Hoffnung auf Supraleitung
Der mit 100.000 Euro dotierte Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preis 2007 geht an Mainzer Nachwuchsphysiker
Nr. 274/2007 vom 16.11.2007
Der Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preis für Physik geht in diesem Jahr an Professor Martin Zwierlein. Der Forscher vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA erhält die Auszeichnung, die zu den angesehensten Wissenschaftspreisen in Deutschland zählt, für seine Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Quantenphysik. Zwierlein hat eine neue Form der Suprafluidität in ultrakalten Gasen entdeckt, in der Paare aus Atomen ohne jede Reibung fließen. Die Ergebnisse seiner Arbeiten könnten helfen, ein Material zu finden, das beispielsweise Stromtransport bei Zimmertemperatur ohne den heute noch üblichen Energieverlust ermöglicht. Der Klung-Wilhelmy-Weberbank-Preis ist erstmals mit 100.000 Euro und damit doppelt so hoch dotiert wie in den Vorjahren. Er gehört zu den höchstdotierten privat finanzierten Wissenschaftspreisen.
Das Preisgeld konnte dank der Zuwendung der Dr. Wilhelmy-Stiftung erhöht werden, deren Engagement sich auch im neuen Namen der Auszeichnung widerspiegelt. Seit 2001 wird der Preis im Rahmen einer Kooperation zwischen der Otto-Klung-Stiftung an der Freien Universität Berlin und der Fördergesellschaft der Weberbank im jährlichen Wechsel an einen Physiker oder einen Chemiker vergeben – bis 2006 als Otto-Klung-Weberbank-Preis. Die Entscheidung für Zwierlein fiel auf Vorschlag der Auswahlkommission am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin.
Mit dem begehrten Preis werden junge Spitzenforscher ausgezeichnet, von denen zukünftig weitere herausragende wissenschaftliche Leistungen erwartet werden. In der Vergangenheit sind diese Erwartungen vielfach erfüllt worden: Fünf der bisherigen Preisträger haben inzwischen den Nobelpreis erhalten: die Physiker Theodor W. Hänsch, Gerd K. Binnig, Horst L. Störmer und Johann Georg Bednorz sowie der Chemiker Hartmut Michel.
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Die Arbeiten des 30jährigen Martin Zwierlein bedeuten einen großen Fortschritt bei der Erforschung kleinster Materieteilchen. Materie kann je nach ihrer Temperatur und der Bindungsstärke zwischen ihren Atomen fest, flüssig oder gasförmig sein. Auch in festem Zustand bewegen sich Atome und die sie umgebenden Elektronen noch. Erst am absoluten Nullpunkt (bei ca. minus 273 Grad Celsius) erstarrt jede äußere Bewegung. Doch bereits wenige Grad über diesem absoluten Nullpunkt kann in flüssigem Helium das Phänomen der Suprafluidität, der völlig reibungslosen Bewegung beobachtet werden. Dann können sich die Teilchen ungebremst und damit ohne jeden Energieverlust von einem Ort zum anderen bewegen. Supraflüssiges Helium fließt durch jede noch so kleine Pore und sogar Glaswände hinauf.
In Metallen beobachtet man ein verwandtes Phänomen, die Supraleitung. Hier jedoch müssen sich Elektronen, die Träger des elektrischen Stroms, erst zu Paaren zusammenschliessen, um sich widerstandsfrei zu bewegen. Die Supraleitung wurde bereits 1911 entdeckt, doch noch heute ist man für ihre Erzeugung auf Temperaturen von weniger als minus 150 Grad Celsius angewiesen. Das Verfahren dafür ist technisch sehr aufwändig und der widerstandslose Stromtransport bei Raumtemperatur deshalb immer noch ein Traum. Der aus Bonn stammende Zwierlein und sein Team haben nun erstmals in einem ultrakalten Gas aus Lithiumatomen eine neue Form der Suprafluidität nachgewiesen, in der sich ebenfalls Atome zu Paaren zusammenschliessen – wie im Supraleiter. Das Gas war über eine Million Mal kälter als im Weltraum, und eine Million Mal dünner als Luft. Relativ zur geringen Dichte entsteht die Suprafluidität jedoch schon bei sehr hohen Temperaturen. Übertragen auf die Dichte in einem Metall würde Supraleitung sogar weit oberhalb von Zimmertemperatur eintreten.
Aufgrund der präzisen Kontrolle aller wesentlichen Eigenschaften dient das Gas aus Lithiumatomen als wertvolles Modellsystem für die Supraleitung. Mit ihren Forschungen sind die Wissenschaftler damit dem weltweiten Ziel von Energieeinsparung ein Stück näher gekommen. „Deutschland verliert momentan mehr als fünf Prozent seiner Energieproduktion durch die Reibungsverluste beim Transport des Stroms, in den USA ist es sogar etwa das Doppelte“, rechnet Zwierlein vor. „Diese verlorene Energie würde ausreichen, um ganze Länder zu versorgen. Es ist daher klar, dass der Austausch normaler Kabel durch Supraleiter enorme Einsparungen ermöglichen würde.“
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