Im Auftrag des Sultans
Post aus Kalifornien! In Berkeley schlüpft Louis Potthoff in die Rolle eines bruneiischen Delegierten
19.01.2016
Wenn sich die Gelegenheit bietet, genießt Louis Potthoff die Sonne am Strand, wie hier bei einem Ausflug in den Norden Kaliforniens.
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Anzug statt Shorts: Für die Model United Nations hat sich Louis (links) herausgeputzt - formelles Auftreten ist Pflicht.
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Die Vertreter der Länder Iran und USA sind im echten Leben beste Freunde. Während der Diskussionen hat man ihnen das erst am Ende angemerkt.
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Mitte Dezember habe ich hier in Berkeley an einem MUN teilgenommen. MUN steht für Model United Nations, wobei es sich nicht um Modeln, sondern um eine Simulation der Vereinten Nationen für Schüler und Studenten handelt. Bei diesen Simulationen bekommen die Teilnehmer jeweils ein Land und ein Komitee, zum Beispiel den Sicherheits- oder Menschenrechtsrat, zugewiesen, das sie dann vertreten müssen. Das bedeutet, dass sie aus dessen Sicht und mit anderen Teilnehmern desselben Komitees über ein vorab festgelegtes Thema diskutieren müssen.
Am Ende der eintägigen Simulation entscheiden die Organisatoren und Vorsitzenden dieser Komitees, die sogenannten Chairs, welcher Teilnehmer am besten argumentiert hat und zeichnen ihn mit dem „Best Delegate Award“ aus. Diese MUN sind besonders hier in Nordamerika sehr verbreitet. Die meisten der größeren Universitäten des Landes haben eigene MUN-Teams, für die man sich als Student bewerben kann und die als Gruppe an landesweiten Wettkämpfen teilnehmen. Im Internet gibt es, wie eigentlich für so ziemlich alles in den USA, sogar Rankings der jeweiligen MUN-Teams.
Die größte Konferenz an der Westküste...
Berkeley richtet ebenfalls solche MUN aus, jeweils eine kleine Konferenz pro Semester, an der hauptsächlich Studenten der Universität teilnehmen, sowie eine größere Konferenz in San Francisco im Frühlingssemester. Letztere ist derzeit die größte MUN-Konferenz der Westküste.
...und ein vielgefragter Delegierter
Ich habe an der kleineren Konferenz teilgenommen und sollte das südostasiatische Land Brunei, einen kleinen Staat auf der Insel Borneo im Südchinesischen Meer, vertreten. Normalerweise hat Brunei in internationalen Verhandlungen eher geringes Gewicht. In diesem Komitee allerdings ging es speziell um eine Reihe neuer Gesetze, die der bruneiische Sultan in naher Zukunft verabschieden will und die sich sehr stark an einer Auslegung des islamischen Scharia-Rechts orientieren. Der bruneiische Delegierte, meine Wenigkeit, war dementsprechend viel gefragt.
...mit viel Freiheit
Am Ende einigten sich alle Delegierten schließlich auf eine Resolution der Vertreterin Saudi-Arabiens – was wohl auch daran lag, dass die Vertreter Englands und Frankreichs schlichtweg zum Ende kommen wollten. Und dass der Vertreter der USA im echten Leben der beste Freund des iranischen Delegierten ist und sich dementsprechend leicht überzeugen ließ. Den Inhalt der dreiseitigen Resolution könnte man auch in einem Satz zusammenfassen: Brunei kann tun und lassen, was es möchte. Ein voller Erfolg aus Sicht des bruneiischen Gesandten!