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Die Geburt der Artikel

Philologin der Freien Universität erhält Max-Weber-Preis für ihre Habilitationsschrift

Nr. 268/2006 vom 02.12.2006

Für ihre Habilitationsschrift zur „Indefinitheit und Textkohärenz in alttoskanischen Texten“ erhält Dr. Elisabeth Stark, Professorin für Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin, den renommierten Max-Weber-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Er wird am 2. Dezember im Herkulessaal der Münchner Residenz verliehen.

In ihrer Arbeit analysiert Elisabeth Stark indefinite Nominaldeterminanten – Wörter wie „ein“, „irgendein“, „kein“, die an bestimmten Stellen im Satz obligatorisch sind und signalisieren, dass das Gemeinte für den Hörer nicht identifizierbar ist. Das Latein als Mutter der romanischen Sprachen vermittelte das hauptsächlich über die Wortstellung und den Zusammenhang. Ähnlich ist es noch heute in den slawischen Sprachen. Typische Vertreter der Nominaldeterminanten sind die Artikel (der, die, das; ein, eine). Bestimmte und unbestimmte Artikel kommen nur in etwa acht Prozent aller Sprachen vor, sie sind ein exotisches Merkmal der modernen europäischen Sprachen. Vom artikellosen Latein zu den modernen Sprachen hat also ein radikaler Wandel stattgefunden, dem Elisabeth Stark mit ihrer Arbeit nachspürt.

Sie versucht, den Sprachwandel für eine romanische Varietät über zirka 250 Jahre nachzuzeichnen und zu erklären. Dazu führt die Wissenschaftlerin fast 9000 Einzelbelege aus Schlüsselwerken der italienischen Literatur (u.a. Boccaccios „Decameron“, Dantes „Convivio“) an. Deren Autoren hatten das Problem, dass sie ein Sprachkunstwerk auf hohem Niveau schufen, und das nicht mehr in Latein, sondern in einem zu ihrer Zeit nur gesprochenen romanischen Idiom, dem Florentinischen. Dazu mussten sie sich, ohne Textvorbilder zu haben, der neu entstandenen romanischen Nominaldeterminanten bedienen, so dass deren Funktion in ihren Texten als weitgehend authentisch untersucht werden konnte. „Nicht zuletzt durch ein glücklich zu nennendes Verhältnis von theoretischer Erfassung des Gegenstandes und empirischem Zugriff wird man von einer ungewöhnlichen, ja brillanten sprachwissenschaftlichen Leistung sprechen dürfen, die der Verfasserin das beste fachliche Zeugnis ausstellt“, heißt es in der Begründung der Jury.

Mit dem Max-Weber-Preis fördert die Philosophisch-historische Klasse der Bayerischen Akademie der Wissenschaften Nachwuchswissenschaftler. Der Preis ist mit 4000 Euro dotiert.

Elisabeth Stark, geboren 1969, ist seit 2004 Professorin für Romanistische Linguistik am Institut für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin. Sie ist Sprecherin des Interdisziplinären Zentrums „Europäische Sprachen: Struktur – Entwicklung – Vergleich“ (ZEUS) und forscht derzeit an der Entwicklung nominaler Morphosyntax romanischer Sprachen.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Elisabeth Stark, Institut für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin,Telefon: 030 / 838-52041 oder 838-54611, E-Mail: estark@zedat.fu-berlin.de