„Die Forschungszusammenarbeit mit São Paulo hat großes Potenzial“
25. und 26. März: FAPESP Week an der Freien Universität Berlin / Interview mit Professor Sérgio Costa, Nora Jacobs und Christian Lazar zur Kooperation mit dem Bundesstaat São Paulo
24.03.2025
Im Rahmen der FAPESP Week Germany diskutieren am 25. und 26. März 2025 Forschende aus dem brasilianischen Bundesstaat São Paulo und Deutschland an der Freien Universität Berlin aktuelle Forschungsfragen und Kooperationsmöglichkeiten. Eröffnet wird die Konferenz vom Präsidenten der Freien Universität Berlin und Sprecher der Berlin University Alliance, Professor Günter M. Ziegler. Warum die Forschungszusammenarbeit mit FAPESP, der Forschungsförderorganisation des brasilianischen Bundesstaates São Paulo, große Chancen bietet, erläutern Professor Sérgio Costa vom Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin, Christian Lazar, Leiter des Verbindungsbüros der FU in São Paulo, und Nora Jacobs, Referentin für Strategische Partnerschaften und Netzwerke in der Abteilung Internationales der Freien Universität. Forschende, die Kontakte knüpfen und Kooperationschancen nutzen möchte, können sich zur FAPESP Week anmelden.
Wofür steht FAPESP?
Sérgio Costa: Wie Deutschland verfügt Brasilien über ein mehrstufiges Forschungsfördersystem auf Bundes- und Länderebene. FAPESP ist die Forschungsförderorganisation des Bundesstaats São Paulo, des größten und wirtschaftsstärksten Bundesstaates in Brasilien. Der Bundesstaat São Paulo hat nahezu die Einwohnerzahl von Spanien, an den dortigen Hochschulen lernen zwei Millionen Studierende. Das Jahresbudget der FAPESP speist sich aus 1% der jährlichen Steuereinnahmen des Bundesstaates. Im Jahr 2024 betrug dieses etwa 500 Millionen Euro. Das übersteigt die Forschungsbudgets der meisten Länder in Lateinamerika.
Und es gibt noch eine Besonderheit: Das Budget von FAPESP ist in der Landesverfassung vom Staat São Paulo verankert. Das macht FAPESP zu einem sehr verlässlichen Kooperationspartner auch in Zeiten wissenschaftsfeindlicher Politik, wie sie Brasilien beispielsweise unter dem früheren Präsidenten Jair Bolsonaro erlebt hat.
Wie knüpft die FAPESP Week hier an?
Christian Lazar: Die FAPESP Week vernetzt Forschende aus dem lebendigen Forschungsraum São Paulo mit Forschenden in Deutschland. Hierbei ist die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) als offizielle Veranstaltungspartnerin federführend an der Gestaltung des Programms beteiligt. Wichtig zu wissen: die FAPESP bietet vielfältige Förderformate an – von großen Projekten wie Exzellenzclustern, Graduiertenkollegs und Sonderforschungsbereichen bis hin zu Individualförderungen. Bei der FAPESP Week können Kontakte geknüpft und Kooperationen zwischen Forschenden der Freien Universität und den Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance sowie aus São Paulo angebahnt werden.
In den nächsten Wochen wird die Freie Universität erneut einen Call für Seed Funding mit der FAPESP ausschreiben. Dieser wird sich an Forschende ab der Postdoc-Phase richten, aber auch Doktorand*innen können innerhalb geförderter Projekte in Brasilien forschen. Mit der FAPESP Week festigen die Freie Universität Berlin und die Verbundpartnerinnen in der Berlin University Alliance die internationale wissenschaftliche Kooperation mit Brasilien, einem verlässlichen Partner auch in Krisenzeiten.
In welchen Bereichen bietet FAPESP Kooperationspotenziale?
Nora Jacobs: Die Forschungszusammenarbeit mit São Paulo hat großes Potenzial, nicht nur in naheliegenden Bereichen wie der Tropenmedizin. Der Bundesstaat São Paulo verfügt in allen Forschungsbereichen über hervorragende Infrastrukturen, darunter etwa ein Teilchenbeschleuniger. Deshalb nehmen auch Berliner Forschende aus verschiedenen Bereichen an der FAPESP Week teil, etwa Professor Jens Eisert vom Dahlem Center for Complex Quantum Systems. Und wir freuen uns sehr, dass der Präsident der Freien Universität Berlin, Günter M. Ziegler, die FAPESP Week eröffnet.
Stark vertreten sind auch die Geistes- und Sozialwissenschaften. Gerade für diese Bereiche hat die FAPESP bereits signalisiert, dass durchaus Spielraum für zusätzliche Projektförderungen besteht.
