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Hybrid or not hybrid?

Pandemie, Digitalisierung, Internationalisierung: Sprachenzentren von neun Hochschulen aus Berlin und Brandenburg haben sich an der Freien Universität über Trends und Herausforderungen ausgetauscht

20.07.2022

Zahlreiche Mitarbeitende der Technischen Universität Berlin, der Humboldt-Universität, der Freien Universität, der HWR Berlin, der HTW Berlin, der Universität Potsdam und der Viadrina Frankfurt waren beim Netzwerktreffen der Sprachenzentren.

Zahlreiche Mitarbeitende der Technischen Universität Berlin, der Humboldt-Universität, der Freien Universität, der HWR Berlin, der HTW Berlin, der Universität Potsdam und der Viadrina Frankfurt waren beim Netzwerktreffen der Sprachenzentren.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Polnisch oder Portugiesisch, Japanisch oder Arabisch? Zwischen 2500 und 3000 Studierende besuchen jedes Semester die Sprachkurse am Sprachenzentrum der Freien Universität Berlin. Die Zentraleinrichtung ist zuständig dafür, dass Bachelor- und Masterstudierende Sprachkenntnisse erwerben oder ausbauen können, entweder als sprachpraktischen Teil ihres Studiums oder im Bereich der Allgemeinen Berufsvorbereitung. Auch Kurse für Deutsch als Fremdsprache und Sprachkurse für Erasmus-Studierende gehören zum Angebot. Im Selbstlernzentrum können Studierende außerhalb von Kursen ihre Fähigkeiten vertiefen und im Rahmen von Sprachtandems oder Konversationskreisen trainieren.

Sprachzentren gibt es an fast jeder Hochschule – und so liegt es nahe, Netzwerke zu bilden, um Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen. Das tun die Beschäftigten von neun Hochschulen in Berlin und Brandenburg seit einigen Jahren regelmäßig. Anfang Juli fand das erste Treffen nach zweijähriger pandemiebedingter Pause statt. Campus.leben sprach mit Tanja Laffan, die am Sprachenzentrum im Bereich Deutsch als Fremdsprache arbeitet und unterrichtet und an dem Netzwerktreffen teilgenommen hat.

Tanja Laffan unterrichtet Deutsch als Fremdsprache am Sprachenzentrum der Freien Universität.

Tanja Laffan unterrichtet Deutsch als Fremdsprache am Sprachenzentrum der Freien Universität.
Bildquelle: Privat

Frau Laffan, was beschäftigt die Sprachenzentren der Hochschulen im Moment? 

Die Zentren sind zwar von der Größe, der Ausstattung und ihren Aufgaben sehr unterschiedlich, stehen aber letztlich vor ähnlichen Herausforderungen. Ein zentrales Thema ist natürlich die Digitalisierung. Welche Lehren ziehen wir aus der Corona-Zeit? Welche digitalen Formate wollen wir beibehalten, welche nicht? Wir haben uns darüber ausgetauscht, was technisch und didaktisch sinnvoll ist.

Zu welchen Ergebnissen sind Sie gekommen? 

Einige Sprachenzentren bieten weiter Onlinekurse oder Hybridformate an, obwohl derzeit keine pandemiebedingten Einschränkungen gelten. Das machen wir an der Freien Universität nicht. Viele Studierende wünschen sich zwar weiterhin Onlinekurse, etwa weil sie auf die Anfahrtswege verzichten wollen, noch nicht nach Berlin kommen können oder diese Lernform einfach gut finden. Es gibt jedoch gute Argumente, die für den Präsenz-Unterricht sprechen: Online-Unterricht – vor allem in hybrider Form – ist eine zusätzliche Belastung für die Lehrkräfte. Und methodische Überlegungen der Sprachdidaktik sprechen aus meiner Sicht klar für Präsenz. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, Präsenzkurse durchzuführen, solange sie möglich sind. 

