Wie reagiert das Gehirn auf Fehler?
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Freien Universität Berlin untersuchen Anpassungsreaktionen des menschlichen Gehirns auf Handlungsfehler
Nr. 362/2018 vom 13.12.2018
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und der Freien Universität Berlin haben in einer großangelegten Studie untersucht, welche Reaktionen im menschlichen Gehirn bei Handlungsfehlern ablaufen. Mithilfe eines Elektroenzephalograms (EEG) maßen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunächst Hirnströme der teilnehmenden Personen. Anschließend wurden die Hirnaktivitäten der insgesamt 863 Probandinnen und Probanden in einem Computermodell simuliert, mithilfe dessen Vorhersagen über Anpassungsprozesse nach Fehlern sowie über assoziierte neuronale Signale getroffen werden konnten. Beobachtet wurden adaptive ebenso wie nicht-adaptive Reaktionsprozesse. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Nature Communications veröffentlicht (DOI: 10.1038/s41467-018-07456-8).
Mithilfe des EEG beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Schwingungen im sogenannten Betabereich. Diese zeichneten in Echtzeit die Entwicklung von neuronalen Prozessen bei Handlungsfehlern auf, während die Probandinnen und Probanden eine Computeraufgabe bearbeiten mussten, bei der ein Pfeil aus mehreren Ablenkungsreizen die richtige Richtung vorgab. „Das Betasignal konnte sogar vorhersagen, ob Teilnehmer einen Fehler begehen würden, bevor diese überhaupt wussten, wie zu antworten war“, erklärt Dr. Adrian Fischer von der Freien Universität; er ist gemeinsam mit Dr. Roland Nigbur von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Erstautor der Studie.
Anhand des Betasignals konnte gezeigt werden, dass sich nach Fehlern die Geschwindigkeit reduziert, mit der das menschliche Gehirn Informationen verarbeitet. Dieser Effekt wirke besonders stark auf Ablenkungsreize: „Indem sich unsere Wahrnehmung verändert, schafft es unser Gehirn, uns vor einer Wiederholung von Fehlern zu schützen. Das geschieht in weniger als einer halben Sekunde“, konstatiert Adrian Fischer. Die Untersuchungen leisten nach Ansicht der Forscherinnen und Forscher einen wichtigen Beitrag zur funktionellen Relevanz von Beta-Wellen im Gehirn.
„Es ist bekannt, dass Menschen nach einem Fehler langsamer reagieren“, sagt Adrian Fischer. Dies verhindere vorschnelle Reaktionen und könne dazu dienen, Fehlerwiederholungen zu vermeiden. „Gleichzeitig werden wir aber durch Fehler abgelenkt, was manchmal unsere Leistungsfähigkeit reduziert.“ Wie diese sich widersprechenden Effekte im Gehirn verankert sind, war Adrian Fischer zufolge bisher weitgehend unbekannt.
Derzeit werten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler genetische Informationen aus, die erklären könnten, warum Menschen unterschiedlich auf eigene Fehler reagieren. In einer Voruntersuchung hatte eine Forschergruppe um den Koautor der Studie Prof. Dr. Markus Ullsperger von der Otto-von-Guericke-Universität herausgefunden, dass Männer und Frauen unterschiedlich auf Fehler reagieren und dass damit assoziierte neuronale Signale diese Unterschiede bedingen (www.nature.com/articles/srep24435).
Weitere Informationen
Artikel
DOI: 10.1038/s41467-018-07456-8
Kontakt
Dr. Adrian Fischer, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin, Arbeitsbereich Biopsychologie und kognitive Neurowissenschaften, Telefon: 030 / 838-648-99, E-Mail: adrian.fischer@fu-berlin.de