Vom Junker zum Bürger
Wissenschaftliche Tagung an der Freien Universität Berlin über Politiker und Publizisten Hellmut von Gerlach und seine Zeit
Nr. 100/2007 vom 24.05.2007
Das Wirken des deutschen Politikers, Publizisten und Pazifisten Hellmut von Gerlach (1866–1935) ist Thema einer Tagung am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin. Die Konferenz findet am 1. und 2. Juni 2007 in der Hittorfstraße 2–4 in 14195 Berlin-Dahlem statt. Beteiligt sind Historiker, Kulturwissenschaftler und Publizisten aus Deutschland, Polen und Italien. Von Gerlach gilt als wortmächtiger Anwalt von Demokratie und Frieden in der Weimarer Republik und der Verständigung mit Polen und Frankreich. Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist frei.
Der gedankliche Lebenslauf von Gerlachs berührt alle denkbaren Verfassungen der deutschen Gesellschaft von der Monarchie bis zu einer Demokratie westeuropäischen Zuschnitts. Er führt das ganze Spektrum der politischen und gesellschaftlichen Lager der Jahrzehnte zwischen der Reichsgründung und dem Ende der Weimarer Republik vor Augen, darunter die vereitelten und vertanen Möglichkeiten einer Verhinderung des Abgleitens in die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. Wie ein roter Faden zieht sich durch Hellmut von Gerlachs geistigen Werdegang die Einsicht, dass ein auf gegenseitige Achtung und Aufrichtigkeit gegründetes Verhältnis zwischen Deutschland und Polen den Schlüssel für das friedliche Zusammenleben der Völker des Kontinents darstellt.
In der Geschichtswissenschaft hat in den letzten Jahrzehnten eine Forschungsrichtung an Boden gewonnen, die sich mit der gescheiterten oder versäumten demokratischen Alternativen der aufkommenden Diktatur in der ersten deutschen Republik befasst. Deren Akteure vermochten es nicht, sich aus der Vormundschaft der feudalen und bürgerlichen Träger des Kaiserreiches zu emanzipieren und an ihre Stelle eine bürgliche Demokratie zu setzen, die den zivisilatorischen Standards jenseits der Reichsgrenzen entsprach.
Mitveranstalter der Tagung sind die Deutsch-Polnische Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland e. V., die 1948 in Berlin als gesamtdeutsche "Hellmut-von-Gerlach-Gesellschaft" ins Leben gerufen wurde, die Deutsche Friedensgesellschaft und die Internationale Liga für Menschenrechte, an deren Gründung Hellmut von Gerlach beteiligt war, sowie die Zweiwochenschrift "Ossietzky", die in der Nachfolge der "Weltbühne" steht, deren politische Leitung Hellmut von Gerlach für den wegen Landesverrats inhaftierten Carl von Ossietzky wahrnahm. Die Schirmherrschaft der Tagung hat die Koordinatorin der Bundesregierung für die deutsch-polnische Zusammenarbeit und Präsidentin der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Prof. Dr. Gesine Schwan, übernommen.
Ort und Zeit:
Freie Universität Berlin, Hittorfstraße 2–4, 14195 Berlin-Dahlen, U-Bhf. Thielplatz (U3)
Freitag, 1. Juni 2007 (Beginn 10 Uhr) und Samstag, 2. Juni 2007 (Beginn 9 Uhr)
Weitere Informationen
Professor Dr. Christoph Koch, Institut für Vergleichende und Indogermanische Sprachwissenschaft der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 3213197, E-Mail: crkoch@gmx.de