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Neue Ideen für Wissenschaftskommunikation

Berlin University Alliance fördert sechs Experimentallabore / Gemeinsame Pressemitteilung der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Nr. 040/2021 vom 04.03.2021

Insgesamt sechs Verbundprojekte werden als Experimentallabore für Wissenschaftskommunikation der Berlin University Alliance (BUA) gefördert. Im Vordergrund steht eine neue Form der Wissenschaftskommunikation (Knowledge Exchange), bei der nicht nur Wissen in die Gesellschaft kommuniziert wird, sondern die Wissenschaft neue Perspektiven durch die Teilhabe der Gesellschaft erhält. Die Fördersumme beträgt rund 2,4 Millionen Euro. Förderstart ist April 2021.

Experimentallabore für Wissenschaftskommunikation sind interdisziplinäre Projekte von Forschungsgruppen, in denen mit einer innovativen Herangehensweise kommunikative Ideen entwickelt und neue Austauschformate für bisher wenig erreichte Zielgruppen ausprobiert werden. Die geförderten Experimentallabore dienen sowohl der Präsentation von Forschungsergebnissen als auch der Diskussion über Forschungsfragen, deren Antworten noch ausstehen beziehungsweise erst im Dialog mit der Gesellschaft beantwortet werden können.

Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst, Präsidentin der Humboldt-Universität zu Berlin und Sprecherin der Berlin University Alliance: „Wir waren von der großen Zahl und hohen Qualität der eingereichten Anträge sehr positiv überrascht. Die nun erfolgte Auswahl an Projekten ermöglicht es uns, als BUA neue Austauschformate mit der Gesellschaft auszuprobieren. Die Mission des Wissensaustauschs mit der Gesellschaft ist mir auch persönlich ein besonderes Anliegen, und ich bin gespannt auf die ersten Ergebnisse aus den Laboren.“

Prof. Dr. Marc Dewey aus dem Steering Committee des Schwerpunktbereichs Fostering Knowledge Exchange der Berlin University Alliance: „Die Experimentallabore planen ganz unterschiedliche und sehr spannende Formate für den Austausch mit der Gesellschaft. Durch diese neuen Wege in der Wissenschaftskommunikation erhoffen sich die Verbünde, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse durch die zentrale Rolle der Gesellschaft gewonnen werden. Die innovativen Konzepte werden zum Abschluss der Projekte auch anderen Forschern und Forscherinnen zur Verfügung stehen.“

Die Ausschreibung richtete sich an themenspezifische Forschungsprojekte, die bereits in Verbünden arbeiteten und an denen mindestens zwei der vier Verbundpartnerinnen der BUA – Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin und Charité – Universitätsmedizin Berlin – beteiligt sind. Verknüpfungen zu den verschiedenen Schwerpunktbereichen des Exzellenzverbunds waren ausdrücklich erwünscht. Beiträge zu den Querschnittsthemen Teaching and Learning, Diversity and Gender Equality und Internationalization sowie zu den Themen Open Science und Open Access waren sogar Förderkriterien.

Die Projekte werden in den beiden Förderlinien „Fast Approach“ über ein Jahr und „Long Road“ über drei Jahre gefördert. Im kompakten Format treten die Forscherinnen und Forscher bereits nach einer kurzen Konzeptionsphase in einen unmittelbaren, tagesaktuellen Dialog mit den Akteurinnen und Akteuren ihrer jeweiligen Zielgruppe.

Die sechs Experimentallabore arbeiten nicht nur innerhalb der Projekte fach- und institutionenübergreifend, sondern vernetzen sich auch mit den anderen geförderten Formaten. So unterstützen sie das Ziel der Berlin University Alliance, Berlin als einen integrierten Forschungsraum weiter zu gestalten. Zudem ermöglicht es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, voneinander methodisch zu lernen, Ressourcen zu bündeln und neue Formate in anderen Wissenschaftsgebieten zu testen.

