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Erwacht aus siebenjährigem Dornröschenschlaf

Langhans-Bau als „Bindeglied“ der Berliner Veterinärmedizin saniert und wiedereröffnet

14.11.2012

Den Namen Tieranatomisches Theater verdankt das Gebäude dem trichterförmig eingelassenen, kreisrunden Hörsaal mit Deckenfresken, gestaltet vom damaligen Direktor der Akademie der Künste, Bernhard Rode.

Den Namen Tieranatomisches Theater verdankt das Gebäude dem trichterförmig eingelassenen, kreisrunden Hörsaal mit Deckenfresken, gestaltet vom damaligen Direktor der Akademie der Künste, Bernhard Rode.
Bildquelle: Matthias Heyde / HU Berlin

Die ehemals Königliche Tierarzneischule wurde 1789 von Carl Gotthard Langhans erbaut.

Die ehemals Königliche Tierarzneischule wurde 1789 von Carl Gotthard Langhans erbaut.
Bildquelle: Martin Iboldt / HU Berlin

Kürzlich wurde der Langhans-Bau nach siebenjähriger Sanierungszeit wieder eröffnet. Künftig dient er der Freien Universität und der Humboldt-Universität als Veranstaltungsort.

Kürzlich wurde der Langhans-Bau nach siebenjähriger Sanierungszeit wieder eröffnet. Künftig dient er der Freien Universität und der Humboldt-Universität als Veranstaltungsort.
Bildquelle: Matthias Heyde / HU Berlin

Unachtsamen Passanten bleibt die grüne Oase normalerweise verborgen, die sich hinter den Häuserfronten von Friedrich- und Luisenstraße erstreckt. Wer jedoch in einen der namenlosen Wege zwischen den Gebäuden einbiegt, gelangt auf das Gelände, auf dem die Berliner Veterinärmedizin ihren Ursprung hat: Auf dem heutigen Campus Nord der Humboldt-Universität in Mitte begründete König Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1787 die Königliche Tierarzneischule. Der älteste Wissenschaftsbau der Stadt wurde nach siebenjähriger Sanierung kürzlich wiedereröffnet. Eine Ausstellung verbindet die Geschichte des Hauses mit der Geschichte der Disziplin, die seit 1992 an der Freien Universität in Düppel und Dahlem angesiedelt ist.

Eine kleine Villa mit quadratischer Grundfläche, gekrönt von einer frei tragenden Kuppel, im Schatten des Klinikhochhauses der Charité: Die ehemalige königliche Tierarzneischule sticht hervor zwischen den umliegenden roten Klinkerbauten, in denen bis heute noch einige veterinärmedizinische Institute der Freien Universität am Standort der Humboldt-Universität beheimatet sind.

Und dies nicht nur wegen des makellosen Putzes und der frischen Wandfarbe: Erbaut hat sie von 1789 an der Architekt des Brandenburger Tores, Carl Gotthard Langhans. Den Namen Tieranatomisches Theater verdankt das Gebäude dem trichterförmig eingelassenen, kreisrunden Hörsaal mit Deckenfresken, gestaltet vom damaligen Direktor der Akademie der Künste, Bernhard Rode. Darin wurden einst „Roßärzte“ ausgebildet: König Friedrich Wilhelm II. wollte die Preußische Kavallerie stärken, indem er dafür sorgte, dass ansteckende Pferdekrankheiten bekämpft wurden.

Zwischen Ost und West: die Jahre der Teilung

Ein Kapitel der Berliner Universitätsgeschichte ist das Gebäude seit 1934: Damals wurde die Tierarzneischule Teil der Friedrich-Wilhelms-Universität, die seit 1946 Humboldt-Universität heißt. Theodor Hiepe, emeritierter Veterinärprofessor, ist mit seinem Büro seit Langem Nachbar des Tieranatomischen Theaters. Von 1961 bis 1995 Direktor des Instituts für Parasitologie, wo er heute „Senior Scientist“ ist, erinnert sich der 83-Jährige noch gut an die wechselvollen Zeiten während der deutschen Teilung.

Besuche der Veterinärmedizin-Kollegen der neugegründeten Freien Universität aus Düppel seien nach dem Mauerbau zwar möglich gewesen. Doch Hiepe sah in diesen Jahren die Einheit der Fachrichtung gefährdet, wie er sagt. Heute blickt der letzte Dekan der Veterinärmedizin am Standort Mitte wieder mit Freude aus dem Fenster: Als einmaliges Glück beurteilt er die Wiedervereinigung, in deren Folge die veterinärmedizinischen Fachbereiche von Humboldt-Universität und Freier Universität 1992 unter dem Dach der Freien Universität fusionierten.

Und er schätzt den gemeinsamen Einsatz der Hochschulen für die Sanierung des Langhans-Baus. Beide Universitäten werden ihn künftig als Veranstaltungsort nutzen. Hiepe will mithilfe von Spenden eine Gedenktafel beisteuern: „Mein Anliegen ist es, die nunmehr mehr als 200-jährige Geschichte dieses Gebäudes und der Berliner Veterinärmedizin nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.“

Giftige Chemikalien und ein Hubtisch für Tierkadaver

Diesem Ziel wird auch die Ausstellung gerecht, die seit der Wiedereröffnung im Tieranatomischen Theater zu sehen ist: In den niedrigen Räumen im Erdgeschoss, in denen ursprünglich die Tierkadaver präpariert wurden, steht das Modell eines Hubtisches im Mittelpunkt. Dieser ermöglichte es den frühen Veterinärmedizinern, die schweren Tierkadaver aus dem Erdgeschoss in den Hörsaal im ersten Stock zu befördern. Teilweise multimedial dokumentiert sind die einzelnen Phasen der aufwendigen Sanierung des Baus, die sieben Jahre lang dauerte und sieben Millionen Euro kostete. Rückstände giftiger Chemikalien, die bei der Arbeit mit Tierkadavern einst bedenkenlos zum Einsatz kamen, galt es dabei zu beseitigen. Die Gesellschaft der Freunde und Förderer der Veterinärmedizin der Freien Universität hat den Wiederaufbau des Gebäudes finanziell unterstützt. .

Faible für Zyklopen und Doppelköpfe

In den Original-Vitrinen sind Exponate aus den veterinärmedizinischen Sammlungen zu sehen, die von Beginn an in den Räumen des Langhans-Baus untergebracht waren: Zusammengetragen hat sie maßgeblich Ernst Friedrich Gurlt, der seit 1819 an der Berliner Tierarzneischule lehrte. Die Sammlung umfasste zeitweise mehr als 6000 Präparate, darunter vor allem Skelette und Dauerpräparierungen von Fehlbildungen.

Den Krieg überdauerte nur ein relativ kleiner Teil davon, der heute öffentlich zugänglich ist am Institut für Veterinär-Anatomie in Dahlem sowie in einer Online-Datenbank. Wenn die Ausstellung im April 2013 zu Ende geht, sollen im Tieranatomischen Theater auch kulturelle Veranstaltungen stattfinden.