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Psychische Beschwerden per App ergründen

Studie unter Federführung von Forschenden der Freien Universität zeigt, dass erlernbare psychologische Fähigkeiten eine Rolle bei vielen psychischen Erkrankungen spielen / Veröffentlichung in Journal Translational Psychiatry

Nr. 178/2024 vom 20.09.2024

Eine Forschergruppe der Universitäten Köln, Kassel, München, London, Potsdam unter Federführung der Freien Universität Berlin hat im Rahmen einer Kooperation mit der App MindDoc ein appbasiertes Diagnosesystem für psychische Erkrankungen entwickelt. Die Ergebnisse der unter der Federführung von André Kerber, Prof. Dr. Johannes Ehrenthal, Prof. Dr. Johannes Zimmermann und Prof. Dr. Christine Knaevelsrud zustande gekommenen Studie wurden im Journal Translational Psychiatry veröffentlicht. Es gelang den Forschenden, in Zusammenarbeit mit MindDoc, ein Fragesystem zu entwickeln, das mit einem modernen Ansatz zum Verständnis psychischer Erkrankungen kompatibel ist. In diesem diagnostischen System, der sogenannten hierarchischen Taxonomie der Psychopathologie (HiTOP), erhalten Patientinnen und Patienten ein individuelles Profil zu ihren psychischen Beschwerden. In die Studie flossen anonymisierte Daten von mehr als 27.000 Nutzenden der App MindDoc ein.

„Die Nutzenden werden nicht in eine ‚Diagnose-Schublade‘ gesteckt“, betont André Kerber vom Arbeitsbereich Klinisch-Psychologische Intervention der Freien Universität Berlin. Nutzende der App können bis zu dreimal am Tag Fragen zu psychosozialem Befinden beantworten und bekommen regelmäßige Auswertungen sowie Hinweise auf hilfreiche Übungen und Kurse. Es handelt sich nach Angaben der Forschenden um die weltweit erste Studie, bei der mithilfe von Nutzenden einer Mental-Health-App Hinweise darauf gefunden werden konnten, welche Probleme einem Großteil der psychischen Erkrankungen gemeinsam sein könnten. So spielten Probleme der Regulation, Wahrnehmung und Kommunikation von Gefühlen, Probleme der Identitätsunsicherheit und der Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen sowie ferner Misstrauen und Ängste in Bezug auf enge Beziehungen bei einer Reihe von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depression, Psychose oder Persönlichkeitsstörungen eine zentrale Rolle. Diese psychischen Kompetenzen scheinen in den ersten Lebensjahren durch eine günstige Interaktion zwischen Anlage und Umwelt zu entstehen und sind veränderbar durch psychologische Interventionen wie Psychotherapie oder Mental Health Apps. Von den Ergebnissen der Studie erhofft sich das Team Ansätze für sogenannte transdiagnostische Behandlungen, welche für eine Reihe von psychischen Erkrankungen wirksam sind. Angestrebt wird basierend auf den Ergebnissen ferner eine weitere Erforschung von Wegen der Prävention psychischer Erkrankungen in jungen Familien. (cwe)

Link zur Studie im Open Access

https://www.nature.com/articles/s41398-024-03046-z

Weitere Informationen

André Kerber, Arbeitsbereich Klinisch-Psychologische Intervention, Freie Universität Berlin, E-Mail: andre.kerber@fu-berlin.de