Was erzeugen Bilder?
Der Dokumentarfilmer Harun Farocki war zu Gast an der Freien Universität
24.07.2013
Was erzeugen Bilder? Dieser Frage widmen sich Wissenschaftler, die in der Kolleg-Forschergruppe "BildEvidenz. Geschichte und Ästhetik“ unter der Leitung der Professoren Peter Geimer und Klaus Krüger vom Kunsthistorischen Institut der Freien Universität forschen. In diesem Sommer fokussieren sich die Forscher auf das Medium Film. Dazu eingeladen hatten sie unter anderem den deutschen Dokumentarfilmer und Medienkünstler Harun Farocki.
Ziel des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Kollegs an der Freien Universität ist es, die verschiedenen historischen und ästhetischen Formen sowie Funktionen der Evidenzerzeugung von Bildern an konkreten Fallstudien von der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kunst bis zur Bildproduktion und Kunst der Gegenwart zu erforschen.
„Wir gehen dabei von der Prämisse aus, dass bildliche Evidenz aus der wechselseitigen Vermittlung von Wirklichkeitsbezug und Eigenwirklichkeit der Bilder entsteht, dass Bilder ihre Bedeutung erst durch eine Verschränkung von Autonomie und Heteronomie erzeugen“, erklärt Elke Anna Werner von der Kolleg-Forschergruppe.
Harun Farocki diskutiert mit Wissenschaftlern über seine Filme
Im Juni 2012 gestartet, lädt die Kolleg-Forschergruppe internationale Wissenschaftler und Künstler als Fellows ein. So hatte die Forschergruppe in diesem Sommer den Dokumentarfilmer Harun Farocki zu Gast, dessen Arbeiten unter anderem im Museum of Modern Art in New York gezeigt wurden.
Im Fokus der gemeinsamen Diskussionen standen drei von Farockis jüngeren Filmen – „Aufschub“ (2007), „Ernste Spiele“ (2009/10) und „Zum Vergleich“ (2009) – sowie der Film "Barbara" von Christian Petzold, einem Schüler Farockis.
Zusammen mit sieben Film- und Medienwissenschaftlern aus dem Ausland, die ebenfalls zurzeit Gäste der Kolleg-Forschergruppe sind, setzten sich die Wissenschaftler mit Fragen auseinander, die die ökonomische, soziale, politische und kulturelle Rhetorik inszenierter Filmbilder kritisch reflektieren. So zeigt Farocki in seinem Film „Zum Vergleich“ die Produktions- und Verwendungsweisen von Ziegelsteinen in Burkina Faso, Indien, Österreich, Deutschland, Frankreich und der Schweiz.
Während des Filmes wird deutlich, wie zeit- und arbeitsintensiv Ziegelsteine in Burkina Faso hergestellt werden, während dies in Deutschland automatisiert vonstattengeht und die wenigen Arbeiter die Produktion meist nur zum Zwecke der Qualitätskontrolle überwachen. Thomas Elsaesser zufolge, Professor für Filmwissenschaften an der Universität Amsterdam und Fellow der Kolleg-Forschergruppe, werde durch Farockis Film deutlich gemacht, dass sich in den Industrienationen eine Entwicklung von der Arbeit mit der Hand zur Arbeit mit dem Auge vollzogen habe.
Sensibilisierung durch Filme
„Farocki nutzt in seinen Filmen die Möglichkeit der Montage, um die Wahrnehmung der Zuschauer zu irritieren und sie dafür zu sensibilisieren, dass die Bilder nicht allein der Unterhaltung, Dokumentation oder Information dienen, sondern immer mehr der Analyse und Kontrolle, der Manipulation und Strategie“, sagt Werner. Farocki spiele ganz gezielt mit der Darstellung seiner Filme.
„Zum Vergleich“ drehte er im 16-mm-Filmformat, das in den 1920er Jahren eingeführt wurde. „Es hat mir großen Spaß bereitet, nach längerer Zeit wieder in diesem Format drehen zu können“, sagt Farocki. Es ist auch das Format, mit dem Farocki 1966 seinen allerersten Film „Zwei Wege“, einen Fernsehbeitrag für den Sender Freies Berlin (SFB), gestaltete. „Ein Format, das durch seinen simplen und primitiven Look zudem heutzutage wieder als avantgardistisch gilt“, erklärt die promovierte Kunsthistorikerin Elke Anna Werner.