Gemeinsam Innovation voranbringen
Chinas stellvertretende Premierministerin Liu Yandong sprach beim „Deutsch-Chinesischen Forum für Hochschule, Wissenschaft und Innovation“ an der Freien Universität
25.11.2016
Es war eine Veranstaltung der Superlative: Mehr als 60 Universitätspräsidenten, Vizepräsidenten, Parteisekretäre und China-Beauftragte aus China und Deutschland sowie zahlreiche hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Förderorganisationen trafen sich am vergangenen Freitag beim „Deutsch-Chinesischen Forum für Hochschule, Wissenschaft und Innovation“ an der Freien Universität. Unter ihnen der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Professor Peter Strohschneider, die Generalsekretärin des DAAD, Dorothea Rüland und die Generalsekretärin des China Scholarship Council (CSC), Liu Jinghui. Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch der stellvertretenden Premierministerin Chinas, Liu Yandong, die in einer ausführlichen Rede die Erfolge der langjährigen deutsch-chinesischen Partnerschaft hervorhob und den Wunsch betonte, die Kooperation beider Nationen zu stärken und weiter auszubauen.
Begeistert schwenkten sie China-Fähnchen, als der Tross schwarzer Limousinen vor den Henry-Ford-Bau in Dahlem rollte: Ein Begrüßungsspalier aus chinesischen Studierenden und Doktoranden der Freien Universität sorgte für einen warmen Empfang der chinesischen Vize-Premierministerin. Die Politikerin hatte das Kooperationsprojekt der gastgebenden Freien Universität, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem China Scholarship Council (CSC), dem chinesischen Ministerium für Wissenschaft und dem chinesischen Bildungsministerium zum Anlass genommen, um die Freie Universität zu besuchen. Vize-Premierministerin Liu Yandong würdigte die bisherigen Erfolge der chinesisch-deutschen Partnerschaft und ermutigte zu mehr interkultureller Kooperation im Bereich Bildung und Forschung. Die Rede war Bestandteil eines umfassenden zweitägigen Programms, in dessen Rahmen Entscheider beider Nationen Erfolge und Herausforderungen sowie Ideen für künftige bilaterale Kooperationsprojekte zwischen Deutschland und China diskutierten.
Dass die Freie Universität – wie schon bei der Eröffnung des Deutsch-Chinesischen Wissenschaftsjahres 2009 – zum Austragungsort für dieses Forum gewählt wurde, ist auf ihr starkes akademisches Engagement in China zurückzuführen: Bereits 1981 wurde ein Partnerschaftsvertrag mit der Peking Universität geschlossen – eines der ersten deutsch-chinesischen Hochschulabkommen überhaupt –, aus dem viele weitere Kooperationen in Forschung und Lehre erwachsen sind. „Die Dimension des deutsch-chinesischen Hochschulforums unterstreicht auf beeindruckende Weise die Bedeutung und Dynamik der deutsch-chinesischen Kooperation in Wissenschaft und Forschung. Und sie macht zugleich deutlich, dass wir das Potenzial der Zusammenarbeit bei Weitem noch nicht ausgeschöpft haben“, sagte Universitätspräsident Professor Peter-André Alt in seinem Grußwort zum Auftakt der Veranstaltung. Gemeinsam mit seinem Kollegen Professor Lin Jianhua, Präsident der Peking-Universität, hatte er am Vortag das Peking-Berlin PostDoc Fellowship Programm unterzeichnet – ein Programm, das sich an herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler im Bereich der interdisziplinären Area Studies-Forschung, der Data Science und der Digitalisierung richtet und Fellows zwei Jahre lang Zugang zu den Forschungsstandorten Berlin und Peking gewährt.
Am Nachmittag strömten die Besucher zu dem mit Spannung erwarteten Vortrag der chinesischen Vize-Premierministerin. Im mit leuchtend roten Weihnachtssternen dekorierten und bis auf den letzten Platz besetzten Hörsaal sorgte der Besuch von Liu Yandong für Standing Ovations. In Empfang genommen wurde sie von Universitätspräsident Professor Peter-André Alt, der auch Georg Schütte, Staatssekretär im BMBF, begrüßte. Schütte vertrat Bundesbildungsministerin Johanna Wanka, die ihre geplante Rede aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig hatte absagen müssen.
