Die Schweiz und die DDR
Vorstellung des Buches „Honeckers Handschlag“ von Erwin Bischof und Diskussion am 5. Februar 2010 im Auswärtigen Amt
Nr. 20/2010 vom 27.01.2010
Der Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin lädt in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Botschaft und der Buchhandlung Buch und Service im Auswärtigen Amt am 5. Februar zur Vorstellung eines Buches über die Beziehungen zwischen der DDR und der Schweiz ein. Es trägt den Titel „Honeckers Handschlag“. Teilnehmer der Veranstaltung sind der Autor des Werkes, Dr. Erwin Bischof, der Verfasser des Buches „Radikale Jugend. Die sozialistische Jugendbewegung der Schweiz 1900–1930“, Dr. Andreas Peter-sen, sowie der Diplomatie-Dozent Enrico Seewald. Die Moderation übernimmt Dr. Jochen Staadt vom Forschungsverbund SED-Staat.
Von der DDR wurden die neutralen Alpenstaaten Schweiz und Österreich über zwei Jahrzehnte heftig umworben, bevor es 1972 zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen kam. Das geschah im Kontext des deutsch-deutschen Grundlagenvertrages und der Aufnahme beider deutscher Staaten in die Vereinten Nationen. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der DDR und der Schweiz stagnierten auf einem bescheidenen Niveau. Die touristischen Attraktionen des Alpenlandes blieben für DDR-Bürger unerreichbar, lediglich für DDR-Wintersportler waren schweizerische Wettkampfstätten ein regelmäßiges Reiseziel. Auch der kulturelle und geistige Austausch blieb unentwickelt und auf eine kleine Gruppe Intellektueller beschränkt.
Das Verhältnis der Schweizer zur DDR ist auch heute noch, 20 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Vereinigung, von Emotionen geprägt. Bis 1989 existierte ein bis heute wenig bekanntes Beziehungsgeflecht zwischen DDR-Funktionären auf der einen Seite und schweizerischen Kommunisten, linken Sozialdemokraten und Linksintellektuellen auf der anderen. Diese Vertreter der Schweiz waren vom sozialistischen System mehr oder weniger begeistert, zumindest waren sie keine Anhänger des „Kapitalismus“ und hielten Ausschau nach einer Alternative, meist „demokratischer Sozialismus“ genannt. Andererseits war der Antikommunismus in der Schweiz sehr ausgeprägt – lange vor Gründung der DDR.
Erwin Bischof legt jetzt die erste Überblicksdarstellung zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und der DDR in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren vor. Schwerpunkte seiner Untersuchung sind die Beziehungen zwischen der DDR und Schweizer Parteien, Kirchen, Vereinen, Intellektuellen und Medien. Bischof hat in 14 deutschen und schweizerischen Archiven recherchiert und zahlreiche bislang nicht bekannte Überlieferungen ausgewertet. Sein Buch behandelt unter anderem
- die DDR-Spionage in der Schweiz
- die Schiebereien des Devisen-Beschaffers der DDR, Alexander Schalck-Golodkowski in Zug und Lugano
- Besuche von schweizerischen Offizieren und Parlamentariern in Ost-Berlin
- die Kontakte der kommunistischen Partei der Arbeit der Schweiz in die DDR
- die Gesellschaft Schweiz – DDR
- das Engagement des schweizerischen Theologen Karl Barth für den Sozialismus
- die Auswanderung schweizerischer Kommunisten in die DDR
- Marcel Brun alias Jean Villain, Schriftsteller und Stasi-Spitzel
- Professor Arthur Baumgarten-von Salis, Chef-Jurist der SED
- der Kunsthistoriker Konrad Farner von Thalwil, ein „Totengräber der bürgerlichen Schweiz“
- das Lavieren des Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt zwischen Faschismus und Kommunismus
- Schriftsteller Max Frisch zwischen den Fronten
- die Schweizer Medien und die Öffentlichkeitsarbeit der DDR-Botschaft in Bern
Das Buch enthält neben zahlreichen Dokumenten, Fotos und Karikaturen Beiträge von Elisabeth Kopp (ehemalige Bundesrätin/Justizministerin der Schweiz) und des Kabarettisten Emil Steinberger.
Autorenbiographie Dr. Erwin Bischof
Geboren 1940 in Zug, wohnhaft in Bern. Studium der Geschichte und Germanistik in Bern, Bonn und Genf. Promotion zum Dr. phil. in Neuerer Allgemeiner Geschichte in Bern 1969. Assistent von Prof. Walther Hofer am Historischen Seminar der Universität Bern. Schweizer Diplomat von 1970–1980 mit Stationen in Warschau, Bern (als Pressesprecher des Außenministeriums), Genf und Helsinki (als diplomatischer Vertreter der Schweiz bei der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, KSZE). Nach der diplomatischen Tätigkeit war er 30 Jahre selbständiger Kommunikations-Berater für Firmen, Verbände und Politik. Publizistisch tätig für „Trumpf Buur“ 1982 – 1986. Mitglied des Grossen Rates Bern für die FDP 1986 – 1991. Gründer der internationalen Veranstaltungsorganisation interforum 1993. Organisator von Konferenzen mit den Politikern Michail Gorbatschow, Viktor Tschernomyrdin, Lord Robertson und Rudolf Scharping.
Um Anmeldung wird gebeten unter
- Telefax: 030 / 838-55235
- Telefon: 030 / 838-52091
- E-Mail: j.staadt@fu-berlin.de oder jbraunsdorf@buchundservice.de
Ort und Zeit
- Besucherzentrum im Lichthof des Auswärtigen Amts, Saal 3
Werderscher Markt 1, 10117 Berlin
- 5. Februar 2010, 15.00 Uhr