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In der Heimat von Lucy und Ardi

Der bekannte Hominidenforscher Berhane Asfaw ist am 7. April zu Gast an der Freien Universität

04.04.2014

Die heutige Steppenlandschaft des Mittleren Awash in Äthiopien war vor Millionen von Jahren noch dicht bewachsen. Der Homonoidenforscher Berhane Asfaw war an mehreren bedeutenden Funden in dieser Region beteiligt, darunter „Lucy“ und „Ardi“.

Die heutige Steppenlandschaft des Mittleren Awash in Äthiopien war vor Millionen von Jahren noch dicht bewachsen. Der Homonoidenforscher Berhane Asfaw war an mehreren bedeutenden Funden in dieser Region beteiligt, darunter „Lucy“ und „Ardi“.
Bildquelle: Yihuntsega Kassu

Abgüsse der Fingerknochen des 4,4 Millionen Jahre alten Ardipithecus ramidus „Ardi“.

Abgüsse der Fingerknochen des 4,4 Millionen Jahre alten Ardipithecus ramidus „Ardi“.
Bildquelle: Gerbil / Wikicommons

Lucy und Ardi sind wohl die betagtesten Damen, die jemals weltweit Aufsehen erregt haben – beide sind mehrere Millionen Jahre alt. Und noch etwas haben sie gemeinsam: Ihre Skelette wurden in der Afar-Senke im Nordosten Äthiopiens gefunden. Die Region entlang des Flusses Awash, die zu den Geburtsstätten der Menschheit zählt, ist das Arbeitsgebiet des renommierten Paläoanthropologen Berhane Asfaw. Der äthiopische Wissenschaftler ist am 7. April 2014 an der Freien Universität zu Gast. In seinem Vortrag „A six million year hominid evolutionary record in the Middle Awash of Ethiopia“ erklärt der Wissenschaftler die Bedeutung der Region für die Erforschung der Stammesgeschichte des Menschen.

„Der Mittlere Awash ist für mich so faszinierend, weil dort allein in den vergangenen 30 Jahren mehrere bahnbrechende Entdeckungen auf dem Gebiet der menschlichen Evolution gemacht wurden“, sagt Asfaw. Der Stellenwert dieser Region für die Paläoanthropologie sei kaum zu überschätzen: In der Gegend 300 Kilometer nordöstlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba wurden Fossilien von Hominiden aus einer Zeitspanne von sechs Millionen Jahren entdeckt. Seit den 1970er Jahren konnte die Forschung bereits mit zahlreichen Funden aus dieser Region Schritte in der Evolution des Menschen belegen.

Zu den berühmtesten fossilen Funden am Mittleren Awash zählen der des 3,2 Millionen Jahre alten Australopithecus afarensis „Lucy“ im Jahr 1974 sowie der Fund des 4,4 Millionen Jahre alten Ardipithecus ramidus „Ardi“ Mitte der 1990er Jahre. Berhane Asfaw war Mitglied des Ausgrabungsteams, das Ardi entdeckte: „Ihre Fossilien und ein weiterer Fund lieferten den Beweis dafür, dass unsere Vorfahren schon als Waldbewohner aufrecht liefen und nicht, wie lange angenommen, erst als Bewohner der offenen Savanne. Dies war ein wesentlicher Beitrag für die paläoanthropologische Forschung.“

Weltweit einzigartige Region für die Erforschung von Hominiden

Die etwa 150 Quadratkilometer große Region am Mittleren Awash bietet zwei weltweit einzigartige Vorteile für die Erforschung der mehrere Millionen Jahre alten Stammesgeschichte des Menschen: Erstens gehört sie mit ihrer Lage am Großen Afrikanischen Grabenbruch zu den Besiedelungsgebieten früher Hominiden. „Außerdem gibt es am Mittleren Awash eine ungefähr einen Kilometer dicke Sedimentschicht, die von vulkanischem Gestein durchzogen ist“, erklärt Asfaw. „Dadurch kann mit großer Genauigkeit das Alter der Funde bestimmt werden.“ In mindestens 14 dieser Sedimentebenen finden sich hominide Fossilien; neun Spezies wurden dort bisher entdeckt. Der älteste Skelettfund eines aufrecht laufenden Hominiden ist 5,8 Millionen Jahre alt; Asfaws Team taufte diesen Menschenaffen Ardipithecus kadabba, was sinngemäß „Ahnherr der Bodenaffen“ bedeutet.

Der Paläoanthropologe Berhane Asfaw gehört zu den angesehensten Forschern auf seinem Gebiet. Nach dem Grundstudium an der Universität in Addis Abeba promovierte und forschte Asfaw in den 1980er Jahren an der University of California in Berkeley. Er war unter anderem Direktor des Nationalmuseums in Äthiopien und Gastprofessor an der Rutgers University im US-Bundesstaat New Jersey. Zurzeit ist er Leiter des „Rift Valley Research Service“ sowie Vorstandsmitglied des „Paleoanthropological Scientific Trust“ (PAST) in Südafrika.

Den Kontakt nach Berkeley hält er bis heute. Und er engagiert sich dafür, dass Landsleute dort Anthropologie studieren können: „Es war schon mein Traum als Student, andere Äthiopier für das Forschungsgebiet Paläoanthropologie zu begeistern und ihnen Auslandsstipendien zu ermöglichen. In den 1980er Jahren war ich der einzige äthiopische Forscher auf diesem Gebiet. Mittlerweile gibt es schon sechs Forschungsprojekte, die von Landsleuten geleitet werden. Für die Kontinuität der Grabungen und Auswertungen ist das sehr wichtig.“

Aufsehenerregende Homo-sapiens-Funde

Allein seit 2012 wurden in der äthiopischen „Wiege der Menschheit“ 30 Homo-sapiens-Überreste gefunden, mit denen eine bestehende Lücke an fossilen Funden in der Zeitspanne von 600.000 bis 160.000 Jahren vor unserer Zeit geschlossen werden konnte. Asfaws größter internationaler Erfolg war aber, als er und sein Team im Jahr 2003 in der Zeitschrift Nature den Fund der bisher ältesten Überreste einer Unterart des Homo sapiens veröffentlichten, des Homo sapiens idaltu: „Die Fossilien wurden in einer auf 160.000 Jahre vor unserer Zeit datierten Schicht gefunden“, sagt der Wissenschaftler. „Wir gehen mit unseren Entdeckungen nun mit immer größeren Schritten voran.“

Weitere Informationen

Vortrag „A six million year hominid evolutionary record in the Middle Awash of Ethiopia“

Zeit und Ort

  • Montag, 7. April 2014, 18 bis 20 Uhr
  • TOPOI-Villa, Hittorfstraße 18, 14195 Berlin
  • Der Vortrag in englischer Sprache ist öffentlich, der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.