Die Projekte im Einzelnen

Fast Approach

Your Emotional City! “Emocity Citizen Science Laboratory.” Jointly Exploring Stress and Resilience In Urban Dwellers, Hauptantragsteller: Prof. Dr. Mazda Adli, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Die Städte wachsen. Gleichzeitig treten stressabhängige psychische Belastungen bei Stadtbewohnern und Stadtbewohnerinnen gehäuft auf. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den Bereichen Psychiatrie, Stadtplanung, Psychologie, Neurowissenschaften, Architektur, Soziologie, Philosophie und Ethnographie haben sich im „Interdisziplinären Forum Neurourbanistik“ zusammengeschlossen, um gemeinsam zu untersuchen, welchen Einfluss die Stadt auf Emotionen, Verhalten und die psychische Gesundheit der Menschen hat. Mit ihrer interdisziplinären Forschung möchten sie für Städte sorgen, die lebenswert und der psychischen Gesundheit ihrer Bewohner und Bewohnerinnen zuträglich sind.

Dies ist der Ausgangspunkt für das Experimentallabor Emocity Citizen Science Laboratory. In Kooperation mit dem Futurium Berlin hat es sich zum Ziel gesetzt, die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für dieses drängende Thema des urbanen Lebens zu erhöhen.

Mit seinem App-basierten Citizen Science-Ansatz lädt das Projekt die Berlinerinnen und Berliner ein, aktiv mit den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen den Einfluss des Stadtlebens auf unsere psychische Gesundheit zu erforschen. Was sind die Stresspunkte der Stadt? Was sind Wohlfühlorte? In interaktiven Veranstaltungen, Foren und Workshops treffen sie sich zum Wissensaustausch, um eine emotionale Stadtkarte von Berlin zu entwickeln.

Trash Games – Playing with the Circular Economy Transition at the HdM, Hauptantragstellerin: Prof. Dr. Vera S. Rotter, Technische Universität Berlin, Institut für Technischen Umweltschutz

Obwohl scheinbar viel über Recycling gesprochen wird, nehmen Rohstoffverbrauch und die damit verbundenen Umweltschäden zu. Der Bedarf an Materialien unserer Gesellschaft wird immer noch zu geringen Anteilen innerhalb einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft gedeckt, was nicht zuletzt für einen großen Kohlenstoffdioxid-Abdruck sorgt. Gebrauchtmaterial-Märkte, öffentliche Werkstätten für Textil, Holz und Metall, Repair-Cafés, Leihläden oder der Austausch von Werkzeug und Geräten sind einige der Ideen für ökologische und klimafreundliche Alternativen zum Überkonsum. Die Wirksamkeit dieser Aktivitäten für eine ressourcenschonende Zukunft untersucht das Fachgebiet Kreislaufwirtschaft und Recyclingtechnologie der Technischen Universität Berlin.

Gemeinsam mit dem Stadtlabor of Multimodal Anthropology der Humboldt-Universität zu Berlin verfolgen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen spielerischen Ansatz, um die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft praktisch erfahrbar zu machen – eine Wissenschaftskommunikation zum Mitmachen. Das Gesellschaftsspiel zeigt die Herausforderungen auf der Suche nach einer nachhaltigen Materialwirtschaft und macht sie so bewusst erfahrbar. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen kooperieren für das Spieldesign mit dem Haus der Materialisierung, in dem zahlreiche Zero-Waste-Initiativen, Start-ups, Sozialbetriebe, Kunstschaffende, Bildungseinrichtungen und auch Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unter einem Dach für eine alternative Materialwirtschaft forschen und arbeiten.

Long Road

AnthropoScenes. Making Sustainable Futures Public, Hauptantragsteller: Prof. Dr. Jörg Niewöhner, Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Europäische Ethnologie

Das Experimentallabor thematisiert den Umgang der Menschen mit ihren Ressourcen am Beispiel von Wasser. Der Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus der Biologie, Geografie, Ökonomie, Ressourcenökonomie, Ethnologie und den Politikwissenschaften der drei großen Berliner Universitäten ermöglicht es ihnen konkrete Aspekte der Bewirtschaftung und Verteilung von Wasserressourcen aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten.

