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Freunde in der Fremde

Von Dieter Lenzen

Je weiter man sich von der Heimat entfernt, desto enger und wichtiger werden Freunde in der Fremde. Karlo Grenc ist ein solcher. Bis vor kurzem war er deutscher Honorarkonsul in Split, jetzt, mit 70 Jahren, hat er aufgehört. Er ist ein weltläufiger Kroate, der der Bundesrepublik in den schweren zurückliegenden Zeiten auf dem Balkan unschätzbare Dienste erwiesen hat, indem er zu einer Instanz der Vermittlung und Verbindung wurde.

Grenc ist ein Besessener im besten Sinne, sieht zwanzig Jahre jünger aus als er ist, sportlich, flink eilt er zwischen seinen Schätzen umher, um sie zu zeigen: fast zwei Millionen Dokumente über Split und vor allem Diokletian, den römischen Kaiser, der eine seiner wichtigsten Residenzen in Split besaß. Ein eindrucksvoller Mann, der die gesamte Familie in seine Mission integriert hat und der die Vision einer großen Ausstellung in Berlin hat. Wer wird ihm helfen?

Grenc war es auch, der den Aufbau und den Unterhalt des Zentrums für deutsches, kroatisches, europäisches Recht und Rechtsvergleichung massiv unterstützt und mitgetragen hat. Es befindet sich an der Freien Universität Berlin und der Universität Split. Ihr Leiter ist Herwig Roggemann, emeritierter Jurist der Freien Universität. Die beiden passen zueinander.

„Primär motiviert“ nennt man sie „auf psychologisch“, Idealisten und Philanthropen sind sie. Sie arbeiten ohne Entlohnung, einfach nur dafür, dass Kroatien eine Zukunft hat, geschöpft aus der Vergangenheit durch den einen, geschöpft aus der Entwicklung europäischen Rechts für den anderen.

Hier wird Rechtsgeschichte des Balkan geschrieben, Gesetze konturiert, kommentiert, europäische Entwicklungen adaptiert, diskutiert und vermittelt. Um die Besonderheiten des europäischen Seerechts geht es in diesem Sommer, für Kroatien, mit seiner zerklüfteten, hinreißend schönen Küste mit allerdings vielen Umweltproblemen ein Megathema.

Finanziert wurde das Ganze bis dato aus dem Stabilitätspakt und mit Mitteln der Europäischen Union. Nun ist Ruhe auf dem Balkan, und die Freunde sorgen sich darum, dass die Mittel für Studien, Literatur und Diskussionen, die Mittel eben für die Gestaltung einer rechtsfesten Zukunft, zu Ende gehen könnten. Wer dort gewesen ist, ist versucht, sein Konto zu plündern, damit die Sache weitergeht. Dabei geht es eigentlich um eine Aufgabe europäischen Ausmaßes und um deutsche Interessen: einen starken, zuverlässigen Partner auf dem Balkan zu haben. Für die Freie Universität Berlin ein Kleinod ihres Osteuropa-Engagements.

Bleibt zu hoffen, dass die deutsche Politik, die „Außenwissenschaftspolitik“ der Bundesrepublik Deutschland das auch so sieht. Denn: Wissenschaftsförderung im Ausland heißt Freundschaft und Frieden zu etablieren mit solchen „Besessenen“ wie Grenc und Roggemann und den jungen Kroaten, die so werden wollen wie sie.

Der Autor ist Präsident der Freien Universität Berlin