An welche Forschenden richtet sich die FAPESP Week, und wie können sich Interessierte noch anmelden?
Nora Jacobs: Alle Forschenden sowohl von der Freien Universität Berlin und den Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance als auch deutschlandweit sind eingeladen, dazu zu kommen. Die Online-Anmeldung ist inzwischen geschlossen, Interessierte sind aber herzlich eingeladen, vorbeizukommen und sich vor Ort anzumelden.
Als internationale Netzwerkuniversität unterhält die Freie Universität Berlin weltweit Verbindungsbüros – auch in São Paulo. Wie hilfreich ist das für ein Projekt wie die FAPESP Week?
Sérgio Costa ist Professor für Soziologie am Lateinamerika-Institut der Freien Universität
Bildquelle: Bernd Wannenmacher
Sérgio Costa: Ohne Netzwerkarbeit vor Ort wäre eine umfassende Zusammenarbeit, wie gerade zwischen der FAPESP und der FU Berlin, kaum möglich. Das Verbindungsbüro leistet außerdem wertvolle Arbeit in der Beratung brasilianischer Forschender, die mit deutschen Partnern kooperieren wollen und umgekehrt. Es ergänzt und unterstützt Netzwerke, wie sie sich etwa rund um das Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin gebildet haben.
Viele Projekte, die aus der Netzwerkarbeit des Verbindungsbüros entstanden sind, konnten in der Folge Förderungen von Organisationen, wie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft, einwerben. Mecila ist hier ein Beispiel, die Forschungsgruppe Collaborations ein anderes. Dort erforschen Wissenschaftler*innen in einem Teilprojekt, wie sich neue politische Allianzen zwischen sozialen Bewegungen, die unterschiedliche Interessen verfolgen, wie etwa antirassistische, Frauen-, Klima- und Umweltbewegungen, bilden.
Gibt es ein Projekt in der Kooperation mit São Paulo, auf das Sie derzeit besonders stolz sind?
Sérgio Costa: Mecila, das Maria Sibylla Merian Centre Conviviality-Inequality in Latin America, ist ein akademisches Konsortium, das die Freie Universität Berlin koordiniert und an zwei Partnerinstitutionen in São Paulo angesiedelt ist. Die FU arbeitet darin mit der Universität zu Köln, dem Ibero-Amerikanischen Institut der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Partnereinrichtungen in Brasilien, Mexiko und Argentinien zusammen, um vergangene und gegenwärtige Formen des sozialen, politischen und kulturellen Zusammenlebens in Lateinamerika und der Karibik zu erforschen. Durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen Wissenschaftler*innen aus Deutschland, Lateinamerika, der Karibik und anderen Regionen der Welt beabsichtigt das Forschungskolleg einen innovativen Wissensaustausch, der sowohl die europäische als auch die lateinamerikanische sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung bereichert.
Mecila ist eines von fünf internationalen Forschungskollegs in den Geistes- und Sozialwissenschaften, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Zusammenarbeit mit lokalen Institutionen und Fördereinrichtungen finanziert werden.
Die Berlin University Alliance unterstützt die FAPESP Week. Warum ist das wichtig?
Christian Lazar: Alle Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance haben starke Beziehungen nach Brasilien, die sich sehr gut ergänzen. Die Freie Universität Berlin ist seit 2010 mit dem Verbindungsbüro in Brasilien präsent. Dieses befindet sich seit 2012 im Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIH) São Paulo, zu dessen Netzwerk seit einigen Jahren auch die Humboldt-Universität zu Berlin und die Technische Universität Berlin zählen. Das vom Auswärtigen Amt getragene DWIH São Paulo fördert die Kooperation zwischen den wissenschaftlichen Institutionen und Unternehmen aus Brasilien und Deutschland. In der brasilianischen Botschaft in Berlin findet zudem jährlich ein gemeinsamer BUA-Empfang für Forschende und Studierende aus Brasilien statt.
Im Rahmen der FAPESP Week unterstützt die Berlin University Alliance insbesondere als Logistikpartner, hat Räume und Rahmenprogramm organisiert. Die Delegation aus Brasilien wird im Anschluss an die FAPESP Week alle Verbundpartnerinnen der Berlin University Alliance besuchen und kennenlernen.
Die Fragen stellte Jonas Krumbein
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum Programm der FAPESP Week und zur Anmeldung finden Sie hier.
Kontakt: Nora Jacobs, Referentin Strategische Partnerschaften und Netzwerke, Freie Universität Berlin, Abteilung Internationales, E-Mail: nora.jacobs@fu-berlin.de