Staatssekretär Georg Schütte betonte in seiner Rede die herausragende Bedeutung Chinas auf akademischem Gebiet. „Es ist eine große Ehre, dass Liu Yandong einen Teil ihres Deutschlandbesuches hier mit uns verbringt.“ Im Rahmen des Forums biete sich die Chance, „offenen Austausch zu wagen“. Schütte hob den intensiven Kontakt im Bereich Bildung und Forschung hervor, den China mit Deutschland verbinde. So sei China „der wichtigste Kooperationspartner deutscher Hochschulen in Asien“, nehme derzeit beispielsweise jedes Jahr rund 8000 deutsche Austauschstudierende auf, während im Gegenzug jährlich rund 30.000 Chinesinnen und Chinesen nach Deutschland kämen, um zu studieren. Insbesondere der Ausbau englischsprachiger Programme fördere die Studierendenmobilität und sei daher ein wichtiger Bestandteil des akademischen Austausches. Diesen wolle man auch in Zukunft weiter fördern.
Schütte lobte die ambitionierten Pläne der chinesischen Regierung, die dortige Forschungslandschaft weiter zu stärken und auszubauen. „In keinem anderen Land wird so viel für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Jeder fünfte wissenschaftliche Artikel weltweit wird mittlerweile von chinesischen Forschern publiziert.“ In Deutschland verfolge man diese Entwicklungen mit Respekt und Interesse. So stünden China und die chinesischen Bildungseinrichtungen „im deutschen Ranking der Herzen ganz weit oben“. Im Rahmen von Kooperation werde man auch in Zukunft vom gegenseitigen Know-how profitieren können – etwa im Rahmen der Exzellenzinitiative. Die in diesem Rahmen betriebene Forschung zeichne sich unter anderem dadurch aus, dass sie frei sei und dass keine inhaltlichen Vorgaben gemacht würden. Die Politik leiste einen Vertrauensvorschuss, da niemand die Qualität von Forschung besser beurteilen könne als internationale Spitzenforscher.
Wie wichtig die deutsch-chinesische Zusammenarbeit sei, zeige sich nicht zuletzt dadurch, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine eigene China-Strategie entwickelt habe – die einzige Länderstrategie dieser Art, hob Schütte hervor. „Wesentliche Rahmenbedingungen sind fairer Wettbewerb, wechselseitige Anerkennung von Studienleistungen und gemeinsame Rahmenbedingungen für Wissenschaftsorganisationen.“ Auch sei der Schutz geistigen Eigentums wichtig, wenn über Innovation in beiderseitigem Interesse gesprochen werde. Nun gelte es, Hochschulpartnerschaften weiterzuentwickeln, weitere Doppelabschlüsse zu ermöglichen und zusätzliche gemeinsame Doktorandenprogramme auf den Weg zu bringen.
Vize-Premierministerin Liu Yandong dankte allen Anwesenden für den herzlichen Empfang und gratulierte: „Dass mehr als 60 hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von Hochschulen und aus der Politik hier an der Freien Universität zusammengefunden haben, ist ein neuer Rekord.“ Hier zeige sich, dass China und Deutschland zwar geografisch weit voneinander entfernt lägen, aber einander große Sympathie entgegenbrächten. Ihr Deutschlandbesuch erfülle sie „mit Glück“, und sie wolle darauf hinarbeiten, die gesellschaftlich-kulturellen Kontakte zu vertiefen. Deutschland sei führend in Hinblick auf seine Bildungs- und Wissenschaftslandschaft, hiesige Produkte stünden weltweit für Präzision, Perfektion, Qualität und Glaubwürdigkeit. Immer mehr Deutsche gingen nach China, um dort zu studieren oder zu arbeiten, zeitgleich richteten immer mehr Chinesen ihren Blick Richtung Westen. In einer komplizierten Welt, in der geopolitische Verflechtungen eine immer größere Rolle spielten, sei gute Zusammenarbeit essenziell.
