Reparieren statt wegwerfen, tauschen statt kaufen
Das Repair-Café und ein Kleidertausch der Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT! der Freien Universität zeigen, dass Fahrräder und Anziehsachen eine lange Lebensdauer haben
15.05.2017
Gesine Milde radelt jeden Tag zur Arbeit. Nur zwei Kilometer liegen zwischen ihrem Zuhause und dem Institut für Informatik der Freien Universität in der Dahlemer Takustraße, wo sie im Sekretariat beschäftigt ist. Dass sie kürzlich im Repair-Café ihr Fahrrad reparieren konnte, kostenlos und mit fachkundiger Beratung, kam ihr deshalb entgegen: „Der Zeitpunkt war genau richtig gewählt, rechtzeitig für die warmen Monate“, sagt sie.
Zwei Tage lang hatte die kleine Fahrradwerkstatt, ausgestattet mit Werkzeug und den wichtigsten Ersatzteilen, vor der Silberlaube der Freien Universität geöffnet. Besonderen Zulauf hatte das Repair-Café in der Mittagszeit, wenn viele auf dem Weg in die Mensa oder Cafeteria waren. Schon während des ersten Tages seien knapp 15 Fahrräder wieder in Schuss gebracht worden, erzählt Carolin Bergmann, die als studentische Hilfskraft für SUSTAIN IT! arbeitet. Sie hat das Projekt – eine Kooperation mit dem Repair-Café Schöneberg II – ins Leben gerufen.
Häufiges Problem sind die Bremsen
„Es macht einen unabhängiger, wenn man weiß, wie man sein Fahrrad selbst reparieren kann“, sagt Carolin Bergmann. Diese Fähigkeit könne man auch weitergeben. Das Ziel des Repair-Cafés sind nicht nur funktionierende Räder, sondern auch, dass ein Gefühl für den Wert von Gebrauchsgegenständen entsteht. Deshalb versuchen die Fahrradhandwerker, auch Teile zu retten, die vermeintlich unbrauchbar geworden sind. „Einer kam mit einer kaputten Schaltung, die fast auseinandergebrochen wäre“, erzählt Carolin Bergmann. „Wir dachten erst, die müsse man wegwerfen, aber dann gelang es uns doch, sie zu reparieren.“
Neben platten Reifen sind es besonders die Bremsen, die überholt werden müssten, erzählt die Studentin. So auch bei Gesine Mildes Fahrrad, bei dem außerdem die Kette erneuert werden muss. Den Austausch der Kette übernimmt ein Fahrradmechaniker des Cafés, die Bremsen bringt Gesine Milde dagegen eigenständig auf Vordermann. „Ich kann das jetzt selbst“, sagt sie. „Ob ich es in Zukunft ganz allein schaffe, weiß ich nicht. Aber ich werde mir auf jeden Fall Mühe geben und es probieren.“
Während Gesine Milde an ihrem Fahrrad schraubt, gibt es wenige Schritte entfernt die Möglichkeit, sich kostenlos neue Kleidung für den Frühling zu ertauschen. Zwei lange Tische und ein Bügelhalter voller Tauschware stehen bereit und werden von Studierenden in ihrer Mittagspause neugierig durchwühlt. Eine von ihnen ist Sally Seifert, die Film- und Theaterwissenschaften studiert. „Ich liebe Tauschläden, alleine der Nachhaltigkeit wegen“, sagt sie. Heute habe sie zwar noch nichts gefunden, aber sie will nach einem Seminar noch einmal vorbeischauen. „Ich brauche immer etwas Glück, weil ich gerne extravagante Sachen trage“, erzählt sie.
„In Berlin ist Vintage-Style nicht schlecht“
Den Kleidertausch gibt es an der Freien Universität bereits seit 2015. Mindestens einmal im Semester solle er stattfinden, sagt Clara Oberthür, die den Stand betreut. Jeweils im Herbst und im Frühling misteten viele ihre Kleiderschränke aus. Was einem nicht mehr gefalle, sollte aber nicht gleich in den Müll, sagt die Studentin der Politikwissenschaft. „Wir setzen ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft.“
Manche spenden nur Kleidung, andere finden ein neues Lieblingsstück. Die Kleidung werde nicht knapp, sagt Clara Oberthür. „Viele haben sehr viele gute Sachen bei sich zu Hause liegen, die sie gerne an uns abgeben.“ Davon sei vieles noch neu, aber auch alte Mode komme gut weg. „Gerade in Berlin ist ein Vintage-Style nicht schlecht“, sagt die Studentin. „Für viele gilt: Je ausgefallener und auffälliger, desto besser.“
Weitere Informationen
Sowohl das Repair-Café und der Kleidertausch werden wiederholt: Auf den Hochschultagen Nachhaltigkeit + Klimaschutz vom 3.-7. Juli im Foyer und Seminarzentrum der Rost- und Silberlaube (Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin)
Die Nachhaltigkeitsinitiative SUSTAIN IT! wurde 2010 von Studierenden sowie Mitarbeitern des Forschungszentrums für Umweltpolitik gegründet. Sie ist für alle Angehörigen der Freien Universität offen, unabhängig von Statusgruppe oder Fachrichtung. Wer sich beteiligen möchte, schreibt eine E-Mail an: sustain-it@fu-berlin.de