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ERC Consolidator Grant für Prof. Dr. Malte Rosemeyer

Europäischer Forschungsrat fördert Sprachwissenschaftler der Freien Universität Berlin mit fast 2 Millionen Euro

Nr. 278/2023 vom 23.11.2023

Für sein Forschungsprojekt „Experimental replication of historical reanalysis processes“ (EXREAN) erhält Malte Rosemeyer einen ERC Consolidator Grant.

Für sein Forschungsprojekt „Experimental replication of historical reanalysis processes“ (EXREAN) erhält Malte Rosemeyer einen ERC Consolidator Grant.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Der Europäische Forschungsrat (ERC) unterstützt ein neues Forschungsprojekt des Sprachforschers Prof. Dr. Malte Rosemeyer mit einen ERC Consolidator Grant. Für sein auf fünf Jahre angelegtes Forschungsprojekt „Experimental replication of historical reanalysis processes“ (EXREAN) erhält der Wissenschaftler der Freien Universität Berlin über 1,98 Millionen Euro. Das Projekt untersucht Bedeutungswandel in der französischen, spanischen und italienischen Sprache.

Wie kommt es, dass Wörter wie gehen, die ursprünglich konkrete Handlungen beschreiben, in vielen Sprachen die abstrakte grammatische Bedeutung des Futurs erhalten konnten (vgl. Spanisch voy a cantar, Englisch I am going to sing)? Wieso hat dieser Bedeutungswandel in vielen romanischen Sprachen, nicht aber im Deutschen stattgefunden? Und kann man komplexe kognitive und soziale Prozesse wie Bedeutungswandel, die vor Hunderten von Jahren stattgefunden haben, überhaupt sinnvoll untersuchen?

Die historische Sprachwissenschaft nimmt an, dass grammatische Bedeutungen durch sogenannte Reanalyseprozesse entstehen, durch die Sprecher*innen Wörtern neue grammatische Bedeutungen zuweisen. Tatsächlich aber stellt Reanalyse die historische Sprachwissenschaft vor bedeutende methodische Probleme, da Sprachwandel in dieser Disziplin üblicherweise durch den Vergleich des Sprachgebrauchs in früheren und späteren historischen Texten dokumentiert wird. Reanalyse ist jedoch ein Verständnisprozess und als solcher in geschriebenen Texten nicht direkt nachweisbar. Daher geben Analysen des Gebrauchs von Sprache in historischen Texten wenig Auskunft über die Bedingungen, unter denen Reanalyse stattfindet.

EXREAN untersucht die Bedingungen, die zu Reanalyseprozessen führen, mit Hilfe von experimentellen Methoden im Labor. In dem Forschungsprojekt sollen Erkenntnisse der historischen Linguistik, der Psycholinguistik und der Sozialpsychologie zusammengeführt und integriert werden. Konkret wollen Malte Rosemeyer und sein Team der Frage nachgehen, ob Reanalyseprozesse nicht nur als kognitive, sondern vor allem als soziale Prozesse zu verstehen sind. Die Forschenden wollen analysieren, ob bestimmte sprachlichen Kontexte für die Möglichkeit des Bedeutungswandels zentral sind und inwiefern soziale Nähe zwischen den Sprecher*innen diese Wandelprozesse begünstigt. "Die Ergebnisse des Projekts werden auch Rückschlüsse darauf ermöglichen, warum sich die Grammatik von Sprachen überhaupt unterschiedlich entwickelt", erklärt Malte Rosemeyer. EXREAN trägt daher zu aktuellen Bemühungen der Transformation der historischen Sprachwissenschaft von einer deskriptiven zu einer prädiktiven Sprachwissenschaft bei.  

Malte Rosemeyer ist seit 2021 Professor für Romanische Philologie/Sprachwissenschaft des Spanischen an der Freien Universität Berlin. Er promovierte 2013 an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit der Dissertation „Auxiliary Selection in Spanish. Gradience, Gradualness, and Conservation“ und habilitierte sich 2020 mit der Habilitationsschrift „Variation and Change in Ibero-Romance wh-interrogatives“. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf grammatischer Variation und Sprachwandel in heutigen und historischen Varietäten der romanischen Sprachen (insbesondere Spanisch, Portugiesisch und Französisch) unter Anwendung von Konzepten der gebrauchsbasierten Grammatik und der Interaktionslinguistik. Ursprünglich hatte Malte Rosemeyer Romanische Philologie, Anglistik und Geschichte in Köln und Sevilla studiert. Weitere Forschungsaufenthalte führten ihn unter anderem nach Leuven, Barcelona, Madrid, Antwerpen und Rio de Janeiro. (cxm)

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Weiterführende Links

  • Gesamtliste aller ERC-Grants der Freien Universität Berlin

https://www.fu-berlin.de/forschung/kommunikation/preise/erc/index.html

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