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Neues zur frühen Bombardierung und Entwicklung von Erde und Mond

Internationale Studie unter Beteiligung der Freien Universität in Zeitschrift Nature veröffentlicht

Nr. 215/2019 vom 12.07.2019

Wie hat sich die Erde von einem glutheißen, mit Lava überzogenen Planeten vor ca. 4,5 Milliarden Jahren zu einer lebensfreundlichen Welt entwickelt? Der Schlüssel hierfür liegt in der Frühgeschichte unseres Planeten, als die Bombardierung mit kosmischen Körpern langsam abebbte. Ein internationales Team, darunter Wissenschaftler des Museums für Naturkunde Berlin und der Freien Universität Berlin, ist es nun gelungen die Bombardierungsgeschichte von Erde und Mond quantitativ zu rekonstruieren. Die Ergebnisse dieser Studie wurden im Wissenschaftsjournal Nature veröffentlicht und erklären, warum der Mond weniger Materie durch das Bombardement angesammelt hat, als die Erde. Der Masseeintrag durch dieses Bombardement hat vermutlich entscheidend die spätere Entwicklung der Erde geprägt und möglicherweise die Entstehung einer Atmosphäre und von Ozeanen erst möglich gemacht hat.

Die Erde und die erdähnlichen Planeten im inneren Sonnensystem sind durch Kollision von Protoplaneten entstanden. Beim vermutlich letzten dieser gigantischen Kollisionsereignisse ist die Erde mit einem Mars-großen Körper zusammengestoßen. Aus den Trümmern bildete sich schließlich der Erdmond. Bisher ungeklärt ist, wie sich im Anschluss an diese gigantische Kollision die Erde von einem glühenden, vermutlich mit einem über tausend Kilometer dicken Magmaozean überdeckten Körper zu einem lebensfreundlichen Planeten mit flüssigem Wasser an der Oberfläche und einer Atmosphäre und Biosphäre entwickelt hat. Es wird angenommen, dass dem Zeitraum unmittelbar nach der Entstehung des Mondes vor 4,5 Milliarden Jahren bis etwa vor 3,8 Milliarden Jahren, als auf dem Mond durch große Einschläge von kosmischen Körpern die letzten großen Becken gebildet wurden, eine besondere Bedeutung zu kommt. Abkühlung, Kristallisation, und Stofftrennung im Erdinneren, vor allem aber das intensive Bombardement durch kosmische Körper (Impakte), die zusätzliche Materie geliefert haben, machen diese „Späte Wachstumsphase“ für die weitere Entwicklungsgeschichte der Erde besonders wichtig. Da auf der Erde fast keine Relikte in Form von Gesteinen aus diesem Zeitraum überlebt haben, kommt dem Mond eine besondere Bedeutung zu. Er stellt quasi ein Archiv für die Vielzahl von Einschlagsereignissen dar, die im selben Zeitraum auch auf der Erde stattgefunden haben müssen.

Die Forscherin und die Forscher veröffentlichten im Wissenschaftsjournal Nature ein quantitatives Modell, das einige wichtige Daten und Beobachtungen der Mondforschung erklären kann. Die Resultate liefern eine Erklärung, warum der Mond nach seiner Entstehung eine wesentlich geringere Masse von eingeschlagenen Asteroiden in seinem Mantel und seiner Kruste angesammelt hat als die Erde über den gleichen Zeitraum. Die Autorin und Autoren ermittelten durch Simulationen von Asteroideinschlägen, dass im Falle des Mondes mit seiner relativ geringen Masse ein Großteil des Materials einschlagender Körper nicht im Mond verbleibt, während im Falle der vergleichsweise massiveren Erde der überwiegende Anteil des Impaktormaterials auf der Erde verbleibt. Darüber hinaus kann das Modell die Masse erklären, die nach der Bildung des Mondes durch Einschläge in Mantel und Kruste des Mondes zugeführt wurde. Aus dieser Übereinstimmung ergibt sich, dass die angenommene exponentielle Abnahme der Einschlagsrate des Mondes nach seiner Entstehung plausibel ist. Sollte der Mond vor 4,5 Milliarden Jahren entstanden sein, müsste er nach den Resultaten etwa 200 Einschläge verzeichnet haben, die zu großen Becken mit einem Durchmesser von mehr als 300 Kilometern führen. Tatsächlich sind nur etwa 40 bis 50 solcher Einschlagsbecken vorhanden. Die Autoren erklären das damit, dass eine weiche und dünne Kruste zu Zeiten des Magmaozeans keine Krater- oder Beckenstrukturen ausbilden konnte und die einschlagenden Körper direkt in den Mondmantel eintauchten.

An der Studie beteiligt waren neben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Freien Universität und des Naturkunde-Museums die Macau University of Science and Technology (Macau, China), das Planetary Science Institute Tuscon in den USA, die University of Nice (Frankreich) und die University of California at Davis. Erstautor war Meng-Hua Zhu von der Macau University of Science and Technology.

Die Forschungsarbeiten sind Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanzierten Sonderforschungsbereichs TRR 170 (Berlin-Münster), der die späte Wachstumsphase der erdähnlichen Planeten untersucht. Die neuen Ergebnisse fügen sich auch in andere neue Studien des Sonderforschungsbereichs ein, die als Ergebnis von einer relativ langen Abkühldauer des Magmaozeans von mindestens etwa 100 Millionen Jahren ausgehen. Die ältesten Gesteine der Mondkruste wurden auf knapp 4,4 Milliarden Jahre datiert, damit ergibt sich nach Ansicht der Wissenschaftler ein plausibles Alter des Mondes von etwa 4,5 Milliarden Jahren.

Weitere Informationen

Publikation

DOI: 10.1038/s41586-019-1359-0

Kontakt und Interview-Wünsche

  • Prof. Dr. Harry Becker, Fachbereich Geowissenschaften der Freien Universität Berlin (Institut für Geologische Wissenschaften), Telefon 030 / 838 706 68, E-Mail, hbecker@zedat.fu-berlin.de
  • Dr. Kai Wünnemann, Museum für Naturkunde, Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung und Fachbereich Geowissenschaften der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 8891408857, E-Mail: kai.wuennemann@mfn.berlin