Aufmerksamkeitsstörungen und Gedächtnisverlust bei Fliegen und Menschen ähnlich
Forscher der Freien Universität Berlin und des Queensland Brain Institute im australischen Brisbane halten Rückschlüsse auf Therapie von ADHS für möglich
Nr. 18/2010 vom 25.01.2010
Ein deutsch-australisches Team aus Forschern der Freien Universität und des Queensland Brain Institute im australischen Brisbane hat eine Methode entwickelt, mithilfe derer die Aufmerksamkeit von Fliegen gemessen werden kann. Die Entwicklung könnte dazu beitragen, nähere Erkenntnisse über Krankheiten wie Autismus oder Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) beim Menschen zu gewinnen.
Professor Bruno van Swinderen am Queensland Brain Institute in Brisbane und Privatdozent Dr. Björn Brembs von der Freien Universität kombinierten genetische Methoden mit Gehirnmessungen und Verhaltenstests. Die Biologen fanden dabei verschiedene Mutationen, die die Aufmerksamkeit der Fliegen entweder erhöhten oder verringerten.
Van Swinderen entdeckte mit dem genetischen Taufliegen-Modellsystem Drosophila melanogaster, dass der Grad der Ablenkbarkeit der Tiere fein darauf abgestimmt ist, das richtige Verhalten in der richtigen Situation zu zeigen: „Wir haben eine Fliegenmutante mit Gedächtnisverlust, die kaum von einer Aufgabe abzulenken ist und eine, die sich zu leicht ablenken lässt. Für beide hat das die gleichen Folgen: Lernprobleme – aber aufgrund von völlig unterschiedlichen Ursachen, ganz ähnlich wie Menschen mit Autismus oder ADHS.“
Die Fliegen wurden mit Methylphenidat gefüttert, ein Mittel, das unter dem Markennamen „Ritalin“ für Patienten mit ADHS verschrieben wird. Dabei beobachteten die Forscher, dass die Behandlung bei Fliegen ähnliche Effekte hatte wie beim Menschen: Es half den weniger aufmerksamen Fliegen, sich auf visuelle Reize zu konzentrieren.
„Dieses Ergebnis legt nahe, dass es biochemische Mechanismen im Fliegengehirn und im menschlichen Gehirn geben muss, die einander ähneln. Wir verfügen nun endlich ein reduktionistisches Modellsystem, mit dem wir untersuchen können, was genau sich bei diesen Prozessen abspielt“, sagte van Swinderen. Privatdozent Brembs erklärte: „Diese überraschenden Parallelen zwischen Insekten und Menschen könnten ein Hinweis darauf sein, dass es ganz fundamentale Grundprinzipen gibt, nach denen alle Gehirne funktionieren.“
Weitere Informationen
PD Dr. Björn Brembs, Institut für Biologie der Freien Universität Berlin
Tel.:+49 ( )030/ 838–55050, E-Mail: b.brembs@fu-berlin.de