AnthropoScenes verbindet dabei Theater und Wissenschaften miteinander. Die Inszenierung von Realitäten auf der Bühne fördert mit Methoden des Storytellings die Verbreitung kraftvoller Ideen und Botschaften. Interessierte sollen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Künstlern und Künstlerinnen sowie Menschen aus Politik und Wirtschaft ins Gespräch kommen. Das Experimentallabor verbindet Performances und künstlerische Mitmachformate auf Bühnen in Berlin und in Brandenburg mit digitalen Formaten und Plattformen sowie einer finalen Spielshow, die in einem Kooperationsraum zwischen Theater des Anthropozäns, Naturkundemuseum und dem Humboldt Labor entwickelt und durchgeführt werden. Ziel ist es, eine öffentliche Debatte über eine nachhaltige (globale) Zukunft von Wasser in der Gesellschaft anzuregen, die wiederum Impulse für die Forschung geben soll.

Schule @ Decision Theatre Lab, Hauptantragstellerin: Dr. Sarah Wolf, Freie Universität Berlin, Institut für Mathematik

Das Schule @ Decision Theatre Lab basiert auf der Verbundforschung des Berliner Exzellenzclusters MATH+ zu mathematischen Modellierungen von gesellschaftlichen Phänomenen. Mathematische Modellierung findet sich überall, von der Schmelztiegelmittelentwicklung über die Verbesserung von Solarzellen bis hin zu Evakuierungsplänen sowie bei gesellschaftlichen Herausforderungen, wie zum Beispiel dem Übergang zu einer nachhaltigen Materialwirtschaft oder der Ausbreitung von Epidemien.

Das Experimentallabor möchte mit Schülerinnen und Schülern sowie Lehramtsstudierenden der Mathematik nicht nur über die Faszination mathematischer Modelle, sondern auch über ihren Nutzen in der Gesellschaft sprechen. Hierzu werden zwei Formate gewinnbringend kombiniert. Ein School Lab Workshop, eine Reihe aus Vorträgen und Workshops gibt spannende Einblicke in die Mathematik mit ihren vielfältigen Realitätsbezügen und stellt mathematische Modelle vor. Im Decision Theatre kann dann mit mathematischen Modellen ausgewählter, gesellschaftlicher Phänomene experimentiert werden, indem komplexe Entscheidungsprozesse datenbasiert durchgespielt werden.

Projektlabor Wissenschaftskommunikation, Hauptantragstellerin: Prof. Dr. Birgit Kanngießer, Technische Universität Berlin, Institut für Optik und Atomare Physik

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Physik, Chemie, Didaktik und Arbeitslehre gründen ein Experimentallabor als Lehrmodul für Studierende. So können sie schon früh lernen, eine vermittelnde Rolle zwischen Forschung und Gesellschaft gestaltend wahrzunehmen. In eigenständiger interdisziplinärer Gruppenarbeit entwickeln sie unter anderem mit Naturwissenschaftlern und Naturwissenschaftlerinnen der Freien Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin und Technischen Universität Berlin neue Ideen für eine zielgruppengerechte Präsentation von wissenschaftlichen Daten und Ergebnissen. Sie kooperieren dabei mit Forschungseinrichtungen wie BESSY II, dem Elektronenspeicherring des Helmholtz-Zentrums Berlin, oder BLIX, dem Applikationslabor für Röntgentechnologien, das von der Technischen Universität Berlin gemeinsam mit dem Max-Born-Insitut für Nichtlineare Optik betrieben wird.

In Kooperation mit dem Experimental Stage Project Berlin und angebunden an die Maker-Bewegung, werden im Lehrkonzept nachhaltige Methoden wie 3D-Druck, Arduino-Programmierung oder Lasercutting genauso vermittelt, wie künstlerische Methoden und Konzepte, eingebracht durch Kooperationen mit UdK, dem Parallax Lab Berlin sowie der Hybrid Plattform Berlin. Der Wissensaustausch mit Künstlern und Künstlerinnen für neue Darstellungsformate einer studentischen Wissenschaftskommunikation mit Performances, multimedialen Arbeiten oder Installationen verspricht spannende Impulse für den integrierten Forschungsraum Berlin.

