Schützt die Kultur Syriens!
Wissenschaftler der Freien Universität digitalisieren Inventar eines bedrohten Museums in Syrien
Nr. 114/2015 vom 28.04.2015
Im Rahmen der Förderlinie des Auswärtigen Amtes zum Schutz von Kulturgütern vor Raub und Zerstörung in Syrien digitalisieren Wissenschaftler der Freien Universität in einem neuen Forschungsprojekt das von Zerstörung bedrohte Museumsinventar des National-Museum von Deir az-Zor in Syrien. Der Einweihung des Museums im Jahr 1996 war ein dreijähriges Gemeinschaftsprojekt der syrischen Antikenverwaltung und der Freien Universität mit namhafter Unterstützung des Auswärtigen Amtes zur Realisierung der ständigen Ausstellung des Museums vorausgegangen. Aus dieser Zeit liegt eine analoge Bestandskartei vor, die jetzt als Ausgangspunkt für die Digitalisierung des Museumsinventars dient. Unter dem Schirm der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) und in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion der syrischen Antikenverwaltung in Damaskus (DGAM) soll in diesem Projekt eine Datenbank des Museumsinventars in englischer und arabischer Sprache entstehen. Ziel ist, dass am Ende eine bebilderte „short list“ exzerpiert und im Internet kontrolliert zugänglich gemacht wird. Leiter des Projektes ist Prof. Dr. Hartmut Kühne vom Institut für Vorderasiatische Archäologe der Freien Universität Berlin. Angelegt ist das Projekt für die Dauer von zwei Jahren; die jetzt beschiedene Förderung aus Mitteln des Auswärtigen Amtes gilt zunächst bis zum Ende dieses Jahres.
Hintergrund des Projektes sind der anhaltende Raub und die Zerstörungen wertvoller Kulturgüter in Syrien und im Irak durch die Kriegsparteien. Von den 35 Museen in Syrien sind bereits drei geplündert worden, weitere sind extrem gefährdet, wie das Museum von Deir az-Zor und das Museum der Provinzhauptstadt Idlib südlich von Aleppo. Deir az-Zor ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Osten Syriens und heute eine geteilte Stadt: Die westliche Hälfte wird noch von Militäreinheiten der syrischen Regierung kontrolliert, die östliche Hälfte von Kämpfern der Miliz Islamischer Staat. Das National-Museum liegt in der westlichen Hälfte; es besteht täglich die Gefahr, dass es von den Kämpfern des Islamischen Staates überrannt wird. Geraubte Objekte würden in der Folge ihre Museumsidentität verlieren und über den Kunsthandel in (Privat-) Sammlungen gelangen. „Wir tragen mit diesem Projekt dazu bei, dass die Identität der geraubten Objekte nicht verloren geht, sondern im Gegenteil durch das Internet bekannt wird“, erklärt Prof. Dr. Hartmut Kühne. „In Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen wie der UNESCO und Interpol wollen wir erreichen, dass der illegale Weg, den die Objekte möglicherweise nehmen, verfolgbar bleibt.“ Dazu gehöre auch, dass Händler selbst oder durch Dritte auf die Illegalität ihrer Angebote aufmerksam werden.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Hartmut Kühne, Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin, E-Mail: hartmut.kuehne@fu-berlin.de