Das Dahlem Humanities Center (DHC) der Freien Universität Berlin wurde 2007 im Rahmen der ersten Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gegründet und war damit die erste Einrichtung seiner Art in Deutschland. Ziel war es, der geisteswissenschaftlichen Forschung an der Freien Universität Berlin ein gemeinsames Forum zu geben und diese auch für eine breite und außeruniversitäre Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Zunächst als zeitlich befristete „Focus Area“ eingerichtet, wurde das DHC im November 2019 aufgrund seiner erfolgreichen Arbeit als Einrichtung der Hochschule verstetigt.

Die Festveranstaltung soll jedoch weniger auf die vergangenen 15 Jahre zurückblicken als sich der Zukunft der Geisteswissenschaften widmen, der man durchaus mit Zuversicht entgegensehen kann. Denn die vielbeschworene Rede von ihrer Krise ist so alt wie die Geisteswissenschaften selbst, so argumentieren die beiden Festredner Paul Reitter und Chad Wellmon in ihrem vielbeachteten Buch Permanent Crisis (University of Chicago Press, 2021). Und dies sei keineswegs ein Grund für Pessimismus, denn Krisen setzten auch Potentiale frei. Unter diesem Vorzeichen wollen die beiden Germanisten Perspektiven für die Geisteswissenschaften im 21. Jahrhundert entfalten. Der Präsident der Freien Universität, Prof. Dr. Günter Ziegler, wird die Veranstaltung eröffnen und die Sprecherin des DHC, Prof. Dr. Karin Gludovatz, wird 15 Jahre erfolgreicher Arbeit Revue passieren lassen.

Das DHC versteht sich als interdisziplinäre Plattform, die die deutschlandweit einzigartige Bandbreite geisteswissenschaftlicher Forschung an der Freien Universität bündelt und vernetzt. Das Fächerspektrum reicht von der Alten Welt bis in die Gegenwart, befasst sich mit Regionen weltweit, erforscht materielle Kulturen, alte Sprachen ebenso wie moderne Philologien und Literaturen, beinhaltet Geschichte und Philosophie. Das DHC unterstützt die Entwicklung neuer interdisziplinärer Forschungsinitiativen durch Veranstaltungsformate wie „Forschung im Dialog“, aber auch durch konkrete Expertise in der Antragsvorbereitung. Zuletzt konnte so der Exzellenzcluster 2020 „Temporal Communities: Doing Literature in a Global Perspective“ erfolgreich eingeworben werden.

Neben der inneruniversitären Vernetzung pflegt das DHC intensive Arbeitskontakte mit internationalen Partnereinrichtungen auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften. Aktuell liegt ein Fokus auf der Entwicklung von Arbeitsbeziehungen mit dem subsaharischen Afrika. Konkret begründet wurde zuletzt eine Partnerschaft mit dem Centre for Humanities Research an der University of the Western Cape in Südafrika, die u.a. gemeinsame Veranstaltungen und wechselseitige Gastaufenthalte von Forscherinnen und Forschern beider Einrichtungen vorsieht.

Besonderes Augenmerk gilt der Förderung jüngerer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Mit dem Dahlem Junior Host Program ermöglicht das DHC Forschenden auf Doc- und Postdoc-Niveau den Aufbau internationaler Forschungskontakte durch Workshops und Gasteinladungen. Zugleich fungiert das DHC als Gastinstitution für internationale Stipendiatinnen und Stipendiaten, die mit Förderungen u.a. durch die Alexander von Humboldt-Stiftung nach Berlin kommen.

Große Publikumsveranstaltungen des DHC bringen regelmäßig international renommierte Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftler sowie Autorinnen und Autoren nach Dahlem. In Verbindung mit dem Suhrkamp Verlag findet alle zwei Jahre die Siegfried Unseld Vorlesung statt, in deren Rahmen zuletzt Joanna Bator, Andreas Meier und Ann Cotten sprachen. Die Hegel Lecture, ein alljährlicher Höhepunkt des universitären Lebens, soll im Dezember 2022 erstmals wieder in Präsenz stattfinden. Zu Gast waren bisher u.a. Judith Butler, Homi Bhabha, Hélène Cixous, Armin Nassehi und Seyla Benhabib. Am 1. Dezember 2022 wird der Kunsthistoriker Victor I. Stoichiță (Université de Fribourg) die Hegel-Lecture halten.