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Vom (fehlenden) Sommer, von Märchen und Mahren

Der Literaturwissenschaftler Martin von Koppenfels hielt beim Peter-Szondi-Sommerfest den Gastvortrag: zu Angst und Trauer in Träumen und Erzählungen

29.07.2015

Nach dem Vortrag über Mär und Mahr ließ sich der Sommer doch noch erahnen.

Nach dem Vortrag über Mär und Mahr ließ sich der Sommer doch noch erahnen.

Martin von Koppenfels kennt das Peter-Szondi-Institut aus seiner zehnjährigen Tätigkeit dort zwischen 1997 bis 2007. Seit 2010 lehrt er an der LMU München.

Martin von Koppenfels kennt das Peter-Szondi-Institut aus seiner zehnjährigen Tätigkeit dort zwischen 1997 bis 2007. Seit 2010 lehrt er an der LMU München.

Wetterunabhängig: Nach dem Gastvortrag des Literaturwissenschaftlers Martin von Koppenfels war das Büffet Treffpunkt und bot Gelegenheit für Gespräche und Austausch.

Wetterunabhängig: Nach dem Gastvortrag des Literaturwissenschaftlers Martin von Koppenfels war das Büffet Treffpunkt und bot Gelegenheit für Gespräche und Austausch.

„Je näher der heutige Termin rückte, desto peinvoller wurde mir bewusst, wie unpassend mein Thema für den heutigen Anlass eigentlich ist“, räumte Martin von Koppenfels zu Beginn seines Vortrags ein. Er gestand: „Es ist weder sommerlich noch festlich.“ Doch weder das wenig sommerliche Wetter – das seinerseits mittlerweile Tradition hat – noch das Thema des Gastvortrags „Mär und Mahr. Eine Fallstudie zur Beziehung zwischen Alptraum und Märchen“ konnten die fröhliche Stimmung trüben. Zum Semesterausklang hatte die Alumni-Vereinigung des Peter-Szondi-Instituts für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (AVL) auch in diesem Jahr wieder ein Sommerfest organisiert.

Dass sich der Literaturwissenschaftler für seine „gruseligen Themen“ meint entschuldigen zu müssen, käme in letzter Zeit immer öfter vor, sagte von Koppenfels. Allerdings lägen dort seine spezifischen Interessen. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen in der Erzählforschung, Emotionstheorie und Psychoanalyse sowie an den Schnittflächen dieser drei Felder.

In seinem Vortrag mit dem Titel „Mär und Mahr. Eine Fallstudie zur Beziehung zwischen Alptraum und Märchen“ thematisierte von Koppenfels die Spuren eines unheimlichen Märchens in einem berühmten Traumbeispiel Sigmund Freuds. Dabei erörterte er die Frage, wie Angst und Trauer in Träumen und Erzählungen verarbeitet werden – und ob beide Verarbeitungsprozesse etwas miteinander zu tun haben.

So zeigte von Koppenfels beginnend mit dem Traum vom brennenden Kind – das meistzitierte Beispiel aus Freuds Traumdeutung – über Walter Benjamins Essay „Der Erzähler“ bis hin zur Erzählung „Das Totenhemdchen“ der Gebrüder Grimm die Verbindung zwischen freudscher Traumdeutung und Märchen auf. Ein Märchen sei eigentlich wie ein Traumbild: ohne Zusammenhang, ein Ensemble wunderbarer Begebenheiten, so Koppenfels.

Rückkehr nach Berlin

Der gebürtige Münchner war von 1997 bis 2007 am Peter-Szondi-Institut der Freien Universität tätig, zuletzt als Leiter der Nachwuchsgruppe „Rhetorik der Immunität“. Von 2007 bis 2010 wirkte er als Professor an der Universität Bielefeld. Zudem war er von 2004 bis 2009 Mitglied der Jungen Akademie und wurde 2009 in die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften berufen. Seit 2010 lehrt von Koppenfels am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der LMU München.

Es ziehe die Berliner Münchner jedoch immer wieder nach Berlin zurück, sagte Professor Georg Witte, Geschäftsführender Direktor des Peter-Szondi-Instituts. Und nicht nur zur Peter-Szondi-Lecture: Von September an wird Martin von Koppenfels Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin sein. Bereits seit seiner Dissertation über Rituale der Trauer in der Lyrik Federico García Lorcas verbinde der Literaturwissenschaftler psychoanalytische, anthropologische und poetologische Fragestellungen mit sehr genauen Textlektüren, so Witte. „Sein heutiger Vortrag steht im Zusammenhang mit seinem 2013 von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) geförderten Projekt ‚Philologie durch Psychoanalyse an den Rändern der Sprache’.“

Mit seiner Vermutung, dass sich die Zuhörer von seiner Themenwahl nicht das anschließende Sommerfest verderben lassen würden, behielt von Koppenfels recht. Zwar musste die Feier wegen des wechselhaften Wetters nach drinnen verlegt werden, doch ließen das reichhaltige Buffet und die gemütliche Atmosphäre keine trüben Gedanken aufkommen – und gegen Ende konnten einige Gespräche doch noch im Innenhof fortgeführt werden.