Maike Pöhler und Jacqueline Wissmann
Wir möchten die zukünftigen Lehrkräfte motivieren, immer zweimal zu gucken, d.h. eigene Urteile oder die von Kolleg*innen über Schüler*innen kritisch zu hinterfragen.
Stellen Sie sich vor, Sie kommen in der U-Bahn darüber ins Gespräch, was Sie an der Freien Universität in der Lehrkräftebildung tun. Was erzählen Sie zwischen zwei Stationen?
Wir sind leidenschaftliche Fahrradfahrerinnen und besitzen kein BVG Ticket. Was erzählen wir also während einer langen Rotphase an der Ampel? Wir arbeiten am Arbeitsbereich Lernpsychologie, und sind in der Lehrkräftebildung für die Pädagogische Diagnostik zuständig. Wir bieten Grundlagenseminare zu Beginn des Masters und Lernforschungsprojekte an, in denen die Studierenden individualdiagnostische Fragestellungen mit uns erforschen. Da kann es um Schüler*innen gehen, die in der Klasse besonders positiv oder negativ auffallen, und wir können in dem angeleiteten Rahmen dann versuchen herauszufinden, was die Ursachen dieser Auffälligkeiten sind. Und wir können auch eine erste Unterstützung geben, wie die Lehrkräfte von morgen mit Hilfe ihrer Kolleg*innen eine Herangehensweise finden, eigene Fragen oder Probleme konstruktiv und strukturiert zu reflektieren.
Warum tun Sie, was Sie tun?
Wir haben in unser schulpsychologischen und lerntherapeutischen Praxis häufig gesehen, dass Schüler*innen in ihrem Klassenverband über- oder unterschätzt werden, und dass das gravierende Auswirkungen für die Lernerfolge und die Selbstwertgefühle der Mädchen und Jungen hat. Wir möchten daher die zukünftigen Lehrkräfte motivieren, immer zweimal zu gucken, d.h. eigene Urteile oder die von Kolleg*innen kritisch zu hinterfragen, ergebnisoffen zu diagnostizieren, und damit den Kindern Chancen geben, aus ihrer Schublade wieder herauszukommen. Wir möchten, dass jedes Kind als besonderes Individuum gesehen werden kann und individuell gefördert werden kann. Denn wir denken, dass jede/r ein Recht darauf hat, gefördert zu werden.
Was ist das Wichtigste, Spannendste oder Unerwartetste, was Sie an der Freien Universität gelernt haben?
Gute Lehre hängt von der Perspektivenübernahme ab, und es geht eigentlich auch dort um individuelle Förderung. Wir möchten Studierende in ihrem Lernprozess bestmöglich unterstützen (und stoßen dabei an dieselben Grenzen wie die Lehrkräfte in der Praxis auch...). Die Veranstaltungen vom SUPPORT für die Lehre haben uns gezeigt: Die Studierenden müssen in den Fokus, d.h. Lehrmethoden sollen dem Ziel dienlich sein, den Kompetenzerwerb der Studierenden zu unterstützen.
Maike Pöhler und Jacqueline Wissmann sind Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen im Arbeitsbereich Lernpsychologie.