Kolloquium über „entartete Kunst“
Ein Händler „entarteter“ Kunst – Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass
Nr. 255/2008 vom 27.08.2008
Die Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin und das Kulturhistorische Museum Rostock laden zu einem öffentlichen Kolloquium am 3. September 2008 ein. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Ausstellung „Meisterwerke der Moderne. Aus den Beständen der 1937 von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Kunst“ im Kulturhistorischen Museum und in der Kunsthalle Rostock statt. Die Ausstellung wird noch bis zum 7. September gezeigt. Die Teilnahme am Kolloquium ist kostenfrei.
Bernhard Alois Böhmer (1892–1945) gehörte zu den vier Kunsthändlern, die zum Verkauf der 1937 in deutschen Museen als „entartet“ beschlagnahmten Kunstwerke autorisiert waren. Dokumente weisen darauf hin, dass bei Böhmer in Güstrow nicht nur die offiziell über ihn „verwerteten“ Kunstwerke lagerten. Nach dem Krieg ließ die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone seinen Nachlass sicherstellen und die annähernd 1000 Werke in Rostock deponieren. Der ursprüngliche Plan, die aus ostdeutschem Museumsbesitz stammenden Werke den Herkunftsinstitutionen zurückzugeben, konnte nur teilweise verwirklicht werden. Heute befinden sich im Kulturhistorischen Museum in Rostock noch rund 600 Werke, von denen derzeit in Rostock erstmals ein großer Teil ausgestellt ist.
Die Vorträge des Kolloquiums widmen sich sowohl Böhmers Praktiken als Händler und seinen Kontakten im NS-Staat als auch dem Umgang mit seinem Nachlass nach 1945. Ein erst vor kurzem entdeckte umfangreiches Konvolut an Dokumenten und Fotografien erlaubt einen ganz neuen Einblick in den Handel mit „entarteter“ Kunst und deren Rezeption bis weit in die Nachkriegszeit. Ein Schwerpunkt des Kolloquiums wird sein, das historische und rechtliche Schicksal der Hinterlassenschaft Böhmers zu thematisieren.
Die Beiträge des Kolloquiums und weitere Forschungen zum Thema erscheinen Anfang 2009 in der Publikation: Meike Hoffmann (Hg.), Ein Händler „entarteter“ Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass, Schriftenreihe der Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Band 3, Akademie Verlag Berlin. Die Publikation wird als erste Monographie zu Böhmer den Rostocker Bestand, die Rückgaben und Verkäufe aus Böhmers Nachlass nach 1945 vollständig katalogisieren. Ein umfangreicher Abbildungsteil ergänzt die Dokumentation.
Programm des Kolloquiums
- Roland Methling (Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock): Eröffnung
- Prof. Dr. Uwe Fleckner (Leiter der Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Berlin / Hamburg): Die Forschungsstelle „Entartete Kunst“ - Profil und Forschungsziel
- Marie-Luise Tapfer M. A. (Bad Homburg) „Entartete“ Gemälde von Lovis Corinth bei Bernhard A. Böhmer
- Frédérique Régincos M. A. (Berlin) Gründe und Abgründe einer Freundschaft – Bernhard A. Böhmer und Rolf Hetsch
- Andreas Hüneke (Forchungsstelle „Entartete Kunst“, Freie Universität Berlin): „Absolut nichts Entartetes.“ Beschlagnahmte Gemälde Wilhelm Morgners in Güstrow und ihre Rückgabe
- Isgard Kracht M. A. (Düsseldorf): Bernhard A. Böhmer und das Nachlassgremium Ernst Barlach
- Dr. Meike Hoffmann (Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Freie Universität Berlin): Geplündert, geborgen, verkauft, sichergestellt – Böhmers Nachlaß nach 1945
- Dr. Heidrun Lorenzen (Leiterin des Kulturhistorischen Museums Rostock) Der Rostocker Bestand in Geschichte und Gegenwart
- PD Dr. Detlev Brunner (Institut für Zeitgeschichte, Berlin): Güstrow 1945
- Harald König (Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, Berlin): Das rechtliche Schicksal des im Nachlass von Bernhard A. Böhmer befindlichen Reichsvermögens
- Dr. Uwe Hartmann (Leiter der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/ -forschung, Berlin) :Politischer Auftrag, moralische Verpflichtung und fachliche Herausforderung. Zu Aufgaben und Zielen der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/ -forschung
Weitere Informationen
Ort und Zeit:
- Universitätshauptgebäude, Hörsaal 218, Universitätsplatz 1, 18051 Rostock
- Mittwoch, den 3. September 2008, 10.00 bis 19.00 Uhr
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Meike Hoffmann
Forschungsstelle „Entartete Kunst“ Berlin
E-Mail: fsek@zedat.fu-berlin.de
Dr. Heidrun Lorenzen
Kulturhistorisches Museum Rostock
E-Mail: kulturhistorisches.museum@rostock.de