Springe direkt zu Inhalt

Online blättern in Tagebüchern Theodor Wolffs

Historiker der Freien Universität stellen Tagebücher des Journalisten aus den Jahren 1914-1919 im Internet bereit

Nr. 31/2015 vom 06.02.2015

Eine digitale Ausgabe der Tagebücher des Berliner Journalisten und Kritikers Theodor Wolff (1868–1943) ist von Samstag an online verfügbar. Für die Online-Nutzung vorbereitet und um Informationen ergänzt wurden sie von Historikern der Freien Universität Berlin um Professor Bernd Sösemann von der Arbeitsstelle für Kommunikationsgeschichte und interkulturelle Publizistik. Die Bände der Jahre 1914 bis 1919 bieten einen Einblick in den Journalismus im Ersten Weltkrieg und zu Zeiten der Revolution.

Das Angebot ist in ein Portal der Arbeitsstelle zu Theodor Wolff eingebettet, auf dem sich weiterführende Angaben zur Epoche, zur Person und seinen Publikationen finden. Die Nutzung ist kostenfrei.

Theodor Wolff, bekannt auch unter dem Kürzel T. W., war von 1906 bis 1933 Chefredakteur des „Berliner Tageblatts“. Aus jener Zeit stammen seine Tagebücher: Sie reichen von der „Julikrise“ 1914 bis zur Unterzeichnung des Vertrags von Versailles im Sommer 1919. Eine kommentierte wissenschaftliche Edition in zwei Bänden erschien 1984, herausgegeben von Bernd Sösemann. „Für die Geschichts-, Kultur- und Sozialwissenschaften haben die unmittelbar und sorgfältig gefertigten Tagebuch-Aufzeichnungen einen hohen Quellenwert“, sagt der Historiker. „Diese Einschätzung gilt besonders für Wolffs Gespräche mit Politikern, Industriellen, Publizisten und Künstlern. Die Interviewten meinten offensichtlich, sie müssten sich dem gut informierten Journalisten gegenüber rechtfertigen.“

Für die Online-Darstellung wurden dem Tagebuch zahlreiche zeitgenössische Dokumente wie Zeitungsartikel, Übersichten und Fotografien beigegeben. Sie lassen sich chronologisch durchsehen. Alle Materialien können als automatische Bilderfolge gelesen oder betrachtet werden und stehen auch in höherer Auflösung bereit. Einführende Informationen und Zwischentexte erleichtern das Verständnis. Gefördert wurde das Projekt von der Pressestiftung NRZ in Essen.

Biografie

Theodor Wolff wurde am 2. August 1868 als Sohn einer jüdischen großbürgerlichen Familie geboren. Nach der mittleren Reife machte er eine kaufmännische Lehre beim „Berliner Tageblatt“, eines der größten Publikationsorgane, herausgegeben von seinem Cousin, dem angesehenen Verleger Rudolf Mosse. Dabei blieb es nicht lange, denn mit Reisefeuilletons, Theater- und Literaturberichten erregte Theodor Wolff in Berlin schnell Aufmerksamkeit. Es folgten mehrere Romane, Feuilletonsammlungen und Schauspiele, die auch über Deutschland hinaus Beachtung fanden.

In die Redaktion des „Berliner Tageblatt“ wurde Wolff 1887 aufgenommen, von 1894 an berichtete er als deren Korrespondent aus Paris. Während seiner Zeit als Chefredakteur avancierte die Zeitung zu einem der bedeutendsten fortschrittlich-liberalen Medien Deutschlands. Nach 1918 wurde es zur Zielscheibe von Deutschnationalen, die es als „Judenblatt“ diffamierten. Auch Wolff selbst wurde bedroht: Unter der nationalsozialistischen Herrschaft wurde er 1933 vertrieben, er ging ins Exil nach Österreich, in die Schweiz und nach Frankreich. Vier Jahre später wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, 1943 wurde er in Nizza verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert, die ihn inhaftierte. Wegen einer schweren Erkrankung verlegte man ihn schließlich in das Jüdische Krankenhaus Berlin, wo er am 23. September 1943 starb.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Bernd Sösemann, Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Arbeitsstelle für Kommunikationsgeschichte und interkulturelle Publizistik (AKiP), Telefon: 030 / 838-58448, E-Mail: bernd.soesemann@fu-berlin.de

Im Internet