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Wissenschaftler der Freien Universität warnen vor Spaltung zwischen europäischer Führung und EU-Bevölkerung

EU-Verbindungsbüro der Freien Universität organisierte Diskussion im Europäischen Parlament – Auftakt für neue Gesprächsreihe zwischen Wissenschaft und Politik

Nr. 335/2010 vom 03.11.2010

Der Politikwissenschaftler Professor Dr. Thomas Risse von der Freien Universität Berlin hat ein stärkeres Eintreten und eine größere Medienpräsenz der Abgeordneten des Europäischen Parlaments in kontrovers diskutierten Themen gefordert. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass anti-europäische Bewegungen gestärkt würden und es zu einer Spaltung zwischen der europäischen Führung und der EU-Bevölkerung komme. Die Volksvertreter würden in den einzelnen Staaten der Europäischen Union als legitime Kommentatoren auch in Fragen nationaler Politik wahrgenommen, etwa in der Sozial- und Migrationspolitik, sagte Risse auf einer Diskussionsveranstaltung im Europäischen Parlament.

Die Debatte war der Auftakt einer vom EU-Verbindungsbüro der Freien Universität Berlin in Brüssel organisierten Reihe. Sie wurde von der DFG-Kolleg-Forschergruppe „The Transformative Power of Europe“ finanziert, die von Prof. Dr. Tanja Börzel und Prof. Dr. Thomas Risse geleitet wird. Die Freie Universität ist die einzige europäische Universität mit einer solchen Repräsentanz.

Als Beispiel für eine öffentliche Kontroverse nannte Risse die jüngste politische Auseinandersetzung zwischen EU-Justizkommissarin Viviane Reding und der französischen Regierung über die Frage des Umgangs mit Roma-Lagern. Prof. Dr. Liesbet Hooghe von der University of North Carolina at Chapel Hill, zurzeit Gastprofessorin an der Freien Universität Berlin, warnte ebenso wie Risse vor den Gefahren des Auseinanderklaffens zwischen den Meinungen der politischen Führung und der Bevölkerung Europas. Die EU-Bürger müssten stärker in die politischen Prozesse eingebunden werden, erklärte sie. Professorin Hooghe warnte zugleich davor, Referenden über zu viele Fragen abzuhalten. Es sei nicht gut, komplexe Politikfelder auf eine Alles-oder-Nichts-Option zu verkürzen. Sinnvoller sei es, die Bevölkerung stärker in die Entscheidungen einzubeziehen.

Aufgabe des Büros der Freien Universität in Brüssel ist es unter anderem, durch Debatten wie diese den Politikern und Institutionen in Brüssel die wissenschaftliche Expertise der Freien Universität Berlin anzubieten. An der von Jochen Bittner, Die Zeit, moderierten Diskussion nahm auch der Europaabgeordnete Andrew Duff (Liberal Democrats) und Telmo Baltazar teil, ein Kabinettsmitglied von Justizkommissarin Viviane Reding. Andrew Duff war einer der drei Vertreter des Europäischen Parlaments in der Regierungskonferenz 2007, die den Reformvertrag von Lissabon ausgearbeitet hat.

Weitere Informationen

Charlotte Fiala, EU-Verbindungsbüro der Freien Universität Berlin in Brüssel, Telefon: +32 2 514 6883, E-Mail: charlotte.fiala@fu-berlin.de

Im Internet

www.fu-berlin.de/brussels