War die Rüge im ersten Prüfverfahren rechtsfehlerhaft?
Ja. Nach Prüfung des Schlussberichtes des neuen Prüfgremiums stellte das Präsidium der Freien Universität Berlin fest, dass seine Rüge-Entscheidung vom 30. Oktober 2019 rechtsfehlerhaft war.
Infolge dieser Rüge-Entscheidung waren drei Gutachten vorgelegt worden: Zunächst am 31. Juli 2020 das Gutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Abgeordnetenhauses von Berlin, dann, am 27. Oktober 2020, das von Prof. Dr. Klaus Gärditz und schließlich das am 22. September 2020 von der Freien Universität beauftragte und am 4. November 2020 vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. Dr. h. c. Ulrich Battis. Gegenstand dieses Gutachtens war das Instrument der Rüge in Verfahren zur Entziehung eines akademischen Grades. Nach Kenntnisnahme und Würdigung dieser Gutachten ergab sich für das Präsidium, dass eine Rüge allenfalls in einem minderschweren Fall zulässig ist. Da das Gutachten von Professor Battis erst nach der Entscheidung für die Erteilung einer Rüge erstellt wurde, konnte es weder vom ersten Prüfgremium noch vom Präsidium berücksichtigt werden. Daher hat das erste Prüfgremium in seinem Bericht zwar eine bedingt vorsätzliche Täuschung festgestellt, ist aber nicht explizit auf die Frage eines etwaigen minderschweren Falles eingegangen. Dies führte zum zweiten Prüfverfahren, das die durch die Gutachten präzisierte Fragestellung aufgreifen konnte.