Alles, was recht ist
LANGE NACHT DER WISSENSCHAFTEN Unterwegs auf dem Campus Dahlem
Von Sabine Wegner, Igor Sorge
In der Welt der Juristen wimmelt es nur so von Hauptsätzen mit Seiten füllenden Nebensätzen, umständlichen Floskeln und verklausulierten Texten in abgehobener Sprache. Das freundliche Dankschreiben eines Rechtanwalts würde möglicherweise so aussehen: „Bezug nehmend auf das vorgenannte Schreiben möchten wir unseren Dank aussprechen. Die unterfertigten werden in alsbaldiger Erledigung der darin aufgeworfenen interessanten Fragen umgehend auf diese Bezug nehmen, sobald unsererseits die unverzichtbare Rücksprache mit dem derzeit auf einer Reise befindlichen Mandanten gehalten werden konnte.“ In unjuristischem Deutsch würde der Satz einfach lauten: „Vielen Dank für Ihren Brief. Wir beantworten Ihre Fragen, sobald wir mit Herrn Müller darüber gesprochen haben.“
Da es notwendig ist, sich in rechtlichen Angelegenheiten exakt und möglichst eindeutig auszudrücken, hat sich eine ausgeprägte Fachsprache entwickelt: das „Juristendeutsch“. Hat ein Rechtswissenschaftler diese Art der Verständigung erst einmal verinnerlicht, so findet sie leider allzu oft auch dann Anwendung, wenn es darum geht, sich klar und einfach auszudrücken. Der Nichtjurist versteht dann kein Wort und neigt dazu, Juristen als überheblichen Besserwisser zu betrachten.
Bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“ wollen deshalb Rechtswissenschaftler der Freien Universität Berlin den Besuchern ihre Fachsprache ein wenig näher bringen. Dem einen oder anderen Juristen wird dabei wohl auch das Absurde der eigenen Sprachkultur aufgezeigt, wenn vor den Augen des Publikums aus einem juristischen Satz ein verständlicher wird. Für Nichtjuristen lohnt es sich besonders, die Veranstaltung aufmerksam zu verfolgen. Denn zum Schluss findet ein Vokabeltest statt, bei dem es Preise zu gewinnen gibt.
Wer sich nach diesem Sprachkurs fit fühlt, kann gleich weiter üben und in die Rolle eines Richters schlüpfen. Etwa 20 Besucher der „Langen Nacht der Wissenschaften“ können ihr juristisches Bauchgefühl an Beispielfällen aus der zivilrechtlichen, strafrechtlichen und öffentlich- rechtlichen Rechtsprechung überprüfen. In der Veranstaltung „Wie würden Sie entscheiden? Ein Abend als Richter/in“ werden drei Sachverhalte so präsentiert, wie sie aus richterlicher Sicht im Prozess von den Parteien dargelegt würden. Freiwillige aus dem Publikum schlüpfen dann in die Rolle des Richters beziehungsweise der Richterin und entscheiden zwischen verschiedenen möglichen Verfahrensausgängen – mit Hilfe des computergesteuerten Abstimmungssystems „Activote“. Dieses Computerprogramm kommt sonst im Rahmen der examensvorbereitenden Veranstaltungen des Universitätsrepetitoriums zum Einsatz. Anschließend werden das Abstimmungsergebnis ausgewertet und die dem jeweiligen Fall zugrunde liegende Entscheidung juristisch erklärt. Dabei wird den Teilnehmern, die mit Rechtsthemen bislang weniger zu tun hatten, jene juristische Denkweise nahe gebracht, die nicht selten den Unterschied zwischen „Recht haben“ und „Recht bekommen“ ausmacht. Bezug nehmend auf vorgenannte und in diesem Zusammenhang zur Erläuterung gebrachte Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Fakultät des Rechts würden wir uns freuen … Na ja, lassen wir das.
Das Programm des Fachbereichs Rechtswissenschaft findet statt im Hörsaal II, Van’t-Hoff-Straße 8, 14195 Berlin. Veranstaltung: „Recht klar und verständlich“: 18 bis 19 Uhr und 21 bis 22 Uhr. Veranstaltung: „Wie würden Sie entscheiden? Ein Abend als Richter/in“: 19 bis 21 Uhr. Das weitere Programm der Juristen unter: www.fu-berlin.de/veranstaltungen/langenacht/lange_nacht_der_wissenschaften_2007/programm/jura/99/index.html