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Realistisches Musiktheater – Geschichte, Erben, Gegenpositionen …

Öffentliches Kolloquium der Freien Universität Berlin und der Komischen Oper Berlin

Nr. 232/2006 vom 30.10.2006

Wie dicht vermag Oper an Wirklichkeit heranzukommen? Kann, muss Oper Wirklichkeit behaupten? Oder hat sie vielmehr ihre eigene Wirklichkeit zu erfinden? Kaum eine Bewegung im 20. Jahrhundert hat zu diesen bis heute virulenten Fragen so entschieden Stellung bezogen wie das so genannte »realistische Musiktheater«.

Mit der Geschichte und den Auswirkungen des »realistischen Musiktheaters« befasst sich ein öffentliches Kolloquium des Instituts für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin und der Komischen Oper Berlin. Es findet am 25. und 26. November 2006 in der Komischen Oper statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung steht die Arbeit des Gründers und langjährigen Intendanten der Komischen Oper Berlin, Walter Felsenstein (1901–1975), dessen Wirken die Praxis der Opernregie nachhaltig prägte, sowie die Auswirkungen seiner Ideen für die nachfolgenden Generationen. Konzipiert wurde das Kolloquium von Clemens Risi und Robert Sollich für die Freie Universität Berlin und von Werner Hintze für die Komische Oper Berlin. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Walter Felsensteins Programm der dezidierten Ablehnung einer kulinarischen Aufführungstradition von Oper und seine Forderung, die Künstlichkeit der Gattung zu überwinden und zum Singen als menschlichem Ausdrucksmittel zurückzukehren, markieren einen entscheidenden Einschnitt in der Geschichte der Opernregie. Die Auswirkungen auf die nachfolgenden Entwicklungen der Ästhetik der Operninszenierung bis zur Gegenwart lassen sich in ihrer ganzen Tragweite erst im Rückblick erfassen und sollen im Rahmen des Kolloquiums (neu) beleuchtet werden.

Dass Felsensteins Arbeit nur der Anfang war für eine zentrale Neu-Ausrichtung der Praxis der Operninszenierung, bezeugt die Generation der Schüler und »Erben«, die sich explizit und implizit auf ihn beriefen. In welchem Verhältnis die Arbeiten seiner ehemaligen Assistenten und seiner »Erben« zur Konzeption des »realistischen Musiktheaters« stehen, soll im Rahmen des Kolloquiums ebenso untersucht werden wie das Entstehen von Gegenströmungen, die sich möglicherweise in bewusster Abgrenzung zu den Praktiken des »realistischen Musiktheaters« und in einer Rück-beziehung auf die Künstlichkeit der Gattung etablieren konnten. Schließlich gilt es zu fragen, inwiefern bis heute von einer Traditionslinie des »realistischen Musiktheaters« gesprochen werden kann – in Arbeiten von Regisseuren, die einen ganz eigenen Begriff von Realismus durchzusetzen versuchen.

Das Kolloquium ist in die drei Unterkapitel »Geschichte, Erben und Gegenpositionen« gegliedert und wird sich der Konzeption, der Vorgeschichte und den Auswirkungen des Felsenstein’schen Entwurfs widmen. Untersucht werden dabei Regie-Konzepte und Arbeiten von Konstantin Stanislawski, Walter Felsenstein, Joachim Herz, Götz Friedrich, Harry Kupfer, Wieland Wagner, Ruth Berghaus, Robert Wilson, Patrice Chéreau, Peter Sellars, Calixto Bieito, Hans Neuenfels und Peter Konwitschny.

Als Referentinnen und Referenten zugesagt haben unter anderem der Schriftsteller und Publizist Dr. Friedrich Dieckmann, die Theaterwissenschaftlerin Prof. Dr. Erika Fischer-Lichte (Freie Universität Berlin), der ehemalige Intendant und Chefregisseur der Komischen Oper Berlin, Prof. Joachim Herz (Ehrenmitglied der Komischen Oper), der Intendant und Chefregisseur der Komischen Oper Berlin, Andreas Homoki, und der Musiktheaterwissenschaftler Prof. Dr. Gerd Rienäcker (Freie Universität Berlin/Humboldt-Universität zu Berlin).

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