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Himmel oder Hölle? Grundrechte in Zeiten der Digitalisierung

15. Februar, 18.30 Uhr: Berliner Europa-Dialog an der Freien Universität zum Thema „Big Data“

09.02.2017

„Big Data – Stairway to heaven oder highway to hell“ ist der Berliner Europa-Dialog überschrieben, der am 15. Februar an der Freien Universität stattfindet.

„Big Data – Stairway to heaven oder highway to hell“ ist der Berliner Europa-Dialog überschrieben, der am 15. Februar an der Freien Universität stattfindet.
Bildquelle: DARPA via Wikimedia Commons, CC0

Neue Technologien bringen neue Möglichkeiten mit sich – bergen aber auch Gefahren. Die Chance, sich global zu vernetzen und in Sekunden Informationen zu beschaffen, ist die eine Seite der Medaille. Die andere, dass so Daten erhoben werden, bei denen nicht immer klar ist, wer sie besitzt und was mit ihnen angestellt werden kann. „Big Data – Stairway to heaven oder highway to hell“ ist der Berliner Europa-Dialog überschrieben, der am 15. Februar an der Freien Universität stattfinden wird. Campus.leben sprach im Vorfeld der Veranstaltung mit der Politikwissenschaftlerin Eva Heidbreder, die die Diskussion moderieren wird.

Die Politikwissenschaftlerin Eva Heidbreder wird den Europa-Dialog moderieren.

Die Politikwissenschaftlerin Eva Heidbreder wird den Europa-Dialog moderieren.
Bildquelle: Manuel Krane

Frau Professorin Heidbreder, hinkt die Politik in Sachen „Big Data“ hinterher?

Auf jeden Fall. Beim Wissen über die Möglichkeiten und Gefahren und so natürlich auch der Regulierung hinkt die Politik momentan in vielerlei Hinsicht hinterher. Auf der einen Seite sind die technischen Entwicklungen sehr schnell. Auf der anderen Seite steht die grundlegende Frage, wie Daten regulativ erfasst werden sollten. Sind Daten eine Ware oder Teil der Identität? Eine dritte zentrale Frage ist, wie die Politik selbst mit den neuen Möglichkeiten des Internets umgeht und wie sie diese Technologien für sich nutzt.

Es gibt die Idee einer „Digitalen Grundrechtecharta“ in der Europäischen Union – mit Gerhart Baum sitzt einer der Initiatoren auf dem Podium. Kann eine solche Charta helfen, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen?

Die Charta kann ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Digitalisierung an die Grundrechte heranreicht und sie im Kern betrifft. Es ist ein Anliegen der Charta, dass die Grundrechte in der Sache die selben bleiben wie bisher, aber vor dem Hintergrund der Digitalisierung neu formuliert werden müssen. Es stellt sich in diesem Kontext die Frage, ob es sinnvoll ist, Grundrechte an die Digitalisierung anzupassen oder die Digitalisierung an Grundrechte. Ich würde für Letzteres plädieren, denn im Kern ist es Aufgabe liberaler Demokratien, Grundrechte zu schützen.

Wie groß die Herausforderungen sind, kann man sich zum Beispiel anhand des ersten und fundamentalen Satzes unseres Grundgesetzes verdeutlichen. Was beutet „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ wenn es um Big Data geht? Müssen Informationen über Personen in Suchmaschinen nach einer gewissen Zeit gelöscht werden? Muss jeder Bürger einen Einfluss darauf haben dürfen, welche Informationen über ihn verbreitet werden, vor allem, wenn diese gar nicht wahr sind? Darf jeder jederzeit über jeden einen Kommentar im Netz abgeben? Und wo beginnt bei Einschränkungen die Zensur? Zeitungen können juristisch verpflichtet werden, falsche Behauptungen richtigzustellen. Wie sieht es damit im Netz aus? Hier fehlen uns sowohl eingespielte Regeln und Umgehensweisen als auch handfeste Gesetze.

Eine Idee ist es, sogenannte Fake News zu kennzeichnen.

Weder technisch noch inhaltlich ist es überhaupt möglich, alle verfügbaren Äußerungen auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen. Und: Falschmeldungen gab es schon immer. Nur bei traditionellen Medien gibt es stärker eingespielte gesellschaftliche und rechtliche Prozesse. Wenn eine Zeitung eine Falschmeldung druckt, können Betroffene dagegen vorgehen, im Zweifel durch eine Rechtsprüfung. Eben diese Verfahren sind bei Meldungen ohne klar identifizierbaren Urheber im Netz kaum möglich. Eine „Fake News“-Kennzeichnung würde außerdem von Redakteuren vorgenommen. Das erhöht natürlich außerdem die Möglichkeit politischer Einflussnahme, denn unangenehme Informationen könnten einfach als „Fake“ gekennzeichnet werden. Wir brauchen eine Sensibilisierung gegenüber allen Medien, was vertrauenswürdige Quellen und Filter sind.

Viel wichtiger ist daher wohl die reduzierte Informationswahrnehmung in sogenannten Echoräumen, die dadurch entstehen, dass Leute in sozialen Netzwerken aufgrund der Algorithmen nur noch Nachrichten zu bestimmten Themen und mit bestimmten Ansichten erhalten. So nehmen sie etwa Politiker nur noch in Bezug auf die Themen wahr, für die sie sich am meisten interessieren. Dass dieselbe Person zu anderen Sachverhalten Dinge sagt, mit denen sie nicht übereinstimmen, bekommen sie gar nicht mit, solange sie sich nicht anderweitig informieren. So entstehen gefilterte Kommunikationsblasen, in denen nur passende Ausschnitte wahrgenommen werden, aus denen eine „Wahrheit“ konstruiert wird.

Worum soll es in der Diskussion an der Freien Universität gehen?

Wir wollen die Frage diskutieren, wie sich Chancen zu Risiken verhalten und wie eine neue Balance zwischen öffentlicher Sicherheit und persönlicher Freiheit geschaffen werden kann. Es soll auch darum gehen, ob wir als Individuen unser persönliches Verhalten ändern müssen und ob wir einen neuen Rahmen für Kommunikation brauchen. Darüber wollen wir mit Markus Beckedahl, dem Chefredakteur des Blogs netzpolitik.org diskutieren, mit dem Mitinitiator der Digitalen Grundrechte-Charta Gerhart Baum, mit Alexander Maaß von der AG Cybersicherheit in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin und mit dem Jura-Professor Carsten Momsen von der Freien Universität.

Die Fragen stellte Manuel Krane

Weitere Informationen

Berliner Europa-Dialog

Zeit & Ort

  • Mittwoch, 15. Februar 2016, 18.30 Uhr – 20.30 Uhr
  • Freie Universität Berlin, Henry-Ford-Bau, Hörsaal A, Garystr. 35, 14195 Berlin (U-Bahnhof Freie Universität, U3)

Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist frei. Um Anmeldung wird gebeten bis 14. Februar 2017 an info@eu-infozentrum-berlin.de.

Die Reihe „Berliner Europa-Dialog“ wird vom Europäischen Informationszentrum Berlin, dem Dokumentationszentrum Vereinte Nationen – Europäische Union der Freien Universität und der Europa-Union Berlin getragen.