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Können Rechenmaschinen schneller sein als Supercomputer?

Wissenschaftsteam der Freien Universität und der University of British Columbia aus Kanada veröffentlicht Studie über Quantensimulatoren

Nr. 065/2018 vom 16.04.2018

Können Rechenmaschinen mächtiger sein als klassische Computer? Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und der kanadischen University of British Columbia haben diese Hypothese dem experimentellen Prüfstand ein Stück näher gebracht. Das Team um Prof. Dr. Jens Eisert vom Fachbereich Physik der Freien Universität und Robert Raussendorf von der kanadischen University of British Columbia konnten zeigen, dass mithilfe physikalischer Systeme, die auf sehr einfachen mikroskopischen Wechselwirkungen basieren, bestimmte Aufgaben sehr viel schneller gelöst werden können als mithilfe von klassischen Computern. Diese physikalischen Systeme bestehen aus einzelnen mikroskopischen Atomen oder Ionen; sie werden von der Quantentheorie beschrieben und deshalb oft auch „Quantensimulatoren“ genannt. Der Begriff des Quantensimulators geht zurück auf den US-amerikanischen Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1908–1988), der schon in den achtziger Jahren vorschlug, dass man mithilfe quantenmechanischer Systeme andere quantenmechanische Systeme effizient simulieren könne, obwohl das mit klassischen Supercomputern oft nicht möglich zu sein scheint.

Der letztendliche Beweis für diese Aussage blieb jedoch aus. In einer Lesart der Idee von Feynman zeigt die Arbeit von Juan Bermejo-Vega und Koautoren an der Schnittstelle zwischen theoretischer Physik und Informatik nun zum ersten Mal, dass solche Quantensimulatoren tatsächlich eine signifikant höhere Rechenleistung haben als alle möglichen klassischen Computer. Der Fachaufsatz mit dem Titel „Architectures for quantum simulation showing a quantum speedup“ (Architekturen für Quantensimulatoren mit einem Quantenvorteil) wurde im renommierten Fachjournal Physical Review X publiziert.

Dass die Gesetze der Quantentheorie es erlauben, Rechenmaschinen zu bauen, sogenannte „Quantencomputer“, die potenziell leistungsstärker sind als jeder Supercomputer dieser Welt, ist eine wissenschaftlich gut begründete Hoffnung. Diese ist so groß, dass in den letzten Jahren immer mehr Universitäten, aber auch Forschungsabteilungen großer Konzerne wie Google, IBM und Microsoft, darauf gesetzt haben, solche Quantencomputer zu entwickeln. Bisher ist aber noch unklar, ob die hohe theoretisch mögliche Rechenleistung aber auch in der Praxis besteht. Denn in jeder realen quantenmechanischen Maschine zerstören jedwede Störgeräusche die sehr empfindliche Kohärenz der Zustände, die essenziell dafür ist, dass Rechnungen gelingen.

Als ersten Schritt zu einem voll funktionalen Quantencomputer gilt es zunächst zu überprüfen, ob die Natur es überhaupt zulässt, die dafür notwendigen Zustände aufrecht zu erhalten. Darauf zielt ab, was als „Quantum computational supremacy“ bekannt geworden ist – also als „Quantenvorteil – , nämlich, eine quantenmechanische Rechenmaschine zu bauen, die zum Lösen auch von solchen Rechenaufga-ben imstande ist, die kein klassischer Computer lösen kann. Die Forschungsarbeit zeigt nun, dass schon sehr einfache Quantensysteme, die schon heute experimentell geschaffen werden könnten, dazu ausreichen sollten.

Zudem umgeht die Studie ein weiteres Problem früherer Ansätze: Sie zeigt, dass tatsächlich festgestellt werden kann, ob der Quantensimulator auch das richtige Problem gelöst hat. Das ist nicht offensichtlich, denn das Ziel der Wissenschaft ja gerade, etwas zu berechnen, was kein klassischer Computer nachrechnen kann.

Kontakt

Prof. Dr. Jens Eisert, Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-54781, E-Mail: jense@physik.fu-berlin.de

Artikel

https://journals.aps.org/prx/abstract/10.1103/PhysRevX.8.021010