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Der Klimawandel begann schon vor 180 Jahren

Industrielle Revolution trug bereits spürbar zur Erderwärmung bei, zeigt eine Studie

Nr. 283/2016 vom 24.08.2016

Der Klimawandel hat schon vor 180 Jahren begonnen und somit viel früher als bisher vermutet. Das fand jetzt ein internationales Forscherteam heraus. Um den frühesten Zeitpunkt der Erderwärmung festzustellen, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der nördlichen und der südlichen Erdhalbkugel sowohl zu Land als auch in den Ozeanen sogenannte natürliche Klimaarchive der vergangenen 500 Jahre, also tropische Korallen, Sedimentkerne, Stalagmiten, Baumringe und Eiskerne. Darüber hinaus analysierten sie Modelle über die Klimaentwicklung von mehreren Tausend Jahren. „Die Untersuchungen zeigen, dass schon die frühe Erderwärmung in Zusammenhang mit der steigenden Konzentration von Treibhausgasen als Folge der industriellen Revolution steht“, sagt Dr. Jens Zinke, Paläontologe an der Freien Universität Berlin und Ko-Autor der Studie, die in der Fachzeitschrift Nature erschienen ist.

Zu Beginn der industriellen Revolution sei noch eine vergleichsweise geringe Menge von Treibhausgasen ausgestoßen worden, die aber dennoch nachweislich zum Einsetzen der Erderwärmung beigetragen habe, erklärt Zinke. Vulkanische Eruptionen, die im frühen 19. Jahrhundert häufig vorkamen, haben den Beginn der Erwärmung der Studie zufolge nur in geringem Maße beeinflusst.

Die Untersuchung zeigt, dass die Erwärmung in den 1830er Jahren zuerst in der Arktis und in den tropischen Ozeanen begann, gefolgt von Europa, Asien und Nord-Amerika. Die Erwärmung großer Teile der Südhemisphäre erfolgte scheinbar erst bis zu 50 Jahre später. Die Ursachen dafür könnten nach Einschätzung der Wissenschaftler in den regional sehr unterschiedlichen Ozeanströmungen liegen: Die warmen Wassermassen werden auf natürliche Weise nach Norden abtransportiert und damit weg von der Antarktis. Für genauere Aussagen, etwa zur Erwärmung der Antarktis, sei die Datenlage jedoch noch zu unsicher.

„Bisher basierte ein Großteil der Datenlage auf Untersuchungen der nördlichen Hemisphäre, sagt Jens Zinke. Nun seien zum ersten Mal Klimaarchive vom Land und aus den Ozeanen von der Nord- und Südhemisphäre gleichzeitig analysiert worden. „Wir konnten auf zeitlich sehr detaillierte Klimaarchive sowohl der tropischen und extratropischen Ozeane – also der Ozeane innerhalb und außerhalb der Wendekreise – als auch beider Erdteile zurückgreifen.“

Zinke selbst untersucht tropische Korallen aus dem Indischen Ozean, der Karibik und aus dem Indonesischen Archipel, und rekonstruiert die Ozeantemperaturen der vergangenen 400 Jahre. Seine Daten wurden ebenfalls in die Analyse einbezogen. „Tropische Korallen wachsen bis zu 400 Jahre lang kontinuierlich. Durch ihr schnelles Wachstum von ein bis zwei Zentimetern pro Jahr kann man sie Monat für Monat über viele Dekaden und Jahrhunderte hinweg analysieren“, sagt Jens Zinke.

Die Ergebnisse der internationalen Studie, die unter der Leitung von Dr. Nerilie Abram von der Australian National University in Canberra durchgeführt wurde, liefern wichtige Erkenntnisse hinsichtlich des Einsetzens von menschlichem Einfluss auf das Klima der Erde. Sie zeigen, dass der Klimawandel nicht allein ein Phänomen des 20. und 21. Jahrhunderts ist, sondern dass man mindestens 180 Jahre zurückblicken muss, um die Erwärmung unseres Planeten und seine Ursachen zu erfassen. Damit beeinflussen sie auch Vorhersagen über den zukünftigen Klimawandel.

Jens Zinke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geologische Wissenschaften der Freien Universität Berlin und Mitglied des internationalen Past Global Changes 2000 Year (PAGES 2K)-Konsortiums, unter dessen Schirmherrschaft das 25-köpfige Forscher-Team aus Australien, den USA, Europa und Asien zusammengearbeitet hat.

Die Publikation

Nerilie J. Abram, Helen V. McGregor, Jessica E. Tierney, Michael N. Evans, Nicholas P. McKay, Darrell S. Kaufman & the PAGES 2k Consortium, Early onset of industrial-era warming across the oceans and continents, in Nature 536, 411–418 (25 August 2016) doi:10.1038/nature19082

http://www.nature.com/nature/journal/v536/n7617/full/nature19082.html#t

Pressefotos

Wissenschaftler beim Bohren von Korallen auf den Rowley Shoals, einer Gruppe von drei aus dem Wasser ragenden, atollähnlichen Korallenriffen vor der australischen Nordwestküste. Bildquelle: Eric Watson, AIMS (Australien)

Wissenschaftler beim Bohren von Korallen auf den Rowley Shoals, einer Gruppe von drei aus dem Wasser ragenden, atollähnlichen Korallenriffen vor der australischen Nordwestküste. Bildquelle: Eric Watson, AIMS (Australien)

Dr. Jens Zinke bohrt Korallen in Madagaskar. Die aus diesen Proben gewonnen Daten flossen auch in die genannte Studie ein. Bildquelle: Charlotte Spliethoff

Dr. Jens Zinke bohrt Korallen in Madagaskar. Die aus diesen Proben gewonnen Daten flossen auch in die genannte Studie ein. Bildquelle: Charlotte Spliethoff

Dr. Jens Zinke (re.) und ein Kollege beim Korallenbohren in Madagaskar. Bildquelle: Charlotte Spliethoff

Dr. Jens Zinke (re.) und ein Kollege beim Korallenbohren in Madagaskar. Bildquelle: Charlotte Spliethoff

Die Fotos stehen bei Verwendung im Kontext der Pressemitteilung und Nennung der Quellen „Eric Watson, AIMS (Australien)“ (1) bzw. „Charlotte Spliethoff“ (2, 3) honorarfrei zur Verfügung.

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