Wenn Materie lebendig wird, Hauptantragstellerin: Leá Perraudin, Humboldt-Universität zu Berlin, Exzellenzcluster »Matters of Activity. Image Space Material«

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Exzellenzcluster Matters of Activity. Image Space Material und Science of Intelligence haben sich im Experimentallabor Wenn Materie lebendig wird zusammengeschlossen. Sie wollen die Intelligenz von Materialien öffentlich diskutieren und erfahrbar machen. Materialien, die nach dem Vorbild der Natur als aktive Materialien zu scheinbar intelligenten Teilnehmenden in der Gesellschaft werden, verändern unser Verhältnis zur Natur und Technik grundlegend. Das Smartphone scheint Teil des menschlichen Körpers geworden zu sein, gleichzeitig imitieren immer neuartigere Kleidungsmaterialien die Natur. Diverse technische Gegenstände unseres Alltags interagieren heute beispielsweise mittels moderner Sensorik und Motorik oder aber durch Verwendung von selbstaktiven, soften oder smarten Materialien selbstständig mit ihrer Umgebung.

Mit spielerischen Formaten werden im Experimentallabor Menschen aus drei gesellschaftlichen Gruppen angesprochen, um sich gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Cluster diesem Zukunftsthema zu nähern: Schülerinnen und Schüler, Menschen aus Start-Up, Management und Politik sowie Personen einer breiten Öffentlichkeit. Eine Plattform für digitale Lernmodule und Labore, die mittels einer Virtual Reality Brille besucht werden, spielen dort genauso eine Rolle wie eine Pop-Up Science Station. In Flip Science Events treten Doktorandinnen und Doktoranden der beiden Cluster gegeneinander am, um im spielerischen Wettbewerb ihre Forschung auf unkonventionelle und verständliche Weise zu verteidigen. Zudem sind Robotik Workshops oder Fish Bowl Events für Start-Up Unternehmen geplant.

„Was wäre, wenn…?“ Das zentrale Element der zweiten Phase des Experimentallabors sind offene Workshops, in denen anhand von drei Beispielen (soft-robotische Hand, Pflanze, Schuh) Designs in hypothetischen Zukunftsszenarien gestaltet und erforscht werden. Ganz nach dem Motto „Wissen durch Machen“ wird so die Selbstaktivität und Intelligenz aktiver Materialien nachvollziehbar und erfahrbar gemacht. Die Ergebnisse dieser transdisziplinären Arbeiten werden anschließen in einer gemeinsamen Ausstellung im Humboldt Forum öffentlich präsentiert.

Gemeinsame Pressemitteilung der Freien Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin

Weitere Informationen

Die Berlin University Alliance

Die Berlin University Alliance ist der Verbund der drei Berliner Universitäten Freie Universität Berlin, Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Berlin sowie der Charité – Universitätsmedizin Berlin für die gemeinsame Gestaltung von Wissenschaft in Berlin. Die vier Partnerinnen haben sich zusammengeschlossen, um den Wissenschaftsstandort Berlin zu einem gemeinsamen Forschungsraum weiterzuentwickeln, der zur internationalen Spitze zählt. Im Zentrum der Zusammenarbeit stehen dabei die gemeinsame Erforschung großer gesellschaftlicher Herausforderungen, die Stärkung des Austausches mit der Gesellschaft, die Nachwuchsförderung, Fragen der Qualität und Wertigkeit von Forschung sowie übergreifende Vorhaben in Forschungsinfrastruktur, Lehre, Diversität, Chancengerechtigkeit und Internationalisierung. Die Berlin University Alliance wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Land Berlin im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern.

Pressekontakt

Hans-Christoph Keller, kommissarischer Pressesprecher der Berlin University Alliance und Pressesprecher der Humboldt-Universität zu Berlin

E-Mail: medien@berlin-university-alliance.de, Website: www.berlin-university-alliance.de   

Mehr Informationen zur Ausschreibung „Experimentallabore für Wissenschaftskommunikation“ des Objective 2: Fostering Knowledge Exchange der Berlin University Alliance: https://www.berlin-university-alliance.de/commitments/knowledge-exchange/experimental-laboratories/index.html