Für das begleitende selbstständige Lernen sind digitale Formen jedoch hervorragend geeignet. Diesen Bereich wollen die meisten Sprachenzentren weiter ausbauen. Im Selbstlernzentrum testen wir in einem Workshop beispielsweise die App Sylby, mit der Deutschlernende ihre Aussprache individuell trainieren können. Die App wurde von einer Ausgründung der Freien Universität entwickelt. Ein Teilnehmer aus meinem Kurs möchte sie ausprobieren, und ich bin gespannt, was er berichten wird. 

Sind Sprachkenntnisse überhaupt noch wichtig, wo es doch immer bessere Übersetzungsprogramme gibt? 

Damit müssen wir uns beschäftigen: Was können diese Programme, und was können sie nicht? Welche Kompetenzen braucht man, um in einer Sprache erfolgreich zu studieren, und was kann man einer Übersetzungssoftware überlassen? Darauf haben wir noch keine klare Antwort. Ich bin mir aber sicher, dass sie diskursiven Sprachunterricht nicht ersetzen, sondern ergänzen wird. 

Welchen Themen standen außerdem auf der Tagesordnung? 

Es ging auch um die Selbstlernzentren und Mediotheken, ihre Aufgaben, Ausstattung und Ressourcen. Es ist spannend mitzuerleben, wie sich ihre Rolle gewandelt hat: Früher haben sie hauptsächlich Lernmaterial zur Verfügung gestellt. Das gilt natürlich noch immer, läuft aber zum großen Teil online. Zu ihren neuen Aufgaben gehört es, einen Lernort zu schaffen, wo man gemeinsam lernen kann, wo es Begegnungen in der Zielsprache gibt, ebenso wie eine gute Beratung und Anleitung zum selbstständigen Lernen. Ich glaube, in diesem Bereich sind wir an der Freien Universität sehr gut aufgestellt. 

Ein weiteres Thema war die Rolle der Sprachenzentren bei der Internationalisierung der Hochschulen. Wie machen wir unsere Arbeit sichtbar? Inwieweit können wir unsere Aufgaben selbst bestimmen, inwieweit unterliegen wir institutionellen Zwängen? Welche Kapazitäten haben wir, welche Mittel, Stellen, Räume stehen uns zur Verfügung? Die Nachfrage nach Sprachkursen wächst, im Moment können wir keineswegs alle Anfragen erfüllen und müssen priorisieren. Wer Kurse im Rahmen des Studiums absolviert, hat etwa Priorität gegenüber einer auf Englisch Promovierenden, die aus Interesse einen Deutschkurs belegen möchte. Eigentlich ist beides wichtig, aber unsere Kapazitäten sind begrenzt.

Könnten Interessierte nicht auf externe Sprachkurs-Anbieter ausweichen? 

Das ist möglich, doch in Bezug auf die akademische Sprachausbildung haben die Sprachenzentren eine Alleinstellung. Die Lerninhalte sind an die Anforderungen eines Studiums und den akademischen Kontext angepasst. Das zeigt sich in den Qualifikationszielen ebenso wie in Textformaten, Themenstellungen und Lernszenarien. Sprachenzentren vermitteln auch landesspezifische akademische Kultur, Kompetenzen im wissenschaftlichen Schreiben und Kenntnisse in Fachsprachen. Das können nicht-universitäre Sprachinstitute nicht leisten. 

Außerdem bieten wir alle semesterbegleitenden Kurse kostenlos an, nur die semestervorbereitenden Kurse sind gebührenpflichtig. Die Teilnehmenden lernen meist in kleinen Gruppen auf dem Campus, können parallel die Angebote des Selbstlernzentrums nutzen und sich mit anderen Studierenden vernetzen: Alles gute Argumente, die uns regen Zulauf bescheren. 

Weitere Informationen

Wer für einen Auslandsaufenthalt noch schnell ein paar Sätze in einer Fremdsprache lernen oder Kenntnisse auffrischen möchte, findet zahlreiche Ressourcen im Selbstlernzentrum, vor Ort in der Rostlaube ebenso wie auf der Webseite des Sprachenzentrums.