Ab dem 1. Januar 2011 gilt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Freien Universität der TV-L FU – was bedeutet das?
Ein Gespräch mit Frank Rosendahl, Leiter der Abteilung I, und Günther Hauer, Referatsleiter I B, zur Überleitung des BAT in den TV-L
24.11.2010
Rund 4160 Beschäftigte der Freien Universität sind von der Überleitung des BAT in den TV-L betroffen. Was aber ändert sich, wenn ab dem 1. Januar 2011 der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) gilt? Campus.leben sprach mit Frank Rosendahl und Günther Hauer, die gemeinsam mit 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern seit dem Frühjahr die Überleitung vorbereitet haben.
Frank Rosendahl: Dafür müssen wir ein wenig zurückblicken: Am 30. Juni 1994 war das Land Berlin wegen eines Verstoßes gegen Grundsätze der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgeschlossen worden. Der Anlass hierfür war die schrittweise Anhebung der Bezüge im Tarifkreis Ost auf 100 Prozent des Westniveaus bis zum Jahr 1996.
Die neuen Tarifentwicklungen, die die Angestellten nach Inkrafttreten des TV-L im Jahr 2006 bundesweit mitbekommen haben, hat Berlin deswegen gar nicht mitgenommen. Im Land Berlin galt weiterhin der alte BAT. Für die Freie Universität und die anderen Hochschulen Berlins galt dann seit 2003 ein sogenannter Anwendungstarifvertrag auf der Grundlage des BAT. Nachdem dieser zum 31. Dezember 2009 ausgelaufen ist, tritt nach intensiven Verhandlungen mit den Gewerkschaften zum 1. Januar 2011 der TV-L Freie Universität (TV-L FU) in Kraft.
Günther Hauer: Der BAT ist ein altes Tarifwerk und mit vielen Einzelregelungen überfrachtet. Der TV-L hat zwar ähnliche Elemente wie der BAT, ist aber schlanker und kürzer.
Bekommt mit der Tarifüberleitung jeder Beschäftigte automatisch einen neuen Vertrag?
Rosendahl: Nein, nur die Mitarbeiter, die neu eingestellt werden.
Was wird sich mit der Überleitung konkret ändern?
Hauer: Es wird keinen Unterschied mehr geben zwischen Angestellten und Lohnempfängern, sondern nur noch eine Gruppe: die der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Als zweites fallen die Lebensaltersstufen weg, in die jeder Beschäftigte der Freien Universität im Rahmen des BAT eingestuft war. Stattdessen wird es Erfahrungs-und Entwicklungsstufen geben. Die Einstufung in eine Erfahrungsstufe richtet sich nach der einschlägigen Berufserfahrung eines Beschäftigten.
Wie findet die Einstufung in die neue Entgeltgruppe statt?
Hauer: Wir nehmen das im Dezember 2010 erreichte Entgelt als Grundlage und schauen uns bei jedem Einzelnen an: In welche BAT-Vergütungsgruppe ist sie oder er eingestuft, welche Lebensaltersstufe ist erreicht, welche familienstandsbezogenen Leistungen wurden bezogen etc. Dieser Betrag x wird als Vergleichsentgelt herangezogen, um das Entgelt für den TV-L festzulegen. Unser Mitarbeiter-Team ist hierfür anhand von zahlreichen Fallbeispielen geschult worden.
Bleibt es bei der einmaligen Einstufung oder verändert sich das Gehalt?
Hauer: Die Angestellten werden einer ihrem Vergleichsentgelt entsprechenden individuellen Zwischenstufe ihrer Entgeltgruppe zugeordnet, von wenigen Ausnahmen abgesehen, mindestens der Stufe 2. Zum 1. Januar 2012 steigen die Angestellten in die betragsmäßig nächsthöhere reguläre Stufe ihrer Entgeltgruppe auf.
Sind Gehaltserhöhungen vorgesehen, ähnlich wie es sie mit der automatischen Anpassung an die Lebensaltersstufen im BAT gab?
Hauer: Im TV-L findet die erste Stufensteigerung in die Stufe 2 nach einem Jahr statt, in Stufe 3 nach 2 Jahren, in Stufe 4 nach 3 Jahren, Stufe 5 nach 4, bis hin zur Entgeltgruppe 8 in die Stufe 6 nach 5 Jahren .
Gibt es andere Möglichkeiten, in eine höhere Entgeltgruppe eingestuft zu werden? Etwa durch Weiterbildung?
Hauer: Nein, Leistungsanreize oder ein Belohnungssystem sind im TV-L nicht vorgesehen.
Was ändert sich noch?
Rosendahl: Ab dem 1. August 2011 erhöht sich neben der Wochenarbeitszeit auf 39 Stunden auch die Entgelthöhe durch eine Tarifsteigerung.
Woran liegt das?
Rosendahl: An der deckungsgleichen Übernahme des Berliner Tarifabschlusses. Das bedeutet, dass ab dem 1. August 2011 das Einkommensniveau steigt: vom derzeitigen Tarifniveau von etwa 94 Prozent auf 97 Prozent der Einkommen des TV-L. Außerdem werden die allgemeinen Tariferhöhungen, die für die Beschäftigten der Länder voraussichtlich für den Herbst 2011 vereinbart werden, auf die Beschäftigten der Hochschulen übertragen.
Sieht der TV-L Sonderzuwendungen vor, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld?
Hauer: Es wird eine Jahressonderzahlung geben, jeweils im November eines Jahres. Die Höhe bemisst sich an der Entgeltgruppe des Einzelnen und beläuft sich im Tarifgebiet West auf einen Prozentsatz des jeweiligen Monatsbruttogehalts, der zwischen 95 und 35 Prozent liegt.
Wann erfahren die Mitarbeiter, in welche Entgeltgruppe sie eingestuft wurden?
Hauer: Jetzt, nach dem der Vertrag paraphiert ist, werden wir die Beschäftigten möglichst schnell informieren. Auf der letzten Personalversammlung ist schon ausführlich berichtet worden. Jeder Beschäftigte wird persönlich ein Überleitungsschreiben erhalten, in dem alle relevanten Informationen enthalten sind
Wie werden neue Mitarbeiter eingestuft?
Rosendahl: Hier sind wir auf die Unterstützung durch die Fachbereiche und Einrichtungen angewiesen. Die einzelnen Bereiche sichten die Bewerbungsunterlagen und prüfen, ob eine einschlägige Berufserfahrung für das zu besetzende Aufgabengebiet vorliegt. Dies wird dann von der Abteilung I geprüft und festgelegt und dem Personalrat zur Mitbestimmung vorgelegt.
Dann mussten auch die für das Personal verantwortlichen Mitarbeiter in den Fachbereichen geschult werden.
Rosendahl: Ja, das ist schon passiert. Bei Bedarf bieten wir aber noch Nachschulungen an.
Was können Mitarbeiter machen, die konkrete Fragen zur Überleitung ihres Vertrages haben?
Hauer: Sie können sich jederzeit an uns oder ihren jeweiligen Sachbearbeiter in der Personalabteilung wenden.
Weitere Informationen
Der TV-L ist am 22. November 2010 paraphiert worden und gilt bis 2017, dann hat Berlin das Niveau des Bundesgebietes erreicht. |