Mit Erasmus für Europa
Studierende an der Freien Universität aus Europa und aller Welt tauschten sich bei einem Empfang über Erasmus und die bevorstehende Europawahl aus
24.05.2019
Anastasiia Sheremet ist mit Erasmus+ aus der Ukraine nach Berlin gekommen. In ihrer Heimat sehe man die Europäische Union als Referenz.
Bildquelle: Raphael Rönn
Helles Gläserklingen unterbricht das Stimmengewirr im Foyer des Studierenden Service Center an diesem Mittwochnachmittag. Der Präsident der Freien Universität, Professor Günter M. Ziegler, richtet ein kurzes Grußwort an die rund 30 Studierenden, die sich in der Dahlemer Iltisstraße eingefunden haben, um bei einem Glas Sekt oder Saft über Europa, Erasmus und die bevorstehende Wahl zu plaudern. Angesichts der politischen Turbulenzen, die der Kontinent derzeit erlebe, sei es wichtig, das Stimmrecht zu nutzen, sagt der Universitätspräsident: „Wenn Sie die Möglichkeit haben zu wählen, dann möchte ich Sie auffordern: Gehen Sie zur Wahl. Für unsere Universität ist es essenziell, offen, europäisch und international zu sein. “
Auf einem Tisch ausgebreitet liegen Broschüren, die über die Europäische Union informieren. An Stehtischen tauschen sich Studierende über ihre Erfahrungen und Pläne mit Erasmus aus – das Förderprogramm der Europäischen Union, das seit mehr als 30 Jahren die Mobilität von Studierenden unterstützt.
Phaedonas Anastasopoulos hat über Erasmus+ ein Jahr an der Universität in Athen verbracht.
Bildquelle: Raphael Rönn
So etwa Phaedonas Anastasopoulos, der im Master Geschichte an der Freien Universität studiert: „Ich habe ein Erasmus-Jahr in Athen verbracht, was ich toll fand. Für mich bedeutet Europa die Möglichkeit, aus einem früheren problematischen Kontinent eine bessere Welt zu schaffen, auf politischer und auf sozialer Ebene. Um die Völker zusammenzubringen und über den alten Nationalitätsgedanken hinwegzukommen."
Studierende aus anderen Ländern bereichern die Freie Universität
Den Gedanken der Völkerverständigung unterstützt auch Gesa Heym-Halayqa, die die Veranstaltung im Studierenden Service Center organisiert hat: „Europa ist wichtig für die Freie Universität, weil es eine unglaubliche Vielfalt auf dem Campus schafft“, sagt die Erasmus-Hochschulkoordinatorin.
Gesa Heym-Halayqa ist Erasmus-Hochschulkoordinatorin an der Freien Universität.
Bildquelle: Leon Holly
„Viele unserer internationalen Studierenden kommen aus europäischen Ländern, sie bereichern die Diskussionen und das Studium an der Freien Universität.“ Das Erasmus-Programm schaffe zudem Möglichkeiten für deutsche Studierende, Europa kennenzulernen und neue akademische und kulturelle Erfahrungen zu machen.
Der Zusammenhalt der Europäischen Union als Referenz
Obwohl die Ukraine selbst kein EU-Mitgliedsland ist, ist Anastasiia Sheremet über Erasmus+, wie das Mobilitätsprogramm inzwischen heißt, nach Berlin gekommen. Zuvor hat sie Business Administration in Odessa studiert. „Europa ist ein fantastischer Kontinent mit fantastischen Menschen“, schwärmt sie. In ihrer Heimat werde die Europäische Union oft als Referenz herangezogen: „Wir sagen immer, dass die Ukraine genauso demokratisch, tolerant und weltoffen sein sollte wie Europa. Es ist eine großartige Errungenschaft der Europäischen Union, dass sie so eng zusammengewachsen ist.“
Bedrohung von liberalen Ordnungen wird im Exzellenzcluster SCRIPTS erforscht
Die kommende Wahl sei umso wichtiger, wenn man auf die aktuellen politischen Verwerfungen blicke, sowohl in Europa als auch global, sagte der Universitätspräsident im Gespräch mit campus.leben am Rande der Veranstaltung: „Die liberale Demokratie wird zunehmend in Frage gestellt, die europäische Idee ist unter Beschuss geraten. Unser Selbstverständnis an der Freien Universität muss es sein, sich dagegenzustellen.“
Auch deshalb untersucht der im Rahmen der Exzellenzstrategie geförderte Exzellenzcluster „Contestations of the Liberal Script“ (SCRIPTS), in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freien Universität mit Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland erforschen, wie die liberalen Demokratien derart in Gefahr geraten konnten. „Das ist intellektuell hochinteressant“, sagte Günter M. Ziegler und fügte hinzu: „Aber wir können natürlich das Intellektuelle nicht abtrennen von dem, was uns persönlich bewegt und was politisch um uns herum passiert.“
Europa noch attraktiver machen
Phaedonas Anastasopoulos möchte auf jeden Fall bei der Europawahl abstimmen. Könnte er etwas an Europa verändern, würde er die Solidarität der Menschen stärken und durch soziale Maßnahmen eine größere Identifikation mit der EU schaffen: „Der Reichtum sollte gerechter verteilt werden und alle sollten die gleichen Chancen haben. Das würde Europa noch attraktiver machen.“