„Es kommt auf die innerliche Verbindung zwischen den Menschen an“, sagte Vize-Premierministerin Liu Yandong. „Wir müssen den Austausch intensivieren und für eine langanhaltende Wirkung sorgen.“ Dies erreiche man unter anderem über Sprachprogramme, Leuchtturmprojekte und den Austausch von Studierenden und Lehrenden. Unter anderem habe der CSC daher beschlossen, im nächsten Jahr zusätzlich 2000 Auslandsstipendien für chinesische Studierende, die nach Deutschland wollten, und 300 Studienplätze für deutsche Studierende bereitzustellen.
Am Morgen war die chinesische Politikerin von Bundeskanzlerin Angela Merkel in deren privatem Büro empfangen worden. An der Freien Universität äußerte die Politikerin nun ihre besondere Freude darüber, offiziell verkünden zu können, dass eine strategische Kooperation im Bereich Fußball diskutiert und beschlossen worden sei. Was Teamgeist angehe, könne China von Deutschland viel lernen. „Wenn die Nachricht heute Nachmittag nach China gelangt, werden sich unsere 500 Millionen Fußballfans sehr freuen.“
Auf besonderen Wunsch des chinesischen Wissenschaftsministers Professor Wan Gang, der an der Technischen Universität Clausthal promoviert und lange für Audi in Deutschland gearbeitet hatte, luden die Veranstalter im Anschluss an die Reden der chinesischen Vize-Premierministerin und des deutschen Staatssekretärs zu einem Runden Tisch zum Thema „Forschung und Innovation“. Im Rahmen dieses Gesprächs stellte Minister Wan einer ausgewählten Gruppe von Forschungs- und Wirtschaftsvertretern die Deutschland-Strategie seines Ministeriums vor.
Die Reden Yandongs und Schüttes wurden eingerahmt von zwei Diskussionsveranstaltungen, die von Klaus Mühlhahn moderiert wurden, Vizepräsident der Freien Universität und Professor für Sinologie. Auf dem Podium saßen je sechs Universitätspräsidenten aus beiden Ländern. Thema waren unter anderem unterschiedliche Wege zur akademischen Weltspitze. Zudem wandten sich die Teilnehmer den spezifischen Herausforderungen der akademischen chinesisch-deutschen Zusammenarbeit zu. In China hat die gezielte Exzellenzförderung schon deutlich vor der deutschen Exzellenzinitiative eingesetzt. In beiden Ländern sei durch die Wettbewerbe die Forschungsleistung gesteigert worden und habe zu internationaler Bekanntheit chinesischer und deutscher Universitäten beigetragen. In der bilateralen Zusammenarbeit habe man in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht und beeindruckende Erfolge erzielt, was insbesondere auch auf die Programme des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) zurückzuführen sei.
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Strategische Partner
Die Freie Universität Berlin und die Peking University unterhalten seit 35 Jahren enge Beziehungen: Bereits 1981 wurde ein Partnerschaftsvertrag geschlossen – eines der ersten deutsch-chinesischen Hochschulabkommen überhaupt – das in der Folgezeit zu zahlreichen Kooperationen in Forschung und Lehre zwischen beiden Universitäten führte. Aus Anlass des 30-jährigen Jubiläums der Partnerschaft wurde 2011 der Vertrag erneuert und die Kooperation zu einer strategischen Partnerschaft ausgeweitet.
Seit 2007 unterhält die Freie Universität in Peking ein Verbindungsbüro, um für Studien- und Forschungsaufenthalte an der Freien Universität zu werben, Zusammenarbeit in Forschung und Lehre anzubahnen und zu erleichtern, sowie Forschungsaufenthalte an der Freien Universität im Rahmen des gemeinsamen Programms mit China Scholarship Council für chinesische PhD Studenten und Postdocs attraktiver zu machen.