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Wenn eine Metropole zur Geisterstadt wird

Vivi Feng beschreibt in ihrer dritten Post aus Schanghai, wie das Coronavirus ihren Alltag bestimmt

18.02.2020

Seit dem Ausbruch des Coronavirus sind die Straßen in Schanghai leer.

Seit dem Ausbruch des Coronavirus sind die Straßen in Schanghai leer.
Bildquelle: Privat

Gerade haben wir uns über das Ende des Semesters, die bestandenen Prüfungen und die bevorstehenden Ferien gefreut, als plötzlich die Coronavirus-Epidemie ausbrach. Anfang Januar gab es zunächst nur vereinzelte Nachrichten über einen in der Stadt Wuhan ausgebrochenen Virus, damals hat wohl noch keiner von uns die Sache wirklich ernst genommen.

Nicht ohne Atemschutzmaske: Vivi Feng (l.) und ihre Schwester in Schanghai. Inzwischen ist Vivi Feng nach Deutschland zurückgekehrt.

Nicht ohne Atemschutzmaske: Vivi Feng (l.) und ihre Schwester in Schanghai. Inzwischen ist Vivi Feng nach Deutschland zurückgekehrt.
Bildquelle: Privat

In den darauffolgenden Wochen wurde das Thema in den Medien jedoch immer präsenter, und wir wurden immer öfter aufgefordert, auf unsere Handhygiene zu achten, Atemschutzmasken zu tragen und große Menschenansammlungen zu meiden.

Auch unsere Professoren an der Fudan-Universität begannen, uns Links zu Internetseiten mit Präventionshinweisen zu senden. Als die Anzahl der infizierten Personen immer weiter anstieg und schließlich angekündigt wurde, dass das Semester nicht, wie üblich, Mitte Februar beginnen würde, sondern auf ein bisher noch unbekanntes Datum verschoben wird, wurde auch mir bewusst, wie ernst die Lage ist.

Reisepläne geändert, Campus geschlossen

Seit Ende Januar war es dann wirklich verrückt. Täglich gab es neue Nachrichten über das Virus oder über Maßnahmen, um dessen Ausbreitung einzudämmen. Fluglinien wie British Airways und Lufthansa strichen alle Flüge von und nach China, und Flüge innerhalb des Landes durften auf einmal kostenlos storniert werden. Das nutzten einige Kommilitonen und ich schließlich, um schweren Herzens unsere Reisepläne in Asien aufzugeben: Wir haben unsere Flüge storniert, manche haben ihre Reise vorzeitig abgebrochen.

Viele meiner Kommilitonen und Freunde entschieden sich, für einige Wochen in ihre Heimatländer zurückzukehren, da das Reisen in Asien momentan zu riskant ist und wir außerdem von unserer Universität aufgefordert worden sind, nicht vor Semesterstart auf den Campus zurückzukehren.

Auch die U-Bahnen sind leer.

Auch die U-Bahnen sind leer.
Bildquelle: Privat

Ich hätte mir nie vorstellen können, eine Metropole wie Schanghai mal so leer und verlassen zu erleben. Natürlich hat das zum einen damit zu tun, dass Ende Januar der größte und wichtigste Feiertag in China begangen wurde, das chinesische Neujahrfest. Traditionell besucht man dann seine Familie, weshalb auch die meisten Menschen, die in Schanghai leben, in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Dass in diesen Tagen fast alle Geschäfte geschlossen sind, ist also normal.

Täglich SMS vom chinesischen Gesundheitsamt

Aber wegen des Virus öffneten die meisten Geschäfte und Unternehmen auch nach den Feiertagen nicht. Folglich gab es praktisch keinen Grund rauszugehen. Wir bekamen fast täglich SMS vom chinesischen Gesundheitsamt, in denen empfohlen wurde, Reisen zu vermeiden, das Bestellen von Waren oder Essen übers Internet einzustellen und vor allem möglichst das Haus nicht zu verlassen.

Zu dieser Zeit habe ich nicht im Wohnheim auf dem Campus gewohnt, sondern bei meiner Schwester, die schon seit einem Jahr in Schanghai arbeitet und lebt. Wir sind dann trotzdem einmal pro Tag aus dem Haus gegangen, entweder um einzukaufen oder einfach nur, um an die frische Luft zu kommen. Dabei haben wir natürlich immer Atemschutzmasken getragen, auch wenn das angesichts der komplett leeren Straßen wahrscheinlich gar nicht notwendig gewesen wäre. Wenn uns dann doch mal jemand begegnet ist, trugen diese Personen natürlich auch Masken.

In den Supermärkten sind immer wieder auch Regale leergekauft.

In den Supermärkten sind immer wieder auch Regale leergekauft.
Bildquelle: Privat

Am Eingang zum Supermarkt oder zur Shopping Mall wurde mit einem Infrarot-Thermometer die Körpertemperatur gemessen. Im Supermarkt war dann schon ein bisschen mehr los als auf den Straßen, und manchmal waren die Regale schon leer gekauft.

Den ganzen Tag nur im Haus zu hocken, bei jedem Rausgehen eine Maske tragen zu müssen und so gut wie nichts in der Stadt unternehmen zu können, führte dazu, dass ich mich schließlich entschieden habe, für ein paar Wochen nach Deutschland zurückzukehren.

Kein Zugang mehr zum Wohnheim

Mein Rückflug war schnell umgebucht, aber an meine Sachen im Wohnheim zu kommen, stellte sich als Problem heraus. Ich wurde nämlich gar nicht ins Wohnheim gelassen, da mein Name nicht auf einer bestimmten Liste stand. Anscheinend war genau an diesem Tag beschlossen worden, dass niemand, der in den vergangenen Wochen das Wohnheim für mehrere Tage verlassen hat und somit ein erhöhtes Risiko besitzt, infiziert zu sein, mehr Zutritt zu den Gebäuden hat. Glücklicherweise war eine Freundin noch im Wohnheim und konnte mit meiner Schlüsselkarte in mein Zimmer gehen und meine Koffer packen.

Hoffnung auf baldige Rückkehr nach China

Nach einem elfstündigen Flug, auf dem tatsächlich alle Passagiere Atemschutzmasken trugen, bin ich nun wieder zu Hause in Deutschland. Momentan ist China in einer kompletten Ausnahmesituation, und es ist verrückt, das alles so nah mitzuerleben. Ich habe größten Respekt vor den Ärzten, die die Feiertage nicht mit ihrer Familie verbringen konnten, sondern Tag und Nacht durcharbeiten, um sich um die Kranken zu kümmern.

Ich hoffe, dass durch die getroffenen Quarantäne-Maßnahmen und die Hilfe der anderen Länder die weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindert werden kann und wir bald zum Studieren nach China zurückkehren können.

Weitere Informationen

Vivi Feng schickt uns „Post aus …Schanghai“! Sie ist eine von elf Autorinnen und Autoren, die von ihren Auslandsstudienaufenthalten für campus.leben berichten. Hier finden Sie ihre Artikel und hier auf Englisch.