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Dias aus dem „Führerauftrag Monumentalmalerei“ an Freie Universität übergeben

Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut erhält den verloren geglaubten Bestand für eine erste Auswertung

Nr. 19/2009 vom 27.01.2009

Pfarrkirche St. Clemens, Schwarzrheindorf (1151 geweiht), romanische Wandmalereien

Pfarrkirche St. Clemens, Schwarzrheindorf (1151 geweiht), romanische Wandmalereien
Bildquelle: Nils Hansen, München

Romanische Wandmalerei in der Pfarrkirche St. Clemens, Schwarzrheindorf (1151 geweiht).

Romanische Wandmalerei in der Pfarrkirche St. Clemens, Schwarzrheindorf (1151 geweiht).
Bildquelle: Nils Hansen, München

Rund 1000 Dias aus dem sogenannten Führerauftrag Monumentalmalerei, die während des Nationalsozialismus zwischen 1943 und 1945 entstanden, sind der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität übergeben worden. Die Dias aus dem Nachlass des Kunsthändlers Bernhard A. Böhmer wurden erst kürzlich in Finnland entdeckt. Die Forschungsstelle arbeitet derzeit an einer Publikation zu Bernhard A. Böhmer.

Hinter dem „Führerauftrag Monumentalmalerei“ verbirgt sich eine groß angelegte Fotokampagne, die Adolf Hitler im Jahr 1943 anordnete. Angesichts der drohenden Zerstörung durch Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg sollten alle bedeutsamen Dekorationsprogramme des gesamten Reichsgebietes fotografisch dokumentiert werden. Fast alle prominenten Fotografen Deutschlands waren an der Kampagne beteiligt.

Mindestens 500 Bauwerke sollten in verschiedenen Perspektiven abgelichtet werden, man rechnete mit bis zu 600.000 Aufnahmen. Wie viele tatsächlich entstanden, ist bis heute unklar. Die Großkampagne endete zwangsläufig im April 1945, kurz vor der Kapitulation des Deutschen Reichs. Wieder aufgefunden wurden bisher 40.000 Dias. Sie bilden eine einzigartige Dokumentation der mitteleuropäischen Wand- und Deckenmalerei des 9. bis 20. Jahrhunderts.

Ein Teil der Dias sollte von dem Kunsthändler Bernhard A. Böhmer im ehemaligen Atelier des 1938 verstorbenen Bildhauers Ernst Barlach verwahrt werden. Böhmer war einer der wenigen Kunsthändler, die autorisiert waren, die 1937 in deutschen Museen als „entartet“ diffamierten und beschlagnahmten Kunstwerke gegen Devisen ins Ausland zu verkaufen. Anfang Mai 1945 nahm sich Böhmer beim Einmarsch der Roten Armee das Leben. Das Barlach-Atelier wurde vom russischen Militär geräumt und als Autowerkstatt genutzt. Seitdem fehlte jede Spur von den Farbaufnahmen.

Erst jetzt sind in Finnland annähernd 1000 Dias wieder aufgetaucht. Der Heimat- und Barlachforscher Ulrich Schirow übergab die Farbdias der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität, die seit Langem zu Bernhard A. Böhmer recherchiert und derzeit eine Publikation vorbereitet. Nach einer vorläufigen Auswertung des Bestandes werden die Dias dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München übergeben; dort lagern die bisher aufgefunden Dia-Sammlungen, die bereits in einer Bilddatenbank zugänglich sind.

Kontakt:

  • Freie Universität Berlin, Kunsthistorisches Institut, Forschungsstelle „Entartete Kunst“,

Koserstr. 20, 14195 Berlin

Publikationen:

  • Meike Hoffmann (Hg.): Ein Händler „entarteter“ Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass, Schriften der Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Bd. 3, Akademie-Verlag Berlin (erscheint 2009)
  • Christian Fuhrmeister u. a. (Hg.): „Führerauftrag Monumentalmalerei“. Eine Fotokampagne 1943-1945, Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte, Bd. 18, Köln 2006