Fokus Geisteswissenschaften
8. November, 18 Uhr: Das Dahlem Humanities Center (DHC) feiert 15-jähriges Bestehen
21.10.2022
„Das Dahlem Humanities Center ist ein Alleinstellungsmerkmal der Freien Universität Berlin“, sagt Anita Traninger, Professorin für Romanistik und dessen stellvertretende Sprecherin. Unter seinem Dach wird die geisteswissenschaftliche Forschung an der Freien Universität gebündelt.
„Es vernetzt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler über die Grenzen der verschiedenen Disziplinen hinweg“, ergänzt Karin Gludovatz, Professorin für Kunstgeschichte und Sprecherin des DHC. Gludovatz und Traninger sind sich einig: Die Erfolge des Dahlem Humanities Center in den vergangenen 15 Jahren widerlegen das Vorurteil, in den Geisteswissenschaften gäbe es nur Einzelgänger*innen, „die sich in ihrem stillen Kämmerlein über Bücher beugen“.
Gegründet wurde das DHC 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative. Es wurde nach dem Vorbild renommierter Humanities Center angelegt, die seit den 1940er Jahren vor allem an Universitäten im angloamerikanischen Sprachraum einen Platz haben, berücksichtigt dabei aber auch die Strukturen des Wissenschaftssystems in Deutschland. Das Dahlem Humanities Center, das von den Fachbereichen Philosophie und Geisteswissenschaften sowie Geschichts- und Kulturwissenschaften getragen wird, war das erste seiner Art in Deutschland und ist in der Breite seiner Aktivitäten und der Fächer, die es vernetzt, noch immer einzigartig.Mit seinem strategischen Anliegen, Forschungskooperationen zu stärken, sei es äußerst erfolgreich, sagen die Sprecherinnen. So habe es große, an der Freien Universität angesiedelte Verbundprojekte maßgeblich angestoßen und deren Entwicklung begleitet, wie den Sonderforschungsbereich „Episteme in Bewegung“ oder den Exzellenzcluster „Temporal Communities“.
„Darüber hinaus sondieren wir aktiv neue Forschungsfelder“, sagt Romanistin Anita Traninger. Dazu zählen etwa die Digital Humanities, denn das DHC hat sich sehr früh dafür eingesetzt, die klassischen Geisteswissenschaften mit den digitalen Entwicklungen zusammenzubringen.
Als zentrale Aufgabe sehen die Sprecherinnen den Aufbau von Kontakten mit wissenschaftlichen Einrichtungen im Globalen Süden. „Die Stärkung von Kooperationen in den entsprechenden Regionen, insbesondere auch mit Subsahara-Afrika, ist uns ein wesentliches Anliegen“, sagt Karin Gludovatz. Neben Institutionen wie dem Townsend Center der University of California Berkeley, der Universität Oxford und der Universität Zürich kooperiert das DHC daher seit Kurzem mit dem Centre for Humanities Research an der University of the Western Cape.
Die regionale und inhaltliche Breite der Vernetzungen spiegelt sich auch im Veranstaltungsprogramm wider. In verschiedenen Formaten, wie den Dahlem Humanities Center Lectures oder „Forschung im Dialog“, präsentieren (internationale) Wissenschaftler*innen ein weites Spektrum an Themen aus ihrer aktuellen Forschung, von der Antike bis in die Gegenwart. Historische Zusammenhänge, materielle Kulturen, alte Sprachen oder moderne Philologien und Literaturen kommen dabei gleichermaßen in den Blick.
Dass in diesen Formaten Wissenschaftler*innen verschiedener Karrierestufen ihre Arbeit diskutieren, ist dem DHC wichtig, denn ein besonderes Anliegen ist die Förderung jüngerer Forscher:innen, betonen die Sprecherinnen: „Das DHC fungiert als Gastinstitution für internationale Wissenschaftler*innen und unterstützt mit dem sehr erfolgreichen Dahlem Junior Host Program Doktorand*innen und Postdoktorand*innen der Freien Universität Berlin dabei, internationale Forschungskontakte zu knüpfen.“
Ein weiteres Ziel ist es, mit geisteswissenschaftlicher Forschung eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaften“ hat das DHC wiederholt den großen Theaterhof der Freien Universität gefüllt. Zuletzt hat das Thema „Knigge geht um“ und die damit verbundene Frage nach dem „Umgang mit Menschen“ im 21. Jahrhundert hunderte Zuhörer*innen nach Dahlem gelockt.
Schließlich betonen beide Sprecherinnen das besondere Reflexionspotenzial und die Analysefähigkeiten der Geisteswissenschaften, die es ermöglichen, aktuelle gesellschaftliche Phänomene einzuordnen und sich mit Krisen auseinanderzusetzen. Als Reaktion auf diese Herausforderungen, wurde gemeinsam mit Kolleg*innen der Universität Zürich die Videoreihe „Re: Now.“ entwickelt. In diesem Format werden Ereignisse der Gegenwart aus geisteswissenschaftlicher Perspektive betrachtet: „Wir fragen unter anderem, was gerade auch die historischen Geisteswissenschaften zu Migration, zur Corona-Pandemie oder der Klimakrise zu sagen haben“, erläutert Karin Gludovatz.
Um die Herausforderungen und Perspektiven der Geisteswissenschaften im 21. Jahrhundert geht es auch am 8. November beim Festvortrag anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des Dahlem Humanities Center, zu dem die beiden Professorinnen alle Interessierten herzlich einladen.Weitere Informationen
Die Festveranstaltung zum 15-jährigen Bestehen des DHC beginnt am Dienstag, 8. November 2022, um 18 Uhr. Die Germanisten Paul Reitter (Ohio State University) und Chad Wellmon (University of Virginia) sprechen in ihrem Vortrag „The Crisis of the Humanities and the Future of Intellectual Work as a Vocation“ über die Zukunft geisteswissenschaftlicher Arbeit. Anschließend gibt es einen Empfang. Ort: „Holzlaube”, Hörsaal -1.2009, Fabeckstraße 23/25, 14195 Berlin. Hier finden Sie Informationen und kommen zur Anmeldung.
Am Donnerstag, 1. Dezember 2022, hält Victor Stoichita, Professor emeritus für Kunstgeschichte der Neuzeit an der Université de Fribourg, die diesjährige Hegel Lecture. Am Folgetag bietet Victor Stoichita einen Workshop für Masterstudierende und Promovierende an.