden zeitgleich die Hochschultage Nachhaltigkeit + Klimaschutz 2019 statt, unter anderem mit einem Kleidertausch, einem stromerzeugenden Fahrrad und einer Expertin für Kosmetik aus dem Küchenschrank: Zimtzahnpasta oder Sonnencreme aus Kastanienmehl. Eingeladen zum Eröffnungsdinner war auch Michael Karnetzki. Der Stellvertretende Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für Ordnung, Nahverkehr und Bürgerdienste von Steglitz-Zehlendorf freute sich, dass sich Bezirksamt und Universität auf Foodsharing-Richtlinien hatten einigen können und die „schöne studentische Initiative“ fortgeführt werden kann.

Der Fair-Teiler ist der erste Foodsharing-Point an einer Berliner Universität und der bisher einzige im Süden der Stadt. Die Beteiligten geben ihre Erfahrungen gerne weiter, betonte Karola Braun-Wanke in ihrer Begrüßung. „Wir möchten dafür sensibilisieren, dass Nahrungsgüter kostbar sind. Deshalb organisieren wir Workshops für alle, die sich mit der Lebensmittelrettung beschäftigen möchten“, fügte Katrin Henße hinzu, auch das Team erhalte regelmäßig Schulungen. Die Politikwissenschaftsstudentin ist Gründungsmitglied des Fair-Teilers. Zwölf Studierende seien derzeit aktiv, erzählte sie und freute sich darüber, dass viele weitere während der SUSTAIN IT!-Aktionswoche Kontakt mit ihnen aufgenommen haben.

Lisa Enigk ist ebenfalls von dem Konzept überzeugt: „Es entsteht unglaublich viel Müll, wenn wir Lebensmittel wegwerfen, nur, weil das Mindesthaltbarkeitsdatum gerade abgelaufen ist“, sagte die BWL-Studentin. „Das ist keine Wertschätzung gegenüber dem Produkt und den Menschen, die es produziert haben.“ Julia Brüggemann, die den Bachelorstudiengang Sprache und Gesellschaft studiert, findet es besonders wichtig, dass es gerade auch an einer Universität einen Foodsharing-Raum gibt: „Dann kann man, wenn man zum Beispiel vor dem Urlaub noch Nahrungsmittel übrig hat, diese in den Fair-Teiler bringen, ohne Umwege in Kauf zu nehmen.“ Genauso einfach sei es, am Ende eines Unitages Waren mitzunehmen. Der Raum KL 24 / 140 befindet sich in zentraler Lage in der Silberlaube direkt bei der Campusbibliothek.

Rund 40 Foodsharer feierten den Neubeginn (stehend: Karola Braun-Wanke, zwei Plätze weiter links: Michael Karnetzki).

Rund 40 Foodsharer feierten den Neubeginn (stehend: Karola Braun-Wanke, zwei Plätze weiter links: Michael Karnetzki).
Bildquelle: Jennifer Gaschler

Showkochen mit geretteten Lebensmitteln

Die Studierenden kooperieren mit der Berliner Initiative foodsharing e.V. und nutzen deren Online-Plattform, um darüber zu informieren, welche Nahrungsmittel gerade im Fair-Teiler vorrätig sind, und um zu erfahren, welche Supermärkte oder Bäckereien Waren verschenken. Zur Wiedereröffnung sind die Regale und der Kühlschrank des kleinen Raumes gut gefüllt, teilweise mit Bioprodukten. Es gibt viel Brot, Salat, verschiedenste Gemüse- und Obstsorten und vegane Aufstriche. Daraus bereiten die 40 Anwesenden einen Fenchel-Möhren-Apfelsalat mit Croutons zu, ein Curry mit Brokkoli, Pilzen und Quinoa sowie ein Schichtglas mit Fruchtmus und karamellisiertem Brötchen-Crumble.

Es sei vom Wassergehalt der Gemüsesorte abhängig, wie lange diese haltbar ist, erklärte währenddessen Hanna Legleitner vom Verein „RESTLOS GLÜCKLICH“, der den Kochnachmittag gemeinsam mit FUdsharing organisiert hat: Bei Paprika oder Tomaten etwa ist bereits eine kleine schwarze Stelle Anzeichen für Schimmel, Wurzelgemüse ist länger gut, selbst wenn die Oberfläche bereits runzlig ist. Brokkoli ist noch genießbar, auch wenn die Röschen leicht gelb sind, hier haben sich nur die Blüten geöffnet. „Generell sollte man sich nicht nur auf den Seh-, sondern auch auf den Geruchssinn verlassen, bei Zwiebeln, Pilzen oder Milchprodukten zum Beispiel.“ Die studierte Kulturwissenschaftlerin plädiert auch dafür, das gesamte Gemüse zu verwenden. So ist etwa auch der Brokkolistrunk essbar, aus Kohlrabiblättern oder Fenchelgrün lassen sich würzige Pestos mixen, und Karotten- oder Kartoffelschalen schmecken gut als frittierte Chips. Beim gemeinsamen Abendessen geben ihr die zufriedenen Blicke der Foodsharer und Gäste recht: Lebensmittel können ein viel schöneres Ende finden, als den Wurf in die Tonne.

Weitere Informationen

Der FUdsharing Fair-Teiler befindet sich in Raum KL 24 / 140 in der Silberlaube, Fabeckstraße 23-25

Öffnungszeiten: Montag 10 bis 16 Uhr, Dienstag 12 bis 18 Uhr, Mittwoch 10 bis 12 und 14 bis 18 Uhr, Donnerstag 12 bis 16 Uhr

Interessierte können sich melden bei: sustain-it@fu-berlin.de

Informationen zu den „Hochschultagen Nachhaltigkeit + Klimaschutz“