Wie umgehen mit archäologischen Funden aus der NS-Zeit?
Wissenschaftler Reinhard Bernbeck von der Freien Universität wird Fellow des National Humanities Center
Nr. 139/2015 vom 26.05.2015
Der Professor für Vorderasiatische Archäologe Reinhard Bernbeck von der Freien Universität Berlin ist zum „William C. and Ida Friday Fellow“ des National Humanities Center (NHC) in North Carolina berufen worden. Das unabhängige Forschungsinstitut unter der Schirmherrschaft der American Academy of Arts and Sciences bietet jährlich renommierten Forscherinnen und Forschern der Geisteswissenschaften aus aller Welt die Möglichkeit, sich im Rahmen eines Fellowship intensiv mit einem wissenschaftlichen Projekt zu beschäftigen. Bernbecks Vorhaben ist, sich ausgehend von seinen Grabungen auf dem Tempelhofer Feld – den Arealen ehemaliger Zwangsarbeitslager der Lufthansa und der Firma Weserflug – mit der Archäologie in Deutschland auseinanderzusetzen, die einen Bezug zur NS-Zeit hat. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwiefern mithilfe materieller Funde auch anonym gebliebene Opfer in die Geschichtsschreibung einbezogen werden können. Außerdem soll thematisiert werden, wie die heutige deutsche Gesellschaft mit der materiellen Allgegenwart von Zeugnissen aus dem Nationalsozialismus umgeht.
Reinhard Bernbeck studierte Vorderasiatische Archäologie, Altorientalistik, Kulturanthropologie und Kunstgeschichte an der Université de Paris I (Sorbonne), der Freien Universität Berlin und der University of Michigan (Ann Arbor, USA). Anschließend lehrte er am Bryn Mawr College und der State University of New York in Binghamton und kehrte 2009 an die Freie Universität zurück. Bernbecks Forschungsschwerpunkte liegen in der späten Vorgeschichte Westasiens und in kulturanthropologischen Dimensionen der Archäologie. Von Sommer 2012 bis zum Volksentscheid zum Tempelhofer Feld leitete er Ausgrabungen auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. Bernbeck ist Mitglied des altertumswissenschaftlichen Exzellenzclusters Topoi, einem gemeinsamen Forschungsverbund von Freier Universität und Humboldt-Universität. Neben seiner akademischen Tätigkeit war er mehrmals an humanitären Missionen im Afghanistan-Konflikt beteiligt.
Reinhard Bernbeck tritt das Fellowship im September 2015 an. Er ist einer von 37 Forscherinnen und Forschern, die das NHC aus 537 Bewerbungen aus geisteswissenschaftlichen Disziplinen wie der Anthropologie, Archäologie, Kunstgeschichte, Literatur-, Kultur-, Musik- Religions- und Geschichtswissenschaft sowie Philosophie ausgewählt hat. Alle Geförderten werden sich im akademischen Jahr 2015/16 im Research Triangle Park in North Carolina ihren Projekten sowie Seminaren, Vorlesungen und Tagungen widmen. Insgesamt vergibt das NHC in diesem 38. Jahr des Programms mehr als 1,4 Millionen Euro an individuellen Forschungsförderungen an die Fellows.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Reinhard Bernbeck, Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-57017, E-Mail: rbernbec@zedat.fu-berlin.de